Unverlangt ist ein Eingriff in den Gewerbebetrieb
Von Gabriele Weintz, anwalt.de
Seit geraumer Zeit ist klar, dass die E-Mail-Flut eingedämmt werden muss. Darum wurde das sogenannte Double-Opt-In-Verfahren entwickelt: Der Kunde erhält eine Nachricht an seine angegebene E-Mail-Adresse, sobald er einen Newsletter bestellt. Diese Mail enthält einen Link, und erst mit dem Öffnen dieses Links gilt die Zustimmung des Inhabers der E-Mail-Adresse als erteilt. In einem aktuellen Urteil stellten die Richter am AG Pankow-Weißensee nun fest, dass eine Bestätigungs-E-Mail über die Einrichtung eines Kundenkontos als unerwünschte Werbung angesehen werden kann (Urteil vom 16. Dezember 2014, Az. 101 C 1005/14).
Mail mit Link zur Bestätigung einer Kontoeröffnung
Das beklagte Unternehmen hatte dem Kläger an seine geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse eine Mail geschickt. Mit dieser E-Mail wurde ihm bestätigt, dass für ihn bei dem betreffenden Unternehmen ein Kundenkonto angelegt worden sei. Eine solche Kundenkontoeröffnung hatte der Kläger aber nie durchgeführt, sodass er sich durch die zugesandte E-Mail gestört fühlte. Durch seinen Anwalt ließ er eine vorformulierte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung anfertigen und forderte das Unternehmen zur Unterzeichnung auf. Dies geschah nicht; stattdessen erhielt der Kläger eine selbst formulierte Unterlassungserklärung. Da der Kläger damit nicht einverstanden war, erhob er Klage am zuständigen Amtsgericht.
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Werbung? Immer aus Empfängersicht zu beurteilen
Unter Werbung versteht man jede Äußerung eines Unternehmens „mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienst- bzw. Werkleistung des Werbenden zu fördern“ (AG Pankow-Weißensee). Ob eine E-Mail als Werbung angesehen wird oder nicht, muss immer aus Empfängersicht betrachtet werden. Für einen Kunden, der wirklich ein Kundenkonto eröffnet hat, stellt eine solche Mail keine Werbung dar, denn er erwartet eine entsprechende Nachricht. Hat der Empfänger aber gerade kein Kundenkonto eröffnet, so stellt eine solche E-Mail sogar eine besonders aufdringliche Absatzförderungsmaßnahme dar – und damit Werbung.
Fazit: Gerechtfertigte Abmahnung
Im vorliegenden Fall erklärte die Geschäftsführerin des beklagten Unternehmens vor Gericht glaubhaft, dass mit der E-Mail-Adresse des Klägers die Eröffnung eines Kundenkontos beantragt worden sei. Der Kläger seinerseits machte glaubhaft, dass er bei dem beklagten Unternehmen kein Kundenkonto eröffnet habe. Die Richter kamen zu der Überzeugung, dass es möglich sei, dass die geschäftliche E-Mail-Adresse des Klägers von Dritten missbraucht worden sei. Aber: Da jede unverlangt zugesandte E-Mail mit werblichem Inhalt einen „Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ darstellt, muss sich der Versender von E-Mails im Vorfeld immer vergewissern, dass der Empfänger mit der Zusendung der E-Mail einverstanden ist. Dies muss er auch nachweisen können. Hat er sich im Vorfeld nicht vergewissert bzw. kann er nicht nachweisen, dass der Empfänger in den Erhalt einer solchen Bestätigungsmail eingewilligt hat, kann er abgemahnt werden. Die Richter urteilten daher zugunsten des Klägers, und das beklagte Unternehmen musste sowohl den Unterlassungsanspruch als auch die einstweilige Verfügung gegen sich gelten lassen.
Tipp: Einen Nachweis über das Einverständnis mit der Eröffnung eines Kundenkontos kann man z.B. durch die Verwendung des Double-Opt-In-Verfahrens führen.