Wi-Fi 7 bringt Speed und Stabilität
Von Roland Freist
Mit der Norm 802.11be soll laut Zeitplan des IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) im Mai 2024 der nächste WLAN-Standard unter der Bezeichnung Wi-Fi 7 endgültig verabschiedet werden. Hersteller wie TP-Link, Asus, AVM und andere haben sogar schon Router mit der neuen Technik angekündigt. Die Geräte basieren auf einer Vorabversion von Wi-Fi 7, an der sich voraussichtlich auch nicht mehr viel ändern wird. 2024 soll dann über ein Firmware-Update die endgültige Version des Standards implementiert werden.
Genau wie seine Vorgänger verspricht auch Wi-Fi 7 vor allem mehr Netzwerkgeschwindigkeit. Das IEEE reagiert damit auf die Entwicklung bei den Internet-Anschlüssen, die über Glasfaserkabel demnächst bis zu 2 Gbit/s übertragen sollen, für die Zukunft werden auch 10-Gbit-Anschlüsse erwartet. In Ethernet-Netzwerken sind solche Geschwindigkeiten bereits seit Längerem verfügbar. Wenn nun auch das WLAN mitspielt, ist der Weg frei für kabellose AR- und VR-Brillen mit hochauflösenden Displays und dazu passende Spiele, bei denen die Teilnehmer übers Internet miteinander verbunden sind. Um das WLAN für die erforderlichen höheren Geschwindigkeiten fit zu machen, hat das IEEE die bestehenden Grenzen verschoben und ein ganzes Arsenal an neuen Funktionen entwickelt.
Das 6-GHz-Band wird aufgebohrt
Bereits der Vorgängerstandard Wi-Fi 6E konnte neben dem 2,4- und dem 5-GHz- auch das 6-GHz-Band nutzen. Dort standen allerdings nur Funkkanäle mit maximal 160 MHz zur Verfügung, also die gleiche Bandbreite wie im 5-GHz-Band. Wi-Fi 7 lässt nun im 6-GHz-Band Kanäle mit 320 MHz zu, was eine Verdoppelung des theoretisch möglichen Datendurchsatzes bedeutet. Gleichzeitig hat das IEEE für das 6-GHz-Band nun auch eine Mindestbandbreite von 160 MHz definiert. Das bedeutet, dass auf dieser Frequenz drei WLAN-Netzwerke nebeneinander bestehen können, ohne dass sie einander in die Quere kommen.
Hauptverantwortlich für die Geschwindigkeit einer WLAN-Verbindung sind allerdings die MIMO-Streams (Multiple Input Multiple Output), also die Datenströme, die Sender und Empfänger miteinander verbinden. Bei Wi-Fi 5 und 6 sind es maximal acht pro Frequenz, Wi-Fi 7 verdoppelt diesen Wert auf 16. Das ergibt bei einem 320-MHz-Kanal im 6-GHz-Band eine unglaubliche Übertragungsrate von 46 Gbit/s. Doch zum einen ist dieser Wert lediglich eine theoretische physikalische Größe, zum anderen werden Router und Clients in der Praxis nicht einmal ansatzweise auf diese Geschwindigkeit kommen. Denn genau wie die Geräte für Wi-Fi 5 und 6 werden auch Router für Wi-Fi 7 höchstens vier MIMO-Streams unterstützen, das haben die Hersteller bereits angekündigt. Die maximal mögliche Übertragungsrate wird also 11,5 Gbit/s nicht überschreiten. Clients wie Notebooks oder Smartphones hingegen bekamen bereits in der Vergangenheit bestenfalls zwei MIMO-Streams zugestanden, was die Verbindungsrate noch einmal halbiert.
Schwarz auf Weiß
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Immerhin wird Wi-Fi 7 in der Praxis dennoch schneller sein als die 5er- und 6er-Versionen. Denn zum einen können die Geräte auf dem 6-GHz-Band nun mit 320 MHz funken, zum anderen hat das IEEE dem neuen Standard eine höhere Modulation von 4096-QAM spendiert, die dafür sorgt, dass sich die Zahl der Bits pro Übertragungsschritt gegenüber den 1024-QAM bei Wi-Fi 6 erhöht. Dadurch steigt die Geschwindigkeit theoretisch um rund 20 % an. Das funktioniert allerdings nur unter optimalen Bedingungen, wenn Router und Client sich in perfektem Abstand zueinander befinden und keines der beiden Geräte bewegt wird.
Vorteile durch Multi-Link Operation
Hinzu kommt eine neue Technik namens Multi-Link Operation (MLO), die bei Wi-Fi 7 zum ersten Mal eingesetzt wird: Sie ermöglicht es zwei Geräten, Daten in mehreren Frequenzbändern gleichzeitig zu übertragen. Die Daten können also parallel über das 2,4-, 5- und 6-GHz-Band übertragen werden, was die Geschwindigkeit deutlich erhöht.
Asus ist mit dem ROG Rapture GT-BE98, dem „ersten Quad-Band-WiFi-7-Gaming-Router der Welt“, bereits vorgeprescht. (Bild: Asus)
Auch die Stabilität der Verbindung kann sich durch MLO verbessern. Denn nun ist es möglich, dass Datenpakete parallel über zwei oder drei Funkbänder laufen. So vermindert sich die Zahl der gefürchteten Aussetzer während schneller Spielszenen, gleichzeitig verringern sich die Verbindungsabrisse, wenn ein Client wie etwa ein Notebook unterwegs von einer Funkzelle in eine andere wechselt.
Mehr Stabilität bringt darüber hinaus die Nutzung des 6-GHz-Bandes. Da bislang nur wenige Geräte auf dieses Band zugreifen können, ist dort momentan nicht viel los. Die Frequenzen können frei genutzt werden und müssen nicht mit anderen geteilt werden. Und das 6-GHz-Band bietet einen weiteren Vorteil: Da in diesem Frequenzbereich keine anderen Funktechniken aktiv sind, sind keine automatischen Kanalwechsel erforderlich. Im 5-GHz-Band hingegen kommunizieren auch Wetterradarsysteme, die generell Vorrang vor WLANs haben. Wenn sie ein solches Radarsystem oder ein anderes Gerät auf ihrem Kanal entdecken, müssen Funknetzwerke sofort auf einen anderen Kanal umschalten. Der Wechsel wird vom Router ausgelöst und den verbundenen Clients mitgeteilt, die dann ebenfalls umschalten müssen. Diese Verzögerungen entfallen im 6-GHz-Band.
AVM steht in den Startlöchern und hat mit der Fritz!Box 5690 Pro und der Fritz!Box 5690 XGS bereits zwei Wi-Fi-7-Router gezeigt. Außerdem kombinieren die Berliner jetzt Glasfaser und DSL, und sie integrieren die Smart-Home-Technologie Zigbee. (Bild: AVM)
Keine Verbesserungen bei der Latenz
Gamer interessieren bei einem WLAN schließlich nicht nur Übertragungsgeschwindigkeit und Stabilität, sondern auch die Latenzzeit. Der Wert für die Latenz gibt an, wie lange ein Datenpaket für den Weg von einem Ort zum anderen benötigt. Ist dieser Wert zu hoch, können Gamer nur mit Verzögerung auf eine neue Spielsituation reagieren. Insbesondere bei schnellen Shootern kann das für die Spielfigur den Tod bedeuten. Aber auch für VoIP-Telefonie und Videokonferenzen ist die Latenz wichtig. Liegt der Wert zu hoch, kommt es zu Verzögerungen. Die Person am einen Ende beginnt zu sprechen, bevor das andere Ende die Nachricht gehört hat.
Eine gute Latenzzeit liegt zwischen 5 und 30 ms, DSL- und Kabelverbindungen kommen auf Werte zwischen 20 und 30 ms. Zum Vergleich: Ein Wimpernschlag beim Menschen dauert etwa 100 bis 150 ms. Tests mit den ersten verfügbaren WLAN-Routern für Wi-Fi 7 haben gezeigt, dass die Latenzzeit ungefähr auf dem gleichen Niveau liegt wie bei Wi-Fi 6 und eher etwas höher ausfällt. Für Spiele hat das jedoch keine Bedeutung: Die gemessene Latenz lag in allen Szenarien bei unter 10 ms und damit deutlich unter der menschlichen Reaktionsgeschwindigkeit.
Die Ergebnisse der ersten Labortests
Die Geschwindigkeit der ersten Wi-Fi-7-Router bleibt erwartungsgemäß deutlich unter den theoretisch möglichen Werten. Dabei ergaben sich Geschwindigkeiten von bis zu 7,8 Gbit/s von Router zu Router – Notebooks mit Wi-Fi 7 lassen noch auf sich warten. Stand zwischen den beiden Geräten eine Wand als Hindernis, so zeigten die Messgeräte immer noch mehr als 900 MBit/s an. Wi-Fi 7 ist also dazu geeignet, einen Internet-Anschluss mit einer Glasfaserverbindung von 1 Gbit/s voll auszunutzen.
Was die verfügbaren Geräte angeht, so herrscht auf dem Markt nach wie vor Ebbe. TP-Link hatte Anfang 2023 sieben Router und Mesh-Geräte mit Wi-Fi 7 angekündigt, davon war bei Redaktionsschluss mit dem Deco BE85 allerdings nur einer erschienen. Die taiwanische Firma Asus, die mit ihren Routern traditionell auf den Spielemarkt abzielt, hat die beiden Modelle ROG Rapture GT-BE98 und RT-BE96U vorgestellt. Einen genauen Liefertermin gibt es allerdings noch nicht. Fest steht lediglich, dass die Geräte noch 2023 ausgeliefert werden sollen. Auch AVM, Netgear und Tenda arbeiten an Wi-Fi-7-Geräten, erhältlich war bei Redaktionsschluss noch keines davon.
Noch dunkler sieht es bei den Clients aus. Lediglich einige Smartphones wie das Xiaomi 13 oder das Samsung Galaxy S23 Ultra sind bereits auf Wi-Fi 7 vorbereitet. Grund ist, dass bei ihnen die CPU Snapdragon 8 Gen 2 von Qualcomm verbaut ist, die den neuen Standard unterstützt. Freigeschaltet ist das neue WLAN jedoch derzeit bei keinem Modell. Die Hersteller wollen später im Jahr entsprechende Firmware-Updates liefern.
Frühestens zum Jahreswechsel 2023/24 werden die ersten Notebooks mit Wi-Fi 7 in den Läden stehen. Zumindest hat Intel ein entsprechendes WLAN-Modul angekündigt. In welchen Notebooks von welchen Herstellern es dann auftaucht, ist noch unbekannt.
Wi-Fi 7 macht einen guten Eindruck
Endlich ist ein WLAN-Standard verfügbar, der mit schnellen Gigabit-Internet-Verbindungen mithalten kann. Gamer profitieren sowohl von der hohen Geschwindigkeit als auch von der besseren Stabilität der Geräte. Mit der Anschaffung können sie sich jedoch noch Zeit lassen. Den wenigen Routern, die aktuell verfügbar sind, steht noch kein einziger Wi-Fi-7-Client gegenüber. Es empfiehlt sich also, noch einige Monate abzuwarten und in der Zwischenzeit den Markt zu beobachten.
Roland Freist, Jahrgang 1962, begann nach einem Studium der Kommunikationswissenschaft ein Volontariat beim IWT Verlag in Vaterstetten bei München. Anschließend wechselte er zur Zeitschrift WIN aus dem Vogel Verlag, wo er zum stellvertretenden Chefredakteur aufstieg. Seit 1999 arbeitet er als freier Autor für Computerzeitschriften und PR-Agenturen. Seine Spezialgebiete sind Security, Mobile, Internet-Technologien und Netzwerke, mit Fokus auf Endanwender und KMU.
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