Feedback

Lob und Tadel sind Führungsqualitäten

Daniel Pötzsch, Institut für Management-Entwicklung

Mitarbeiter erwarten von ihren Führungskräften fachliche Betreuung, persönliche Förderung und Verantwortungsübergabe. Das Führungspersonal nimmt diese Aufgaben wahr, indem es das Verhalten und die Arbeitsleistung ihrer Mitarbeiter beurteilt. Warum kommt es aber immer wieder vor, dass sich Mitarbeiter und Chef nicht verstehen? Dafür zu sorgen, dass es doch klappt, gehört zu den wichtigsten Führungsinstrumenten.

Anregen, bewerten oder würdigen

Mit einer Würdigung motivieren und ermutigen Vorgesetzte ihre Mitarbeiter. Eine Anregung hilft ihnen dabei, sich in bestimmten Tätigkeiten oder Handlungsweisen zu verbessern. Mit einer detaillierten Bewertung zeigen sie ihren Mitarbeitern, wo diese stehen und was sie von ihnen in Zukunft erwarten.

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Daniel Pötzsch arbeitet im Online-Marketing des Instituts für Management-Entwicklung (IME), eines deutschlandweit tätigen Bildungsanbieters. Das IME ist mit seinen Trainern und Beratern langjähriger Partner für Personalentwicklung in Unternehmen. Ein Themenschwerpunkt ist die Entwicklung von Führungskräftekompetenzen über offene Seminare und Inhouse-Angebote. Wer sich zum Thema „Richtig Feedback geben“ weiter informieren möchte, kann dies in den IME-Seminaren „Vom Kollegen zur Führungskraft“, „Coaching-Methoden für Führungskräfte“ und „Psychologie für Führungskräfte“ tun.


IME Institut für Management-Entwicklung der GWP Gesellschaft mbH für Weiterbildung und Personalmanagement, Sunderweg 4, 33649 Bielefeld, Tel.: 0521-94206-0, Fax: 0521-94206-20, info@ime-seminare.de, www.ime-seminare.de

Je nach Situation ist eine von drei Feedback-Arten angebracht: Anregung, Bewertung oder Würdigung. Wer sich jedoch im Mitarbeitergespräch für die falsche Art entscheidet, bei dem verpufft die positive Rückmeldung ebenso wie die kritische Anmerkung.

Ein Beispiel: Der Mitarbeiter hat für den Abschluss eines Projektes Mehrarbeit geleistet. Überstunden sind keine Selbstverständlichkeit, weshalb die Bemühungen gewürdigt werden sollten. Nicht hilfreich wäre es daher, in dieser Situation dem Mitarbeiter mitzuteilen, wie er sein Arbeitsverhalten verbessern kann.

Richtig verstanden werden

Situationen, in denen Menschen gesagt wird, dass sie gerade etwas falsch gemacht haben, lösen Unbehagen und Unsicherheit aus. Einige reagieren deshalb mit Trotz und Abneigung und ignorieren die Rückmeldung. Sogar ein gut gemeintes Lob kann Mitarbeiter irritieren. Solchen zweifelhaften Situationen beugt man am besten vor, indem man das Feedback präzisiert:

  • In welchem Kontext steht das Feedback? Kann Lob in einer Stresssituation, in der alles schief zu laufen scheint, ernst gemeint sein?
  • Was soll das Feedback erreichen? Mit welcher Verhaltensänderung soll der Gesprächspartner auf das Gesagte reagieren? Wenn Sie sich darüber im Klaren sind: Äußern Sie diesen Aspekt. Nutzen Sie dafür klare Aussagen.
  • Wer mit seinem Mitarbeiter zufrieden ist, darf das auch zum Ausdruck bringen. „Gute Arbeit“ ist leicht gesagt. Nur wird für den Mitarbeiter leider nicht ersichtlich, welches Verhalten lobenswert war und in Zukunft wieder auftreten sollte. Konkretisieren Sie Ihr Anliegen: „Wie Sie freundlich aber bestimmt dieses Kundengespräch gelöst haben, hat mir sehr gefallen.“

Persönliche Beziehung berücksichtigen

Nähe und Distanz zwischen Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten sind eines der schwierigsten Themen im beruflichen Umfeld. Gefühle wie Freundschaft, Zuneigung oder Ablehnung machen befangen und beeinflussen die Möglichkeit, Feedback zu geben. Eine emotionale Verbundenheit, gleich welcher Art, wirkt sich auf das Mitarbeitergespräch negativ aus, wenn die sachliche Ebene von einer Partei oder beiden Seiten verlassen wird.

Gerade beim Rollenwechsel vom Kollegen zur Führungskraft tritt das Dilemma auf, dass man gegenüber seinen vorherigen Kollegen Disziplinarverantwortung oder Kontrolle wahrnehmen muss. Gestern war man noch gemeinsam ein Bier trinken, morgen muss man dem Kollegen von gestern vielleicht mitteilen, dass das Unternehmen mit seiner Arbeitseinstellung nicht zufrieden ist. In solchen schwierigen Situationen ist es wichtig, in der Sache zu kritisieren:

  • Nutzen Sie Ich-Botschaften: „Mir ist aufgefallen, dass …“
  • Beschreiben Sie Ihre Eindrücke: „… Sie in den letzten Tagen nicht ganz bei der Sache waren.“
  • Seien Sie konkret: „In den Abrechnungen wurden verschiedene Angaben von Ihnen nicht berücksichtigt. Ich habe hier einige Beispiele …“

Reaktionen abschätzen und beobachten

Unser Gehirn ist darauf programmiert, Unangenehmes stärker wahrzunehmen als Angenehmes. Evolutionsbiologen erklären diesen Umstand damit, dass Steinzeitmenschen äußere Reize nur in die Kategorien „Achtung Gefahr!“ und „Entwarnung“ einordnen mussten, um zu überleben. Dieser Mechanismus hat zum Erfolg der menschlichen Entwicklung in großem Maße beigetragen. In heutigen Alltagssituationen kann er zunächst verwirren. Allerdings lässt sich damit erklären, warum bei negativer Kritik die Alarmglocken der Mitarbeiter schrillen und Lob und Anerkennung bisweilen nur ein phlegmatisches „Alles in Ordnung – weiter wie bisher“ hervorrufen. Es liegt also nicht immer an der Führungskraft, wenn deren Mitarbeiter auf ein Lob nicht mit überschwänglicher Freude reagieren.

Im Übrigen hängt auch die Antwort auf die Frage, wie viel Zeit wir benötigen, um Kritik zu verarbeiten, vom Gehirn ab. Neurobiologische Studien eines Forscherteams um Richard Davidson legen nahe, dass Menschen, deren linke vordere Gehirnhälfte aktiver ist als die rechte, negative Emotionen besser verarbeiten können. Menschen mit einer höheren rechtsseitigen Gehirnaktivität brauchen länger, um sich von negativen Emotionen zu erholen. Es ist also nicht verwunderlich, wenn manche Mitarbeiter auf Rückmeldung verzögert reagieren.

Lob mit Bedacht aussprechen

Psychologieprofessorin Carol Dweck setzt auf das Modell des statischen und dynamischen Selbstbildes, um das menschliche Verhalten zu erklären. Personen mit einem statischen Selbstbild sind überzeugt, dass ihre Eigenschaften angeboren und unveränderlich sind. Menschen, bei denen der dynamische Anteil überwiegt, glauben, dass sich Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensweisen entwickeln und verändern lassen.

Trifft man im Arbeitsleben auf einen Vertreter der statischen Kategorie, ist Vorsicht angesagt. Diese Personen nehmen Lob oder Tadel als Beurteilung der eigenen Persönlichkeit wahr und richten ihr zukünftiges Handeln darauf aus. Ganz bewusst sollte man sein Feedback auf das Verhalten des Mitarbeiters und nicht auf seine Eigenschaften ausrichten.

Loben Sie einen solchen Mitarbeiter z.B. nicht für eine kluge Entscheidung, sondern heben Sie sein umsichtiges Handeln hervor. Erstere Variante würde einen Mitarbeiter mit statischem Selbstbild in der Meinung bestärken, dass Sie seine Intelligenz an ihm schätzen. Zukünftig wird er jedes Risiko scheuen, diesen Eindruck zu entkräften. Aufgaben, die ihn vor eine große Herausforderung stellen könnten, wird er aus Furcht vor Fehlern und der Zerstörung seines Selbstbildes meiden. Heben Sie aber hervor, dass er die Sachlage präzise analysiert und sein Handeln darauf abgestimmt hat, stärken Sie die dynamische Seite Ihres Mitarbeiters. Langfristig können Sie so seine Anstrengungsbereitschaft erhöhen, seine Resilienz stärken und seine Selbstzweifel entkräften.

Fazit: Richtig führen, richtig Feedback geben

Richtig Feedback zu geben, gehört zu den Kernkompetenzen jeder Führungskraft. Hier die wichtigsten Erkenntnisse, als Faustregeln zusammengefasst:

  • Anregung, Bewertung und Würdigung – diese Formen des Feedbacks wirken in unterschiedlichen Situationen verschieden stark. Vor der Rückmeldung sollten Sie die Situation analysieren und sich auf eine passende Methode festlegen.
  • Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Feedback nicht ankommt? Vielleicht lag es daran, dass Sie nicht präzise formuliert haben? Sprechen Sie Ihrem Mitarbeiter gegenüber deutlich an, was Sie von ihm zukünftig erwarten oder welche Verhaltensweise Ihnen gefallen hat.
  • Achten Sie auf die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz zu Ihren Mitarbeitern. Bleiben Sie in Ihrer Kritik immer auf der sachlichen Ebene.
  • Seien Sie sensibel für die Auswirkungen Ihres Feedbacks auf die einzelnen Mitarbeiter. Nur so können Sie erkennen, wen eine negative Kritik völlig aus der Bahn wirft und wen sie zu neuen Anstrengungen anstachelt.
  • Zu viel Lob kann schaden – vor allem dann, wenn Sie einen Mitarbeiter vor sich haben, der über ein statisches Selbstbild verfügt. Im Allgemeinen ist es immer besser, Rückmeldungen zu Verhaltensweisen statt zu Eigenschaften zu geben.

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