Lean Start-ups starten schneller
Von Dr. Jan Evers, Business Pilot GmbH
Wer mit einem neuen Produkt an den Markt gehen will, geht in der Regel ein hohes Risiko ein – schließlich ist völlig unklar, ob es bei den Kunden überhaupt Anklang finden wird. Sich in einer solchen Situation allein auf sein Bauchgefühl zu verlassen, ist keine gute Idee. Besser ist es, die eigene Vision so früh wie möglich mit der Realität zu konfrontieren.
Lernen statt Planen
Nach klassischen Managementmethoden würde der Weg von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt in etwa so aussehen: Erst würde ausgiebig Marktforschung betrieben, anschließend würde monatelang in der Forschungsabteilung am Produkt gefeilt, das am Ende erst dann auf den Markt kommt, wenn vom Firmenchef bis zum Ingenieur alle zufrieden damit sind.
Das Problem: Auf diese Weise kann man viel Zeit und Geld in ein perfektes Produkt stecken, das am Ende keiner kaufen will – sei es, weil die Kunden andere Prioritäten setzen, den Nutzen des neuen Produkts nicht erkennen oder weil die Konkurrenz einfach schneller war.
Besonders in unsicheren Situationen und in schnelllebigen Branchen ist klar im Vorteil, wer sich von minutiösen Projektplänen verabschiedet und stattdessen auf kurze Entwicklungszyklen, schnelles Kundenfeedback und schrittweise Verbesserungen setzt.
Damit ist eine der Grundlagen der Lean-Start-up-Philosophie beschrieben, die ausgehend vom Silicon Valley in den vergangenen Jahren Gründer und Unternehmer vor allem im IT- und Softwarebereich auf der ganzen Welt inspiriert hat. Statt theoretisch zu planen, raten die Lean-Start-up-Pioniere, sich möglichst früh der Marktrealität zu stellen und neue Produkte oder Unternehmen in einem iterativen Lernprozess unter Beteiligung der Kunden zu entwickeln.
Die im April 2018 eröffnete Gründerplattform wurde von BMWi und KfW gemeinsam mit dem Betreiber Business Pilot entwickelt. (Bild: Business Pilot)
Überprüfen Sie Ihre Annahmen!
Ein wesentliches Element in diesem Lernprozess ist das Überprüfen der zentralen Annahmen, auf denen eine Vision basiert. Diese Annahmen lassen sich beispielsweise so formulieren: „Der Markt für Elektroautos wird wachsen“ oder „Die Kunden werden mein Produkt kaufen, weil es nachhaltiger ist, als das der Konkurrenz.“ Im Sinne des Lean-Start-up-Gedankens geht es darum, Annahmen wie diese so früh und so einfach wie möglich testen.
An einem Beispiel lässt sich zeigen, was gemeint ist: Nehmen wir an, Sie wollen mit einem Online-Shop für veganes Hundefutter an den Markt gehen. Dann lautet eine Ihrer wichtigsten Hypothesen: „Kunden in Deutschland kaufen veganes Hundefutter online.“ Wie ließe sich diese Hypothese überprüfen? Anstatt eine teure Marktforschungskampagne aufzuziehen, gestalten Sie eine Landingpage, starten eine Adwords-Kampagne mit einem festgelegten Budget und zählen die Klicks. Wenn ausreichend Kunden auf den Bestellen-Button drücken, haben Sie einen Beleg, dass sich Ihr Hundefutter über das Internet vertreiben lässt.
So hat es Ende der 1990er Jahre auch Nick Swinmurn, der Gründer von Zappos gemacht, eines der größten Online-Schuhhändler in den USA. Damals hieß es, man könne alles mögliche übers Internet verkaufen, aber ganz sicher keine Schuhe. Ohne auch nur ein Paar Schuhe im Lager zu haben, einzig und allein mit einer einfachen Website, konnte Swinmurn binnen weniger Tage das Gegenteil beweisen.
Also: Welche Hypothesen liegen Ihrem Vorhaben zugrunde? Und wie könnten Sie diese möglichst einfach verifizieren? Werden Sie kreativ und finden Sie Wege, wie Sie so schnell und kostensparend wie möglich zu belastbaren Ergebnissen kommen! Konzentrieren Sie sich dabei auf die Aspekte, die für Ihr Vorhaben das größte Risiko bergen und bei denen die größte Unsicherheit besteht.
Dr. Jan Evers ist einer der Geschäftsführer der Business Pilot GmbH. Sie entwickelt und betreibt die neue Gründerplattform. Die Plattform zielt darauf, durch digitale Prozesse das Gründen in Deutschland einfacher zu machen. Das Bundeswirtschaftsministerium und die KfW sind Initiatoren des Projektes. → facebook.com/gruenderplattform/
BusinessPilot GmbH, Andreasstr. 66, 10243 Berlin, Tel.: (069) 710414788, support@gruenderplattform.de, gruenderplattform.de
Die Kunden im Fokus
Wenn Unternehmen scheitern, liegt das in den meisten Fällen daran, dass sie die Bedürfnisse und Verhaltensweisen der Kunden falsch eingeschätzt haben. Grund genug, Ihre Annahmen über die Kundenwünsche besonders gründlich zu prüfen.
In den einzelnen Phasen der Produktentwicklung bieten sich unterschiedliche Methoden dafür an. Ganz am Anfang, wenn Sie nicht viel mehr als eine erste Idee haben, sind Interviews mit potenziellen Kunden eine gute Wahl. Dabei ist nicht die Anzahl der Interviews entscheidend, sondern die Qualität der Informationen, die Sie aus jedem einzelnen Interview gewinnen. Stellen Sie offene Fragen und hören Sie gut zu, um herauszufinden, was Ihrer Zielgruppe wichtig ist. Vergessen Sie nicht: Es geht nicht darum, Ihre Idee anzupreisen, sondern die Sichtweise Ihrer Kunden zu ermitteln. Im Idealfall entwickeln die Interviewpartner in den Gesprächen selbst ihre Wunschlösung für ein bestimmtes Problem.
Wenn Ihr Vorhaben schon etwas weiter gediehen ist, können Sie – je nach Geschäftsmodell – auch einen Prototyp präsentieren, der erkennen lässt, wie das fertige Produkt später aussehen und funktionieren soll. Das Urteil Ihrer Kunden zu Design, Form und Funktion lassen Sie dann in die Weiterentwicklung des Produkts einfließen.
Geschäftsmodell mit einem Minimum Viable Product validieren
Sobald Sie genügend Informationen gesammelt haben, entwickeln sie ein MVP (Minimum Viable Product). Wahrscheinlich wissen Sie schon, was dahinter steckt: Es ist die kleinstmögliche marktfähige Version Ihres Produkts, die sich auf die allerwichtigsten Funktionen beschränkt. Mit einem MVP können Sie schon sehr früh an den Markt gehen und es anschließend mithilfe des Kundenfeedbacks nachbessern und weiter vervollständigen.
Denken Sie an die Gründer von Dropbox. Deren zentrale Annahme lautete: Es gibt einen Bedarf für einen nutzerfreundlichen Speicherservice, über den sich Daten synchronisieren und teilen lassen. Bevor sie sich ans Werk machten und eine entsprechende Lösung programmierten, drehten sie ein kurzes Video, das die Funktionsweise der späteren Dropbox anschaulich erklärte. Quasi über Nacht gingen 75.000 Vorbestellungen ein! So wussten die Gründer, dass sie auf dem richtigen Weg waren, und machten sich mit Hochdruck daran, das im Video gezeigte Produkt zu erstellen.
Das Beispiel zeigt, dass Sie für einen Markteintritt mit einem MVP noch nicht einmal ein echtes Produkt brauchen. Manchmal reicht es aus, so zu tun, als ob.
Der Einführungsbeitrag gibt eine erste Übersicht für Gründer und Start-ups. Dabei interessiert auch die Frage, wie sich die Locations auf den eigenen Erfolg und die Karriere auswirken. Teil 1 stellt dann konkrete Beispiele aus Berlin, Hamburg und anderen Orten im deutschen Norden und Osten vor. Teil 2 reist nach Köln, Dortmund, Mainz und Gummersbach, um die Technologiezentren an Rhein und Ruhr zu sichten. Überraschungen hat auch der Südwesten parat, von dem Teil 3 berichtet – aus Darmstadt und Stuttgart ebenso wie aus dem beschaulich-umtriebigen Bad Orb. Teil 4 geht schließlich in den Postleitzahlenbereich 8 und 9 nach Bayern und Thüringen: Auch außerhalb von München bekommen Gründer gute Unterstützung. Sonderbeiträge geben außerdem Auskunft über die Innovations- und Gründerzentren in Österreich und die dortige Start-up-Szene.
Wenn Ihre Zielgruppe Geschäftskunden sind, können Sie Ihre potenziellen Kunden auch anrufen und probeweise Akquisegespräche führen, selbst wenn Sie noch kein fertiges Produkt haben. Auch hier gilt wieder: Hören Sie Ihren Gesprächspartnern gut zu und nehmen Sie die Einwände, die Ihnen möglicherweise entgegengebracht werden, ernst. Sie sind für die Validierung Ihres Geschäftsmodells Gold wert.
Außerdem sind solche Testverkaufsgespräche ein geeignetes Mittel, um Ihre Annahmen über die Vertriebskosten zu überprüfen: Sie lernen dabei nämlich, wie viel Aufwand Sie durchschnittlich betreiben müssen, um einen einzigen Kunden zu gewinnen.
Auch auf Fachmessen bieten sich gute Möglichkeiten, Ihre Annahmen zu testen. So buchte Ulrike Dräger, die Geschäftsführerin der Jade-Pack GmbH, einen Messestand, um ein Produkt zu präsentieren, das ihre Firma noch gar nicht liefern konnte: speziell beschichtete Papiere für Verpackungszwecke. Denn die Anschaffung der Maschine, die sie für die Herstellung brauchte, würde eine Menge Geld verschlingen – ein hohes Risiko für den mittelständischen Betrieb aus Varel in Friesland. Um sich abzusichern, warb Dräger also auf der Messe für die neuen Produkte und stellte auch die gigantische neue Maschine vor. Die Reaktionen der Standbesucher und die Anzahl der Vorbestellungen überzeugten sie schließlich, die Investition zu tätigen. Die Maschine wurde gekauft – und heute machen die neuen Produkte einen wichtigen Anteil am Portfolio der Jade-Pack aus.
Das frühe Testen von Annahmen mit kreativen Wegen ist also keineswegs nur Start-ups vorbehalten. Jedes Unternehmen, das innovativ und fortschrittlich bleiben will, kann davon profitieren. Machen Sie es wie Ulrike Dräger und viele andere erfolgreiche Unternehmer: Verlassen Sie Ihre Forschungsabteilung und gehen Sie so früh wie möglich mit einem MVP an den Markt, um Ihr Geschäftsmodell zu validieren!
Fazit: Geschäftsmodell direkt am Markt entwickeln
Ob Sie als Gründer eine ganz neue Firma aus der Taufe heben oder als Unternehmer ein neues Produkt auf den Markt bringen wollen: Verzichten Sie keinesfalls darauf, Ihre Vision so früh wie möglich mit der Realität zu konfrontieren und Ihre Annahmen zu überprüfen. So können Sie Korrekturen ohne große Verluste vornehmen, und das Risiko, am Markt vorbei zu planen, wird minimiert.
Lassen Sie sich dabei von modernen Denkansätzen aus dem Silicon Valley inspirieren und setzen Sie auf schlanke Prozesse: Je einfacher, schneller und billiger Sie Ihr Geschäftsmodell testen, um so besser! Denken Sie daran, dass Expertenmeinungen und Statistiken nicht in jedem Fall die besten Erkenntnisse liefern. Was am Ende zählt, ist das Feedback Ihrer Kunden.
Dabei ist Kreativität gefragt – und die uneingeschränkte Bereitschaft, Ihre Idee infrage zu stellen und Neues auszuprobieren. Das ist leichter gesagt, als getan, aber es lohnt sich: Wenn Sie Ihr Geschäftsmodell in diesem Geiste validieren, erhalten Sie Ergebnisse, auf die Sie sich wirklich verlassen können.