Dokumentiert und verfügbar
Von Sabine Philipp
Zu den Belegen, die unter die Aufbewahrungspflicht fallen gehören freilich auch die elektronischen Rechnungen selbst. Sie müssen revisionssicher archiviert werden, und es muss nachvollziehbar sein, wie die Rechnungen erstellt werden – womit wir beim nächsten unterschätzten Punkt, nämlich bei der Verfahrensdokumentation.
Was sich kompliziert anhört, ist in Wahrheit einfach. Bei der Verfahrensdokumentation handelt es sich einfach um eine Gebrauchsanweisung, die beschreibt, wie elektronische Rechnungen im Betrieb erstellt und verschickt werden bzw. wie sie erfasst und gebucht werden. Sie kann auf einem schreibgeschützten Textdokument oder als PDF abgespeichert werden. Dabei schreibt der Gesetzgeber weder die Form noch den Umfang vor. Sie sollte jedoch festhalten, wie die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen eingehalten werden und wie der Prozess kontrolliert wird. Das Dokument sollte auf einem zentralen Order abgelegt werden, damit die Mitarbeiter schnell darauf zugreifen können.
Ein weiteres, gerne vergessenes Thema, mit dem Schmidt immer wieder zu tun hat, ist die Abschaltung von Altsystemen. „Viele Kunden möchten sich von ihren alten Systemen trennen, weil sie zu teuer oder nicht mehr aktuell sind“, sagt Fachmann Ulrich Schmidt. „Wenn dann nach zwei Jahren der Prüfer kommt und die Daten sehen möchte, kann man schnell in die Bredouille geraten, wenn der einzige Mitarbeiter, der das Ding noch bedienen kann, nicht mehr greifbar ist.“ Hier arbeitet Schmidt mit der Firma hsp Handels-Software-Partner GmbH aus Norderstedt zusammen, die die Altsysteme in ein GoBD-taugliches Opti.List-Archiv überführt.
Ulrich Schmidt ist seit über 30 Jahren im IT-Umfeld tätig. Seit 2005 arbeitet der Profi bei der id-netsolutions GmbH, wo er als Senior Consultant Kunden in Fragen der elektronischen Rechnung, Archivierung und bei Prozessen wie der Eingangsrechnungsprüfung sowie dem Vertrags- und Qualitätsmanagement betreut. Gleichzeitig ist Schmidt Produktmanager für die hauseigene Produktreihe docufied.
Noch ein Punkt, der von den Empfängern von elektronischen Rechnungen häufig übersehen wird, ist die Tatsache, dass sie einige gesetzliche Bestimmungen einhalten müssen, damit es beim Vorsteuerabzug kein böses Erwachen gibt.
Elektronisch bleibt elektronisch
„Viele Empfänger drucken elektronische Rechnungen einfach aus, falten das Papier zweimal, lochen den Beleg und glauben, dass kein Prüfer das merkt. Das ist aber ein Trugschluss“, warnt Schmidt. Denn selbst wenn der Ausdruck wie eine normale Druckrechnung aussieht, so gibt es Hinweise, die die wahre Natur bezeugen. Das können aufgedruckte Vermerke wie „Dieser Beleg wurde elektronisch signiert“ sein, oft wissen die Prüfer aber auch aus Erfahrung, wie die elektronischen Rechnungen bestimmter Unternehmen sonst aussehen. „Es gibt einen großen Telekommunikationsanbieter, der zwei verschiedene Rechnungsformate für Online- und Papierrechnungen mit einem vollkommen unterschiedlichen Druckbild verwendet. Ausgedruckte elektronische Rechnungen sind hier schnell entlarvt“, sagt Schmidt.
Kompetente, neutrale und kostenlose Hilfestellung beim Einstieg ins E-Business bieten die Mitglieder im Netzwerk Elektronischer Geschäftsverkehr, die über die gesamte Republik verteilt sind und durch das Wirtschaftsministerium gefördert werden. Weitere nützliche Informationen zum Thema finden Sie auf www.rechnungsaustausch.org.
Grundsätzlich muss ein Empfänger nach Rechnungseingang die Signatur auf ihre Gültigkeit prüfen. Viele Rechnungsersteller geben einen Link zum entsprechenden Prüfprogramm an. Bei der Prüfung wird ein Prüfprotokoll erstellt, das gemeinsam mit der Rechnung, dem Signaturschlüssel, allen weiteren Unterlagen sowie der Mail selbst revisionssicher archiviert werden muss. Nach § 14b (1) Umsatzsteuergesetz (UStG) darf der Prüfer zehn Jahre auf die Rechnung zugreifen, laut der neuen EU-Mehrwertsteuerrichtlinie sogar grenzüberschreitend.
Fazit: Prüfen ja, schnüffeln nein
„Bewahrt ein Steuerpflichtiger von ihm ausgestellte oder empfangene Rechnungen elektronisch in einer Weise auf, die einen Online-Zugriff auf die betreffenden Daten gewährleistet, haben die zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem er ansässig ist, und, falls die Steuer in einem anderen Mitgliedstaat geschuldet wird, die zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats, zu Kontrollzwecken das Recht auf Zugriff auf diese Rechnungen sowie auf deren Herunterladen und Verwendung.“ Das besagt Artikel 249 der erwähnten EU-Mehrwertsteuerrichtlinie.
Teil 1 klärt die wichtigste Frage: wie gesetzeskonforme E-Rechnungen funktionieren. Teil 2 sieht sich um, welche Dienstleister die Signatur online erledigen. Teil 3 richtet schließlich auf Empfängerseite ein steuerfestes Archiv ein. Ein Sonderbeitrag widmet sich der signaturfreien Rechnungsstellung als PDF.
Aber schon heute darf der Prüfer alle digitalen Daten auch digital durchsuchen, wie die GoBD festlegen. Dabei ist wichtig, dass der Prüfer nur die Daten zu Gesicht bekommt, die er sehen darf. Und das nicht nur aus datenschutzrechtlichen Gründen. „Wenn der Prüfer Informationen entdeckt, die gegen den Geprüften verwendet werden können, dann darf er sie benutzen“, gibt Ulrich Schmidt zu bedenken. Die Prüfer dürfen natürlich keine illegalen Wege gehen, aber wenn die Information offen vor ihnen ausliegt, ist die Verwendung erlaubt.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazinreihe. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Schmidt weiß aus Gesprächen mit Wirtschaftsprüfern, dass sie häufig mehr einsehen können, als sie ursprünglich erhofft hatten. So reicht mitunter ein Klick auf einen anderen Speicherbereich um weitere Jahrgänge einzusehen. Allein schon aus diesem Grund rentiert sich laut Schmidt die Investition in ein gutes Archiv, das nicht nur revisionssicher ist, sondern auch einen selektiven Zugriff erlaubt.