Unmittelbare Vertriebsbegleitung
Von Ralph Guttenberger, Kaltenbach Training
Ein bewährtes Instrument zur Außendienstschulung sind Coaching-Gespräche, die die Führungskräfte im Vertrieb mit ihren Mitarbeitern unmittelbar vor und nach gemeinsamen Kundenbesuchen führen. Sie werden „Bordsteinkonferenzen“ genannt, weil sie meist nicht im Büro, sondern z.B. auf dem Parkplatz im Auto stattfinden. Dabei gilt es zwischen der Bordsteinkonferenz vor dem Kundenbesuch, dem Kundenbesuch selbst und der Bordsteinkonferenz nach dem Kundenbesuch zu unterscheiden.
Die Bordsteinkonferenz vor dem Kundenbesuch
Bei diesem Coaching-Gespräch sollen Sie als Führungskraft primär checken, ob der Außendienstmitarbeiter adäquat vorbereitet ist und mit einem klaren Ziel ins Kundengespräch geht. Lassen Sie sich also zunächst die Kundenhistorie schildern lassen, z.B.:
- Ist der Kunde ein Neu– oder Bestandskunde?
- Welche Umsätze wurden mit ihm in der Vergangenheit womit erzielt?
- Welchen (zusätzlichen) Bedarf hat er?
- Was ist dem Kunden (in der Beziehung zu seinen Lieferanten) wichtig?
- Was lief in der Vergangenheit bei der Zusammenarbeit (weniger) gut?
Dies zu erkunden, ist wichtig, damit Sie einschätzen können, ob sich der Mitarbeiter ausreichend mit dem Kunden befasst hat, um z.B. eine kundenspezifische Verkaufsargumentation zu entwickeln.
Danach sollten Sie mit dem Mitarbeiter klären:
- Welches Ziel (z.B. „einen Auftrag für …“) möchten Sie im Gespräch erreichen?
- Ist dieses Ziel realistisch?
- Welches alternative Ziel verfolgen Sie, falls es sich als unrealistisch erweist?
Mit diesem Fragen prüft eine Führungskraft, ob der Verkäufer ein anspruchsvolles und zugleich realistisches Ziel für das Kundengespräch formulieren kann.
Danach sollten Sie Ihren Mitarbeiter fragen, wie er vorgehen möchte, um das Ziel zu erreichen:
- Wie ermitteln Sie den Bedarf des Kunden?
- Wie ermitteln Sie, was für dessen Kaufentscheidung wirklich relevant ist?
- Welche Einwände könnte der Kunde vorbringen? Wie reagieren Sie darauf?
Gegen Ende dieser Bordsteinkonferenz sollten Sie mit dem Mitarbeiter ein, zwei Punkte vereinbaren, auf die dieser besonders achten sollte – mehr nicht. Sonst konzentriert sich der Verkäufer im Gespräch primär auf die „Vorgaben“, statt auf den Kunden.
Der Kundenbesuch
Beim Kundenbesuch sollte der Außendienstmitarbeiter zunächst seine Begleitperson dem Kunden vorstellen. Im Gespräch selbst müssen Sie sich dann eisern auf die Rolle des Beobachters beschränken. Das fällt vielen Führungskräften schwer – speziell, wenn sie registrieren, dass ihre Mitarbeiter taktische Fehler machen und eventuell gar die Gefahr besteht, dass ihnen ein Auftrag entgleitet. Dann übernehmen sie gern die Gesprächsführung.
Die Folge ist jedoch: Ihr Mitarbeiter steht wie ein dummer Junge da. Und ein Coachen Verkäufers ist eigentlich nicht mehr möglich, weil Sie ja selbst weitgehend das Kundengespräch geführt haben.
Die Bordsteinkonferenz nach dem Kundenbesuch
Vor Beginn sollten Sie sich vergegenwärtigen, was das Ziel dieses Coaching-Gesprächs ist. Das Ziel ist, den Verkäufer in seiner Entwicklung zu fördern. Außerdem sollten Sie sich in Erinnerung rufen, wer Ihnen gegenübersitzt: ein Juniorverkäufer oder ein alter Hase mit jahrzehntelanger Vertriebserfahrung? Das macht es leichter, das Feedback so zu gestalten, dass es personenbezogen, realistisch und aufbauend ist.
Am Anfang dieser Bordsteinkonferenz sollten Sie den Mitarbeiter zunächst bitten, aus seiner Warte zu schildern, wie das Kundengespräch verlief; außerdem interessiert Sie, was gut und was verbesserungsfähig war. Weiterführende Fragen sind: „Haben Sie das gesteckte Ziel erreicht? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?“
Danach sollten Sie dem Mitarbeiter zunächst ein allgemeines Feedback geben, das positiv beginnt: „Sehr gut gefiel mir, dass Sie stets den Blickkontakt mit dem Kunden suchten. Stark war auch, wie Sie auf den Einwand … reagierten.“ Erst danach leiten Sie das Gespräch zu den weniger guten Punkten über, und zwar möglichst unter Bezug auf die Analyse des Mitarbeiters: „Sie sagten, Sie hätten den Eindruck gehabt, dass die Aufmerksamkeit des Kunden erlahmt. Was waren die Ursachen hierfür?“ Oder: „Wie Sie selbst registrierten, zog das Kaufargument … beim Kunden nicht. Warum?“
Wichtig ist, dass die Führungskraft die Schwachpunkte in Frageform anspricht. Denn das Coaching soll einen Erkenntnis- und Lernprozess beim Mitarbeiter in Gang setzen. Deshalb sollte sich die „kritische Rückmeldung“ auch auf die zwei, drei zentralen Knackpunkte konzentrieren, die für den nächsten Entwicklungsschritt des Verkäufers von Bedeutung sind.
Fazit: Maßnahmen fixieren und nachhaken
Hat der Verkäufer die zentralen Lernfelder erkannt, kann die nächste Frage lauten: „Wie können Sie das künftig besser machen?“ Das heißt, nun beginnt die Führungskraft, mit dem Verkäufer Maßnahmen zu definieren, die darauf abzielen, dessen Kompetenz zu erhöhen. Diese Maßnahmen sollten schriftlich fixiert werden.
Wichtig für den Erfolg von Bordsteinkonferenzen ist, dass sich Führungskraft und Mitarbeiter bewusst sind, dass Spitzenverkäufer nicht vom Himmel fallen; sie entwickeln sich. Deshalb sollten auf den gemeinsamen Kundenbesuch weitere folgen, bei denen Sie nachprüfen wird, wie sich die Kompetenz des Verkäufers entwickelt hat.
Ralph Guttenberger ist geschäftsführender Gesellschafter des auf den Vertrieb spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training, Böbingen. Der Diplom-Ingenieur für Luftfahrttechnik war u.a. zwei Jahrzehnte in geschäftsführenden Positionen für verschiedene Unternehmen tätig. Zudem blickt er auf 20 Jahre Erfahrung im Aufbau und Führen von Vertriebsteams zurück. Im Juni 2014 erschien sein neues Buch „Punktlandung im Vertrieb: Wie Sie den Kunden zielsicher zum Abschluss führen“.
Ralph Guttenberger, Kaltenbach Training, Tel.: 07173-6039, info@kaltenbach-training.de, www.kaltenbach-training.de