EU PVSEC 2012

Neue Verfahren senken die Herstellungskosten

Von Heiderose Witte

Die European Photovoltaic Solar Energy Conference and Exhibition (EU PVSEC) in Frank­furt am Main ist ein internationaler Fach­kongress für Photovoltaik­forschung und -entwicklung, -industrie und -anwendung sowie gleichzeitig eine führende PV-Industrie­messe. Sie gehört weltweit zu den wichtigsten Photo­voltaik­veranstaltungen. Forscher vom Fraunhofer-Institut für Schicht- und Oberflächen­technik IST präsentieren 2012 neue Prozesse, die die Solar­zellen­produktion wesentlich billiger machen können.

Dazu zählt die Beschichtung von Solarzellen mit hohen Wirkungsgraden von bis zu 23 % den „Hoffnungs­trägern der Photovoltaik­industrie“. Diese HIT-Zellen (Hetero­junction with Intrinsic Thin layer) bestehen aus einem kristallinen Silizium­absorber mit zusätzlichen dünnen Silizium­schichten. Bislang bringt man die Schichten über das Verfahren der Plasma-CVD (Chemical Vapour Deposition) auf das Substrat auf. Bei dieser chemischen Gas­phasen­abscheidung wird über ein Plasma in der Reaktions­kammer das Gas Silan aktiviert – allerdings nur 10 bis 15 % davon, während 85 bis 90 % des teuren Gases ungenutzt verloren gehen.

Hoffnungsträger heiße Drähte

Das soll sich ändern, denn die Forscher am Fraunhofer-Institut IST aktiveren das Gas nicht über ein Plasma, sondern über heiße Drähte. „So können wir fast das gesamte Silan-Gas nutzen“, sagt Dr. Lothar Schäfer, Abteilungsleiter am IST. Das reduziere die Herstellungs­kosten für die Schichten um über 50 %. Die benötigten Drähte sind laut Schäfer wesentlich preis­günstiger als Silan. „Unsere Anlage ist dabei die Einzige, die die Substrate im Durchlauf beschichtet, man spricht auch von einem Inline-Prozess.“ Möglich sei dies, weil das Silizium etwa fünfmal schneller auf der Oberfläche abgeschieden werde als beim Plasma-CVD – und das bei gleicher Schichtqualität.

EU PVSEC
Die European Photo­voltaic Solar Energy Con­ference and Exhibition (EU PVSEC) gilt als welt­weit führende Fach­veranstaltung der Photo­voltaik. Sie findet im jähr­lichen Rhythmus an wechselnden Stand­orten Europas statt. Ver­anstaltungs­ort der 27. EU PVSEC (25.–28. September 2012) ist Frank­furt am Main.

Die Konferenzteilnehmer und Aussteller kommen aus allen Bereichen der Photo­voltaik­forschung und -industrie. Das Spektrum der Aus­steller umfasst Her­steller von Produktions­anlagen, Solar­zellen und Modulen, System­anbieter, Unter­nehmen für Projekt­entwicklung, Finanzierung und Beratung sowie Forschungs­institute. In diesem Jahr zeigen rund 950 Aus­steller ihre Produkte. Die EU PVSEC ist keine Publikums­messe; Fach­besucher finden die Fraunhofer-Gesellschaft in Halle 3, Stand G 22.

Momentan beschichten die Forscher auf einer Fläche von 50 × 60 cm²; das Verfahren lasse sich jedoch problemlos auf ein gängiges Industrieformat von 1,4 m² übertragen. Ein weiterer Vorteil: Da die Anlagen­technologie deutlich einfacher ausfalle als bei der Plasma-CVD seien die Anlagen selbst auch wesentlich preiswerter. So koste z.B. der Generator, der den elektrischen Strom für das Heizen der Drähte erzeugt, nur rund ein Zehntel seines Gegenstücks bei der Plasma-CVD.

Dreifach für Dünnschicht

Darüber hinaus eigne sich das Verfahren auch für Dünnschichtzellen. Zwar rentieren sich diese mit einem Wirkungs­grad von etwas mehr als 10 % bislang nur mäßig. Als Triple-Solarzelle jedoch (drei Zellen übereinander) steige der Wirkungs­grad deutlich an. Das Problem: Da man für die drei Zellen jeweils große Material­verluste beim Plasma-CVD-Verfahren hat, sind die Triple-Zellen teuer.

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In der CVD-Anlage werden Sub­strate im Durch­lauf be­schichtet. (Bild: Fraunhofer IST)

Hier sehen die Forscher eine weitere Einsatz­möglichkeit für das neue Beschichtungs­verfahren, um Zellen kostengünstiger zu produzieren. Langfristig könnten sich sogar Triple-Zellen mit dem knappen, aber sehr effizienten Germanium durchsetzen. Der Einsatz des teuren Elements würde sich dann lohnen, wenn man die Schichten möglichst verlustfrei aufbringen kann – wie etwa durch die Heißdraht-CVD.

Leitfähigkeit aufgestäubt

Damit man den Strom, den einer Solarzelle produziert, nutzen kann, muss er abfließen. Üblicherweise wird dazu ein Gitter aus Metall auf die Solarzellen gedampft. Bei HIT-Zellen reicht dieses Gitter jedoch nicht aus. Hier sind auf der gesamten Fläche trans­parente leitfähige Schichten nötig, die normalerweise mit sogenannten Sputter-Verfahren (Kathoden­zerstäubung) erzeugt werden. Das heißt: Es werden keramische Platten aus aluminium­dotiertem Zink oder Indium-Zinnoxid zerstäubt.

Statt der teuren keramischen Platten verwenden die Forscher am IST jedoch metallische Platten, die um 80 % günstiger sind. Eine elektronische Regelung sorge dafür, dass die Metalle nicht oxidieren. „Trotz des höheren Regel­aufwandes können wir die Kosten für den Herstellungs­prozess von 1,4 m² großen Beschichtungen um 35 % senken“, sagt Dr. Volker Sittinger, Gruppenleiter am IST.

Thema: Intersolar Europe
Zur Intersolar Europe 2011 stellt ein Schwerpunkt die größte Fachmesse für Solartechnik vor und führt durch die Messehallen. Ein Zweiteiler zur Intersolar Europe 2012 macht in Teil 1 mit den Preisträgern des Jahres bekannt; Teil 2 wendet sich dann dem Thema Energiespeicher zu und sichtet brauchbare Lösungen.

Fazit: Prinzipiell produktionsfähig

Langfristig wollen die Forscher beide Verfahren verbinden, um Dünn­schicht­solarzellen kostengünstiger und damit konkurrenzfähig zu machen. „Alle Silizium­schichten könnte man mit der Heißdraht-CVD herstellen, alle transparent leitfähigen Schichten über das Sputtern mit metallischen Platten. Die Verfahren sind prinzipiell auch für große Formate geeignet“, fasst Sittinger zusammen.

Noch sind die eingesetzten Prozesse jedoch keine Produktions­prozesse: Auch wenn die Forscher die Verfahren bereits auf etlichen Quadrat­zentimetern anwenden, werde es noch etwa drei bis fünf Jahre dauern, bis sie bei der Produktion von Solarzellen eingesetzt werden könnten.

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