Mit Sorgfalt, Glück und ruhiger Hand
Von Sabine Philipp
Egal, ob Sie einen Vertrag mit einem Kunden aushandeln, mit Gleichgestellten Entscheidungen in der Führungsriege treffen oder Geld von der Bank sehen wollen – ohne Konzept sollten Sie in keine Verhandlung gehen, egal ob Sie am Tisch vom Start weg ein gutes Blatt haben oder nicht. Überlegen Sie sich vor dem Treffen genau, was Sie wollen, wen Sie vor sich haben – und wer Sie selbst sind.
Wie ist die Situation? Möchten Sie gute Konditionen für einen Kredit herausschlagen? Oder wollen Sie einen neuen Kunden gewinnen? Wo liegt beim Preis Ihre Schmerzgrenze? Lassen Sie in jedem Fall Raum für Unvorhergesehenes. Und halten Sie sich auch einen Plan B bereit, falls die Verhandlungen scheitern sollten. Das verschafft Ihrem Auftreten zusätzliche Souveränität.
Mischen und abheben
Bevor Sie mit den Verhandlungen beginnen, sollten Sie ein wenig Small Talk machen. Das bricht das Eis und schafft ein entspannteres Klima. Themen sind schnell gefunden, und die Ansprüche sind niedrig: Wenn das Büro Ihres Kunden einen schönen Ausblick hat, dann bewundern Sie eben den schönen Ausblick.
Die meisten Leute beißen nicht. Sehen Sie Ihr Gegenüber also nicht als Gegner, sondern als Partner an, mit dem Sie einen Sieg erreichen wollen, der im Idealfall beide glücklich macht.
Verhandlungsgeschick ist kulturabhängig. In anderen Ländern wird anderes erwartet, vorausgesetzt oder tabuisiert. Das gilt fürs Überreichen von Visitenkarten in arabischen Ländern ebenso wie für Geschäftsessen in Frankreich und für die ausgefeilten Listtechniken im China-Handel. Bedenken Sie also bitte, dass diese Tipps für den deutschsprachigen Raum gedacht sind.
Das Spiel machen
Sobald es zur Sache geht, ist es definitiv vorbei mit der Plauderei. Versuchen Sie, einen roten Faden ins Gespräch zu flechten und verfolgen Sie Ihre Strategie gezielt. Wenn die Verhandlung abdriftet oder sich verzettelt, dann führen Sie sie langsam wieder zurück auf den Weg. Manchmal kann es auch vorteilhaft sein, eine ordentliche Agenda zu verfassen und sie dem Partner als Verhandlungsgrundlage vorzulegen.
Trümpfe sortieren
Verschießen Sie Ihr Pulver nicht sofort. Hören Sie zuerst einmal, was der andere zu sagen hat. Manchmal kann es sich auszahlen, anfangs mehr zu verlangen und später mit den Forderungen herunterzugehen. In den meisten Fällen gibt es Zugeständnisse, die Sie wenig kosten, aber gut zum Zugeben sind.
Verlieren Sie sich keinesfalls in Allgemeinplätzen. Erklären Sie Ihrem Partner bei der Verhandlung stets, was die Vorteile für seine Seite sind. Recherchieren Sie daher im Vorfeld möglichst genau, mit was für einem Unternehmen Sie zu tun haben und welche Wünsche und Bedürfnisse es mitbringt.
Passen und zugeben
Zeigen Sie Interesse und hören Sie genau zu. Auch wenn Sie schon zu wissen glauben, was der Verhandlungspartner sagen will. Wenn Sie aber etwas nicht verstanden haben, dann fragen Sie ruhig nach. Das zeigt nicht Unwissenheit, sondern Sorgfalt.
Selbstbewusstes Auftreten ist zwar das A und O einer erfolgreichen Verhandlung. Vermeiden Sie aber Eigenlob und belehren Sie Ihren Partner nicht. Das mag keiner.
Farbe bekennen
Bereiten Sie sich auch auf Konflikte vor. Ganz wichtig: Reden Sie Probleme nie klein. Gehen Sie darauf ein, bleiben Sie dran und versuchen Sie sachlich, aber bestimmt, eine Lösung zu finden.
Bemühen Sie sich dabei stets, vernünftig zu argumentieren und werden Sie nicht persönlich. Ebenso wenig sollten Sie sich beleidigen lassen. Falls Ihr Partner allzu emotional wird, dann blasen Sie die Verhandlungen lieber ab. Denn so kommt keiner weiter.
Mit Kontra kalkulieren
Welche Argumente könnte Ihr Partner vorbringen? So wie bei jedem Verkauf der mysteröse Interessent ins Spiel kommt, der morgen schon unterschreiben will, gibt es bei Lieferverträgen meist den Konkurrenten, der eindeutig billiger ist. Klopfen Sie den Vergleich ab und prüfen Sie, was der Billigheimer fürs Geld liefert. Am Ende fertigen dort Praktikanten und Anfänger oder der Mitbewerber lässt sich jedes noch so kleine Extra, das vom Standard abweicht, teuer bezahlen. Machen Sie Ihrem Gesprächspartner auch klar, dass die Qualität leiden muss, wenn er gewisse Schmerzgrenzen überschreitet.
Wenn Ihr Gegenüber aber auf einmal ganz andere Rahmenbedingungen nennt, dann bitten Sie sich Bedenkzeit aus, damit Sie ein ordentliches Angebot machen können. Alles andere wäre fahrlässig. Lassen Sie sich bloß nicht überfahren, sonst zahlen Sie am Ende noch drauf.
Schneider und Schwarz
Wenn die Verhandlung vorbei ist, sollten Sie kurz in sich gehen und sich fragen: Habe ich erreicht, was ich wollte? Ist es eine Win-Win-Situation oder hat einer der beiden Partner verloren? Wenn es Probleme gab: Was genau war der Auslöser? Und: Was kann ich das nächste Mal besser machen?
Fazit: Überlegt und geübt
Gehen Sie bitte nie, wirklich nie unvorbereitet in die Verhandlung. Sonst kann man Sie ganz schnell aus dem Konzept bringen. Erfahrung hilft zwar, bewahrt aber nicht vor Überraschungen in jedem einzelnen Fall. Falls Sie sich unsicher sind, setzen Sie sich doch mit einem Bekannten zusammen und spielen Sie die Verhandlung durch. Er kann sich in seiner Rolle als Advocatus Diaboli von der schlimmsten Seite zeigen und ruhig versuchen, Sie aus der Reserve zu locken. Dann können Sie z.B. auch das Verhalten bei Cholerikern üben.
Und noch etwas: Wenn Ihre Ziele und die des Partners zu weit auseinander liegen, bringt auch die beste Verhandlung nichts. Sehen Sie es deshalb nicht als Versagen an, wenn Sie mal zu keinem Ergebnis gekommen sind.