Berufsbild UX-Designer: Wer Nutzer ele­gant durchs Pro­gramm führt

In modernen Industrie­betrieben prägt spe­zia­li­sier­te Soft­ware die Arbeits­abläufe. Bei einer Viel­zahl unter­schied­licher Nutzer ist es wichtig, die Pro­gram­me leicht be­dien­bar zu ge­stalten. Eine gute User Ex­perience (UX) ist dabei das A und O. Wie diese aussieht, ent­schei­den pro­fes­sio­nelle UX-Designer schon im Entwicklungsprozess.

Im Auftrag der Anwender

Von Monika Brzostowski, Volkswagen AG

Ein UX-Designer im Automobilsektor weiß eine Menge darüber, wie zuverlässige, sichere und komfortable Autos gebaut werden. Er hat eine klare Vorstellung davon, welche Prozesse an welcher Stelle ablaufen, an welcher Linie die einzelnen Mitarbeiter welches Teil montieren und wozu dieses Teil im Fahrzeug genau dient – und das, obwohl er weder in der Fertigung noch in der Qualitätssicherung arbeitet.

Sein Arbeitsplatz ist zum Beispiel im Software Development Center (SDC) von Volkswagen in Wolfsburg. Dort konzentriert die Konzern-IT Programmierer, UX-Designer und Produktmanager, die in Teams Softwarelösungen für alle Marken und Bereiche im Konzern entwickeln. Ein UX-Designer ist für die Gestaltung und die digitale Architektur von Softwareprogrammen zuständig. Der vollständige Name dafür: User Experience Design.

Das Fach- und Prozesswissen über die Automobilfertigung ist gewissermaßen ein Mehrwert für den UX-Designer, der bei der Erledigung seiner täglichen Aufgaben anfällt. So lautete beispielsweise eine Aufgabe, die Anwendung „Konzern Problem Management“ (KPM) neu zu gestalten. Das KPM ist eine App, mit deren Hilfe die Mitarbeiter Fehler im Produktionsprozess protokollieren und analysieren. Als zentrales Steuerungselement hat es essenzielle Bedeutung für den gesamten Produktionsprozess. Ohne das KPM stehen alle Bänder still. Der Haken daran: Die historisch gewachsene Anwendung ist mit der Zeit immer umfangreicher geworden. Deshalb müssen die Mitarbeiter mittlerweile spezielle Schulungen absolvieren, um Mängelhinweise in das Programm einzugeben und die Eingaben korrekt weiterzuverarbeiten.

Intuitive Nutzerführung

Das wird sich künftig ändern. Und genau hier kommt der UX-Designer ins Spiel. Zusammen mit einem Team aus anderen Designern, Entwicklern und Projektmanagern verpasst er dem KPM eine neue Gestalt, die für eine leichtere und schnellere Bedienung des Tools sorgt. Der Begriff „Gestalt“ bezieht sich in diesem Fall nicht nur auf die äußere Erscheinung, also das Oberflächendesign, sondern auch auf den Aufbau, die Architektur des Programms, damit sich der Anwender darin intuitiv zurechtfindet. Deshalb ist genau er der Ausgangspunkt der eigentlichen Arbeit für das User Experience Design.

Dafür fließen in die UX-Entwicklung folgende Überlegungen ein: Wie sieht der Alltag des Users aus? In welcher Umgebung und unter welchen Bedingungen setzt er das Tool ein? Um das herauszufinden, geht der UX-Designer in die Produktion zu den Mitarbeitern im Werk an den Montagelinien und Werkzeugen. Denn es ist enorm wichtig, das Feedback direkt vor Ort von den eigentlichen Nutzern abzuholen. Dabei erfährt der UX-Designer ziemlich schnell, ob eine Lösung im realen Arbeitsprozess funktionieren wird.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Iteratives Vorgehen

Für die Entwicklung der UX gliedert er die Arbeit in sogenannte User Stories. Darin bildet er in kleinen Schritten die Handlungen ab, die ein Nutzer der Anwendung vollzieht. Eine könnte zum Beispiel lauten: Der Nutzer gibt einen Fehler in das Fehlerprotokoll ein und legt ihn ab. Im Grunde konzipiert er Baustein für Baustein sogenannte Minimal Viable Products. Sie bilden im Kern kleinste funktionsfähige Elemente. Nach und nach werden diese Bausteine in das KPM integriert und können die alten Funktionsweisen ablösen. Auf diese Weise ist ein fließender Übergang innerhalb der Anwendung möglich, ohne sie außer Betrieb nehmen zu müssen.

Das schrittweise Vorgehen ist außerdem wichtig, weil ein UX-Designer es mit einer differenzierten Zielgruppe zu tun hat: mit langjährigen Mitarbeitern, die das bestehende KPM routiniert anwenden; mit jungen Kollegen, die mit der Bedienung von Smartphones und ähnlichen Geräten groß geworden sind; mit Neuzugängen, die bisher noch keine Berührung mit dem KPM hatten. Oberstes Ziel ist daher: Die Anwender müssen eine positive Erfahrung machen, dann nehmen sie das Produkt auch an.

Monika Brzostowski ist UX Designerin im Software Development Center der Volkswagen Konzern-IT. Neben dem Software Development Center in Wolfsburg hat Volkswagen mittlerweile verschiedene IT-Labs und Competence Center gegründet: in Berlin, Wolfsburg und München. Dort arbeiten Software-Entwickler agil in kreativen Teams und eng mit Technologiepartnern, Universitäten und Forschungseinrichtungen zusammen.


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Zwei Wege, ein Ziel

An möglichst vielen dieser positiven Erfahrungen arbeiten UX-Designer und Entwickler im Team. Beide Profile haben im Grunde unterschiedliche Herangehensweisen an ein Problem. Daraus ergibt sich aber im Idealfall ein produktiver Konflikt. Die Quintessenz für eine erfolgreiche User Experience ist allerdings immer gleich: Ein UX-Designer zeichnet den Weg vor, der Programmierer macht ihn begehbar.

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