Grenzenlos abgesichert
Von Jörg Schmidt, Care Concept AG
Der Wunsch nach internationaler Berufserfahrung steht derzeit besonders hoch im Kurs: Jeder vierte Deutsche will gerne einmal im Ausland arbeiten. Die Chancen, sich diesen Wunsch zu erfüllen, stehen heutzutage nicht schlecht. In Zeiten fortschreitender Globalisierung suchen sich deutsche Unternehmen immer häufiger Tochter- oder Partnerfirmen in der Fremde. Den Aufbau im Ausland übernehmen oftmals die eigenen Mitarbeiter, die vor Ort Firmenwissen weitergeben, Schulungen durchführen oder am internationalen Erfahrungsaustausch teilnehmen sollen.
Was bedeutet Entsendung?
Diese internationale Entsendung bedarf einer intensiven Vorbereitung, nicht nur sprachlich oder kulturell, auch die rechtlichen Aspekte und landestypischen Besonderheiten müssen im Vorfeld erarbeitet werden. Damit Unternehmen und ihre Mitarbeiter im Dschungel von Vorschriften, Paragrafen und Formularen nicht den Überblick verlieren und um einen reibungslosen und gesetzeskonformen Einsatz zu gewährleisten, gilt es vorher vor allem steuerliche, arbeits-, visa- und sozialversicherungsrechtliche Fragen, in der Regel mithilfe spezialisierter Berater, zu klären.
Jörg Schmidt blickt auf 27 Jahre Berufserfahrung in der Versicherungsbranche zurück und ist im Vorstand der Care Concept AG. Das Unternehmen ist einer der größten Anbieter im deutschsprachigen Raum, der sich ausschließlich auf Auslandskrankenversicherungen spezialisiert hat. Die Care Concept AG betreibt u.a. das Themenportal im-ausland-arbeiten.com.
Am Herz-Jesu-Kloster 20, 53229 Bonn, Tel. 0228-97735-0, Fax: 0228-9773535, info@care-concept.de, www.care-concept.de
Wenn ein Angestellter auf Geheiß seines inländischen Vorgesetzten ins Ausland geschickt wird und von dort aus einer Beschäftigung nachgeht, spricht man von einer Entsendung. Es ist darauf zu achten, dass die Ausübung dieser Tätigkeit zeitlich klar begrenzt sein muss, entweder durch die Tätigkeit selbst oder anhand einer vertraglichen Übereinkunft beider Parteien.
Da es viele Staaten gibt, die keine oder nur eingeschränkte Abkommen mit Deutschland unterhalten, ist es sinnvoll, sich im Vorfeld besonders zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Aspekten zu informieren: Was per Definition eine Entsendung ist oder wie lange diese dauern darf, ist gesetzlich in jedem Land anders geregelt. Zudem unterhalten einige Länder kein oder ein weniger weitreichendes Sozialversicherungssystem. Der Arbeitnehmer sollte sich also selbst über die private Vorsorge informieren und sich nicht davor scheuen, im Zweifel einen Spezialisten zurate zu ziehen.
Fast wie zu Hause
Diverse arbeitsrechtliche Vereinbarungen von Deutschland mit anderen EU-Mitgliedsstaaten sollen das Arbeiten im Ausland steuerrechtlich und bürokratisch vereinfachen. Als Mitarbeiter beziehungsweise Arbeitgeber muss man in der Regel keine Arbeitserlaubnis für das Zielland beantragen, Berufsqualifikationen werden meist vor Ort anerkannt und der Arbeitnehmer fällt (im Falle einer sogenannten Entsendung mit Ausstrahlung) unter den Sozialversicherungsschutz seines Heimatlandes. Trotzdem gibt es einige Risikofaktoren bezüglich der Krankenversicherung, denn egal ob gesetzlich oder privat versichert: Der Versicherungsschutz bleibt für gesetzlich Versicherte und deren Angehörige erhalten, solange es sich um eine Ausstrahlung, also eine Entsendung mit bestehen bleibendem Wohnsitz in Deutschland, handelt.
Die Versorgungsstandards sind in vielen europäischen Ländern mit dem deutschen Standard vergleichbar. Die Abrechnung über die Europäische Versichertenkarte (EHIC) funktioniert aber nur in Skandinavien einigermaßen problemlos. In Südeuropa oder auch in Österreich verlangen die Ärzte eine Barzahlung sofort nach oder in manchen Fällen auch vor der Behandlung. Die Krankenkasse erstattet dann den Betrag bis zu der Höhe, die diese Behandlung in Deutschland gekostet hätte. Diese erfolgt grundsätzlich gegenüber dem Arbeitgeber. Insoweit gilt es, das Risiko möglicher Differenzen anderweitig privat abzusichern.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazinreihe „IT & Karriere“. Einen Überblick mit Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Ganz andere Welten
Bei Einsätzen im nichteuropäischen Ausland bedarf es einer guten Vorbereitung. In diesen Regionen gelten spezielle Rechte beziehungsweise Vorschriften. Mit einigen Ländern, sogenannten Abkommensstaaten, hat Deutschland zwischenstaatliche Regelungen getroffen. Das heißt, dass deutsches Recht bei vereinbarten sachlichen Geltungsbereichen angewandt wird.
Auskünfte und Formulare gibt es bei derDeutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA), dem Auswärtigen Amt, Behörden im jeweiligen Zielland oder bei spezialisierten Beratern. Besonders hervorzuheben ist, dass das Hauptaugenmerk bei einer Entsendung in Nicht-EU-Länder auf der Absicherung des Mitarbeiters im Krankheitsfall liegt. Bei Privatversicherten gilt es zu prüfen, ob eine Anpassung des bestehenden Vertrages oder eine Anwartschaft mit alternativem Expat-Schutz für Arbeitgeber und -nehmer günstiger ist. Vorteile dieses Schutzes können sein, dass die eigenen PKV-Beiträge nicht steigen und ein möglicher Beitragsrückgewähranspruch erhalten bleibt.
Wichtigster Vorteil ist, dass die Auslandskrankenversicherung im Hinblick, zum Beispiel auf Leistungsumfang und Laufzeit, auf die Bedürfnisse des Entsendeten abgestellt ist. Bei gesetzlich Versicherten gilt, dass die gesetzliche Krankenversicherung nur im Falle einer wirksamen Ausstrahlung dem Arbeitgeber die eingereichten Kosten in Höhe der in Deutschland erstattungsfähigen Beträge erstattet. Wird ein Arbeitnehmer beispielsweise nach Südafrika entsendet und benötigt vor Ort eine medizinische Behandlung, kostet diese 400 Euro. In Deutschland hätte die gleiche Behandlung nur 270 Euro gekostet. Die Krankenkasse erstattet dem Arbeitnehmer lediglich die 270 Euro. Ohne Zusatzversicherung trägt der Versicherte den Differenzbetrag von über 130 Euro selbst.
Am liebsten in die USA
Viele deutsche Firmen wollen nach wie vor den amerikanischen Markt besetzen und bauen deshalb Tochterunternehmen vor Ort auf. Dazu benötigen sie firmeninternes Know-how, das sie in Form entsendeter Mitarbeiter über den großen Teich schicken. Für die USA braucht man zwingend ein Visum, das rechtzeitig beantragt werden muss. Ein Sozialversicherungsabkommen und ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und den USA regeln Sozial- und Steuerrechtliches.
An zweiter Stelle der Standortliste steht Asien, vor allem durch den hohen Bedarf an technischen Produkten aus Deutschland. Diese müssen vor Ort installiert und betrieben werden. Es bedarf daher Fach- und Schulungspersonal. Auch China sucht deutsche Partner und wirbt um Firmenkooperationen. Mit diesem Land unterhält Deutschland auch ein Sozialversicherungsabkommen, das jedoch Hongkong, Taiwan und Macau ausschließt. Seit diesem Jahr ist auch Irland in der Liste der beliebtesten Entsendungsländer nach oben geklettert. Irland ist Mitglied der EU, insofern ist vieles schon im Vorfeld geregelt und einfach nachvollziehbar.
Guter Start – glatte Landung
In der Vorbereitung der Entsendung bedarf es intensiver Abstimmungsprozesse zwischen Vorgesetztem und Angestellten. Der Mitarbeiter muss nicht nur sprachlich und rechtlich gut geschult werden, auch kulturelle Aufklärung und psychische Betreuung ist nötig. Denn gerade bei internationalen Entsendungen ist die Abbruchrate hoch, wenn die Vorbereitungsphase zu kurz ist oder der Mitarbeiter nicht professionell betreut wird. Es kann ein zu großer Trennungsschmerz oder Heimweh sein, die zum Abbruch einer Entsendung führen, aber auch das „Nichtankommen“ in der fremden Umgebung.
Fazit: Ich bin reisefertig
Mitarbeiter kann man nicht einfach von heute auf morgen in ein Flugzeug setzen. Der Arbeitnehmer muss das Gefühl haben, dass ihn die Herausforderung reizt und er der Aufgabe auch gewachsen ist, denn nur so ist der Entsandte nicht nur formal mit allen Sicherheiten ausgestattet, sondern auch psychisch gefestigt und damit optimal auf den neuen Schritt in der Karriere vorbereitet. Auch vor Ort sollte der Mitarbeiter nicht völlig alleingelassen werden. Nur so wird aus der Entsendung womöglich eine wahre Berufung.