Bei Breitband ist jetzt die Politik gefragt
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack (STZ-Consulting Group) und Ass. jur. Dominik Schomm (ITM der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster)
Es ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar, dass die großen Betreiber bevorzugt in solchen Regionen Breitbandnetze ausbauen, in denen eine hohe Bevölkerungsdichte und möglichst viele Wohneinheiten je Anschluss eine schnelle Amortisation versprechen. Allerdings kann es nicht zufriedenstellen, wenn dadurch eine digitale Spaltung zwischen Gebieten mit schnellen und solchen mit langsamen Internet-Zugängen entsteht. Paradoxerweise haben die Fördermittel in manchen Kommunen die digitale Spaltung vertieft: Wenn z.B. unmittelbar neben einem mit 3 MBit/s knapp grundversorgten Gebiet ein anderes unterversorgtes Gebiet von 1 MBit/s auf 50 MBit/s ausgebaut wird, dann wächst der Geschwindigkeitsunterschied zwischen den beiden benachbarten Gebieten auf 47 MBit/s.
Mit der Poststrukturreform II wurde die Grundlage für viele der heutigen Probleme beim Breitbandausbau in der Fläche gelegt. Eine Trennung von Infrastruktur und Diensten hätte in der Gegenwart vermutlich zu anderen Ergebnissen geführt. Aber zum einen war die weitere Entwicklung in Richtung auf eine Datenkommunikation für alle Haushalte nicht absehbar und zum anderen waren die Kupferdoppelader und die analoge Telefonie tatsächlich eng verknüpft.
Beihilferechtliche Voraussetzungen erweitern
Die „Leitlinien der EU für die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit dem schnellen Breitbandausbau“ (2013/C 25/01) unterscheiden zwischen Grundversorgung und NGA-Versorgung. Grundversorgung wird dabei wie folgt definiert:
- „Verschiedene technische Plattformen können als Netze der Breitbandgrundversorgung angesehen werden, u.a. ADSL-Netze (bis hin zu ADSL2+), herkömmliche Kabelnetze (z.B. DOCSIS 2.0), Mobilfunknetze der dritten Generation (UMTS) und satellitengestützte Systeme.“
NGA (Next Generation Access) hingegen erfolgt über „Zugangsnetze, die vollständig oder teilweise aus optischen Bauelementen bestehen und die Breitbandzugangsdienste mit höherer Leistung ermöglichen als bestehende Netze der Breitbandgrundversorgung.“ Darunter versteht die Breitbandleitlinie glasfaserbasierte Zugangsnetze (FTTX), hochleistungsfähige Kabelnetze (DOCSIS 3.0) und auch hochleistungsfähige drahtlose Zugangsnetze (z.B. LTE).
Die STZ-Consulting Group ist eine Unternehmensberatung, die Unternehmen und Kommunen bei der Bewältigung von Veränderungsprozessen unterstützt, von der Entwicklung tragfähiger Konzepte bis zur Umsetzung. Die Partner der STZ-Consulting Group haben langjährige Erfahrungen aus eigener operativer Führungstätigkeit in Unternehmen, aus der Gründung und dem Aufbau von Unternehmen sowie in der Beratung. Ein Branchenschwerpunkt liegt in der Telekommunikation.
Dr. Jürgen Kaack – STZ-Consulting Group, Kolibristr. 37, 50374 Erftstadt, Tel. 02235-988776, info@stz-consulting.de, www.stz-consulting.de.
Im Bereich zwischen Grundversorgung und NGA, den „weißen NGA-Flecken“, ergibt sich auf nationaler Ebene politischer Handlungsbedarf. Auf Grundlage der Bundesrahmenregelung Leerrohre (BRRL) kann eine nordrhein-westfälische Kommune in solchen Gebieten zwar Leerrohre für den Ausbau einer NGA-Infrastruktur verlegen, doch kommt diese Option für viele Kommunen nicht in Betracht, entweder aus Kostengründen oder weil eine geeignete Infrastrukturbetreiberinstitution fehlt. Auf der Kostenseite sind für die Verlegung von 1 km Leerrohr bei versiegelter Oberfläche durchschnittlich 100.000 Euro zu veranschlagen.
Andere Möglichkeiten der NGA-Förderung sind einer Kommune in Nordrhein-Westfalen nicht eröffnet bzw. nur sehr eingeschränkt möglich. Eine Breitbandförderung nach GAK etwa ist nur noch bis Ende 2013 möglich und findet ohnehin nur in unterversorgten Gebieten mit mehrheitlich weniger als 2 MBit/s Anwendung.
Möchte eine Kommune außerhalb der schmalen Anwendungsbereiche von BRRL oder GAK tätig werden und z.B. direkte Zuwendungen an Netzbetreiber in weißen NGA-Flecken gewähren, so muss sie den Weg der Einzelfallnotifizierung bei der Europäischen Kommission wählen. Dieses Verfahren ist für eine einzelne Kommune in der Regel allerdings zu aufwendig.
Dr. Jürgen Kaack hat eine Reihe von Projekten als Berater begleitet. Einige aus der Region Nordrhein-Westfalen stellt er ausführlicher als Best-Practice-Beispiele vor: Arnsberg, Ennepetal, Erftstadt, Erkelenz und Wegberg sowie die Lage im gesamten Kreis Heinsberg, ferner Geilenkirchen, Haltern am See, Kaarst, Nettetal und Rheurdt. Außerdem berichtet er von der T-City Friedrichshafen, erläutert die möglichen Geschäftsmodelle im kommunalen Breitbandausbau sowie die Optionen der NGA-Rahmenregelung und setzt auseinander, wo Vectoring seine Haken hat. Nicht zuletzt skizziert er die Prinzipien einer Breitbandstrategie NRW und macht handfeste Vorschläge für eine umfassende Breitbandstrategie.
Seine gesammelten Erfahrungen sind 2016 in der Reihe MittelstandsWiki bei Books on Demand erschienen: „Schnelles Internet in Deutschland“ (Paperback, 220 Seiten, ISBN 978-3-946487-00-5, 9,99 Euro).
Vor diesem Hintergrund wäre vielen Kommunen damit gedient, wenn im Rahmen einer abstrakt generellen Notifizierung durch das Land ein Ausbau gegen Gewährung einer Zuwendung auch in Regionen erlaubt würde, die mit mehr als 2 MBit/s versorgt sind. Der Bandbreitenbereich für eine solche Notifizierung könnte zwischen 2 und 25 MBit/s liegen und entspricht damit der in der Bundesrahmenregelung Leerrohre definierten Obergrenze. Hessen und Bayern haben bereits in anderen Fällen erfolgreich für ihre Länder abstrakt generelle Notifizierungen erwirkt. Auch für Kreise kann dies noch sinnvoll sein, wie das Beispiel Borken zeigt. Mit einer solchen abstrakt generellen Notifizierung muss kein zusätzliches Förderprogramm aufgelegt werden.
Selbst wenn die Notifizierung nicht mit Fördergeldern für den Ausbau unterlegt wäre, würde es den Kommunen die Möglichkeit zum Handeln geben. Unter Umständen lassen sich Deckungslücken aus dem Haushalt finanzieren, durch Spenden aus der Bevölkerung aufbringen oder durch Eigenleistungen reduzieren. Bei einem FTTC-Ausbau (Fiber to the Curb) wird sich aufgrund der Leitungsdämpfung im Kupferkabel zwar keine durchgängig identische Internet-Geschwindigkeit erreichen lassen, wie dies in einem Koaxial- oder Glasfaserkabel möglich wäre, aber die starken Unterschiede im Gebiet einer Kommune könnten vermieden werden.
Die Einführung beginnt in Berlin und klärt die Rahmenbedingungen in Deutschland. Ein erster Regionalschwerpunkt widmet sich dann dem Westen und Nordrhein-Westfalen. Weitere Regionalreports konzentrieren sich auf den deutschen Südwesten und auf Bayern. Extra-Beiträge berichten außerdem über den Stand der NGA-Netze in Österreich und über die praktische, aber schwierige Mobilfunk-Dominanz in der Alpenrepublik.
Für Anschluss der Neubaugebiete sorgen
Ein national ungeregeltes Feld findet man in Neubaugebieten und in Erschließungsflächen für Gewerbegebiete. Sofern kein Betreiber eine ausreichende Versorgung schafft, gibt (neben der aufwendigen Einzelfallnotifizierung bei der Kommission) nur die Bundesrahmenregelung Leerrohre eine verlässliche Grundlage für eigene Aktivitäten der Kommunen. Zum einen kann sich hier wieder die Kostenproblematik ergeben, wenn auch weniger im eigentlichen Ausbaugebiet, als vielmehr im Anlauf zum letzten Übergabepunkt. Zum anderen ist keineswegs sicher, dass sich ein Betreiber zum Betrieb eines solchen passiven Anschlussnetzes finden lässt, wenn das Gebiet für sich gesehen zu klein ist, um einen eigenen Glasfaserknoten zu betreiben. Damit neu erschlossene Gebiete erfolgreich vermarktet werden können, ist eine ausreichende Internet-Geschwindigkeit (derzeit bedeutet dies meist mindestens 16 MBit/s) eine unerlässliche Voraussetzung.
Damit eine Kommune in diesen Fällen nicht in einem unsicheren Graubereich eine Entscheidung treffen muss, wäre auch hier eine von der Kommission notifizierte, abstrakt-generelle Regelung auf Landesebene anzustreben.
Infrastrukturaufbau über 25 Mbit/s hinaus
Gebiete, die heute von einem Kabelnetzbetreiber oder mit VDSL versorgt sind, haben gemessen am heutigen Bedarf eine Versorgung, die für fast alle Anwendungen ausreicht. Diese Aussage gilt sicher auch noch in fünf Jahren; in zehn Jahren könnte es durch das stetig steigende Datenvolumen eng werden für die bisherige Kupferinfrastruktur. Dabei ist ohnehin bemerkenswert, welche Leistung zur Übertragung von hochfrequenten Signalen über die Kupferdoppelader heute realisiert wird. Denn die Kupferdoppelader sollte ursprünglich nur analoge Telefoniesignale übertragen. Aber mehr als 100 MBit/s mit dem neuen Vectoring-Verfahren für VDSL werden kaum möglich sein und die entfernungsabhängige Dämpfung lässt sich ebenfalls nicht umgehen.
Somit wird in der Zukunft – vielleicht in zehn Jahren – der Zeitpunkt erreicht, an dem die bisherigen Medien nicht mehr ausreichen. Dann muss ein neues Anschlussnetz auf der Basis von Glasfaserleitungen gebaut werden. Dies erfordert in erheblichem Maße Tiefbauarbeiten zur Verlegung von Mikroleerrohrnetzen. Die Kosten für die Verlegung von 1 km Leerrohrtrasse liegen je nach Bodenklasse und sonstigen Bedingungen zwischen 100.000 und 150.000 Euro. Erfolgt die Verlegung unter Nutzung von Synergien gemeinsam mit anderen Tiefbauarbeiten, z.B. bei Sanierungsvorhaben im Versorgungsnetz, sinken die Grenzkosten auf ca. 10.000 Euro.
Derzeit gibt es aber für den vorsorglichen Aufbau einer solchen passiven NGA-Infrastruktur keine adäquate Rechtsgrundlage. Auf Basis der Bundesrahmenregelung Leerrohre können nur solche Gebiete mit Leerrohrnetzen versorgt werden, in denen die mehrheitliche Internet-Geschwindigkeit unter 25 MBit/s liegt. Somit wären alle Bereiche mit einer Kabelnetz- oder VDSL-Versorgung von einem Leerrohrnetzaufbau ausgenommen. Allenfalls Stadtwerke und Energieversorger können diese Beschränkung durch das Erfordernis der Zählerfernablesung bzw. der für den Betrieb von Smart Grids erforderlichen Steuernetze umgehen.
Die Novellierung der Breitbandleitlinie im Januar 2013 stellt eine im Wesentlichen sinnvolle Weiterentwicklung dar, mit einer eindeutigen Definition von NGA-Netzen mit mehr als 30 MBit/s und mit ultraschnellen Breitbandnetzen mit mindestens 100 MBit/s. Die gesetzten Randbedingungen einer Beschränkung auf Infrastrukturen und Vorleistungsprodukte sind ebenso zu begrüßen wie die Festschreibung offener Schnittstellen und das Bekenntnis zum Abbau der digitalen Spaltung zwischen gut und schwach versorgten Gebieten.
Ein Schritt in die richtige Richtung ist die Eröffnung der Möglichkeit, Versorgungsunternehmen zu verpflichten. Auf diesem Wege kann ein passives Glasfaseranschlussnetz „organisch“ entstehen. Eine entscheidende Voraussetzung ist allerdings, dass es einen Infrastrukturbetreiber der so entstehenden passiven Anschlussnetze gibt, der im Vorfeld eine qualifizierte Netzplanung erstellt. Die Anforderungen an ein gefördertes Netz besagen, dass eine „wesentliche Verbesserung“ erforderlich ist, mit „erheblichen neuen Möglichkeiten im Bereich der Breitbandversorgung und der Bandbreiten, der Geschwindigkeit und des Wettbewerbs“.
Der Nachweis einer solchen „wesentlichen Verbesserung“ gestaltet sich jedoch problematisch. Ausgehend von heutigen VDSL- oder Kabelnetzen dürfte es schwierig bis unmöglich sein, mit einem als passiver Infrastruktur geplanten Glasfaseranschlussnetz „erhebliche neue Möglichkeiten“ zu generieren. Neue Anwendungen entstehen durch Diensteanbieter und wie das Beispiel des niederländischen Marktes zeigt, entstehen diese erst in der Folge vorhandener Netzinfrastrukturen. Ein Nachweis im Vorhinein kann daher als theoretisch angesehen werden. Da sowohl mit Kabelnetzen als auch demnächst mit Vectoring Anschlüsse mit mehr als 100 MBit/s möglich sind, es derzeit aber keine Massenmarktdienste gibt, die mehr als 50 MBit/s benötigen, wird die Forderung nach einem Nachweis des Bedarfs an höheren Bandbreiten ins Leere laufen. Die einseitige Fixierung auf die Downstream-Geschwindigkeiten ist nicht ausreichend, um nachhaltige und zukunftssichere Anschlussnetze zu errichten.
Als NGA-Netze sind gemäß Leitlinie u.a. VDSL- und rückkanalfähige Kabelnetze sowie, mit Einschränkungen, LTE-Netze zu verstehen. Die Definition von „schwarzen NGA-Flecken“ beschreibt ein Gebiet mit mindestens zwei NGA-Netzen auf der Basis unabhängiger Infrastrukturen. In diesen Gebieten ist staatliches Handeln nach der EU-Leitlinie nicht sinnvoll. Im Hinblick auf die aktuelle Bedarfslage und den Schutz der Investitionen der Netzbetreiber ist dies sicher zutreffend. Mit dieser Einschränkung sind allerdings auch ohne die Ziele des Landes NRW in den nächsten Jahren ca. 80 % der Anschlüsse an NGA-Netze anschließbar (Anfang 2013 ca. 69,1 %).
Unter diesen Randbedingungen scheint es für Kreise, Kommunen und Stadtwerke keine Möglichkeiten für einen vorsorglichen und investitionsschonenden Aufbau von Glasfaseranschlussnetzen zu geben. Hier besteht daher Nachbesserungsbedarf. Zwar öffnet die Leitlinie die Förderung für sogenannte ultraschnelle Breitbandnetze auch in „schwarzen NGA-Flecken“. Damit ist der FTTH-Ausbau gemeint, also Glasfaser bis zum Endkunden (Fiber to the Home), was weit höhere Übertragungsgeschwindigkeiten als 100 MBit/s ermöglicht.
Allerdings gilt für diese ultraschnellen Breitbandnetze die einschränkende Regelung, dass eine Förderung nur dann in Betracht kommt, wenn nicht damit zu rechnen ist, dass der Wettbewerb allein in naher Zukunft für ultraschnelle Netze sorgen wird. Dies führt zu einer undurchsichtigen Rechtslage. Immerhin ermöglichen die Kabelnetze bereits heute im Downstream 150 MBit/s und Vectoring wird ab 2014 immerhin 100 MBit/s ermöglichen. Insoweit wäre zu klären, ob diese Übertragungsraten bereits als ausreichende Marktlösung im Sinne der Breitbandleitlinie angesehen werden müssen bzw. welche Übertragungsraten mindestens erreicht werden müssen, damit man von „weit über“ 100 MBit/s und damit von „ultraschnellen“ Netzen sprechen kann.
In der Form der NGA-Förderung lässt die Richtlinie den Mitgliedsstaaten weitgehend freie Möglichkeiten, sofern die gesetzten Randbedingungen eines transparenten Verfahrens und der Nutzung von vorhandenen Infrastrukturen berücksichtigt werden. Bei der Auswahl eines Betreibers nach einem „wettbewerblichen Auswahlverfahren“ soll das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ den Zuschlag erhalten. Im Vergleich zu den GAK-Bewertungskriterien in NRW erlaubt die in den Leitlinien gewählte Formulierung also erheblich mehr Spielraum. Während in den GAK-Projekten die Höhe des Beihilfebetrages das durchschlagende Bewertungskriterium ist, wird für NGA-Projekte festgelegt, dass „derjenige Bieter, der bei vergleichbaren oder sogar identischen Qualitätsbedingungen den niedrigsten Beihilfebetrag beantragt, die der Gesamtbewertung seines Angebotes die meisten Prioritätspunkte erhalten“ soll. Auf diesem Wege können Rahmenbedingungen definiert werden, die tatsächlich das „wirtschaftlich günstigste“ und nicht wie bislang oft das „billigste“ Angebot den Zuschlag erhält.
Für den vorausschauenden Aufbau von nachhaltig zukunftssicheren Breitbandanschlussnetzen durch Kommunen, Kreise oder Stadtwerke (unter Nutzung von Synergien mit anderen Tiefbaumaßnahmen) sollte eine generelle rechtliche Grundlage geschaffen werden. Die neuen EU-Leitlinien für staatliche Beihilfen zum Breitbandausbau sind hierfür nicht ausreichend bzw. enthalten Risiken für die Kommune, die in einem Rechtsstreit mit Netzbetreibern münden können, die die eigene Infrastruktur möglicherweise entwertet sehen. Die über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren nur schwer vorhersehbare Nachfrageentwicklung nach Diensten, die eine qualitative Verbesserung bringen, bietet eine offene Flanke. Besser wäre eine für Kommunen und Kreise einfach zu handhabende Regelung, die unabhängig von der bestehenden Versorgungssituation mit NGA-Netzen gilt, z.B. in folgender Form:
- „Sofern es im geplanten Versorgungsgebiet noch kein passives Anschlussnetz zur Anbindung aller Haushalte mit einer Glasfaserleitung gibt und es keine Planung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens hierzu gibt mit einer Umsetzung innerhalb von z.B. fünf Jahren, ist die Kommune berechtigt, ein derartiges Anschlussnetz mit oder ohne Fasern bis zum Hausanschluss zu errichten. Die Kommune ist verpflichtet, das Netz auf der Grundlage eines transparenten Verfahrens an einen Netzbetreiber zu vermieten, der sich die Regeln eines offenen Netzzugangs einhält.“
Die Anforderungen der Bundesrahmenregelung Leerrohre könnten dabei als Grundlage dienen, eine öffentliche Ausschreibung zur Vermietung der passiven Infrastruktur sollte Pflicht sein und die Forderung nach offenen Zugangsmöglichkeiten für interessierte Dienstebetreiber sollte auf jeden Fall gelten. Ohne eine derartige Regelung steht allerdings zu befürchten, dass in ca. zehn Jahren die Kapazitäten der derzeitigen NGA-Netze ausgeschöpft sind und neue Infrastrukturen mit staatlichen Investitionen im hohen zweistelligen Milliardenbereich geschaffen werden müssen.
Verbindliches Regelwerk zur Leitungsverlegung
Bei der Verlegung von Leerrohren kann sich zwischen Infrastrukturbetreiber, Tiefbauunternehmen und der genehmigenden Behörde Diskussionsbedarf darüber ergeben, wie tief ein Leerrohr zu verlegen ist und wie die Verfüllung zu erfolgen hat. Ein Beispiel ist die Unstimmigkeit zwischen der Deutschen Telekom und der Stadt Witten, ob eine Frostschutzschicht zwischen Leerrohr und Oberfläche von 0,15 m ausreichend sei oder ob es doch 0,40 m sein sollten. In Witten hat diese Diskussion dazu geführt, dass nur ein Teil der Kunden, die einen Vorvertrag geschlossen haben, tatsächlich einen Glasfaseranschluss erhalten. Auch im Kreis Heinsberg gab es offensichtlich mehrfach Diskussionen darüber, wie die Verlegung zu erfolgen habe. Hier herrscht auf der einen Seite Unsicherheit bei den genehmigenden Tiefbauämtern und ein wirtschaftliches Interesse der Infrastrukturbetreiber auf der anderen Seite.
Die Erwähnung und Genehmigung von Microtrenching (Einpflügen in Kleingräben) im Telekommunikationsgesetz reicht an dieser Stelle nicht aus. Die Telekom verwendet bislang ein umfassendes Regelwerk mit dem Titel „Zusätzliche Vertragsbedingungen der Telekom für Bauleistungen am Telekommunikations-Netz Teil 10: Tiefbau“. Eine generelle Regelung der Verlegung von Leerrohrinfrastruktur für NGA-Netze durch die Landesregierung könnte den Beteiligten Rechtssicherheit geben und langwierige Diskussionen vermeiden. Für Infrastrukturbetreiber ergäbe sich hiermit zudem eine höhere Planungssicherheit, da die Kosten entsprechend der Vorgaben kalkuliert werden können.
Übertragung des Wegerechts für den NGA-Aufbau
Wenn Kreise, Kommunen oder kommunale Unternehmen sich für den Aufbau von passiven NGA-Netzen einsetzen, sollte der bürokratische und wirtschaftliche Aufwand nach Möglichkeit gering gehalten werden. Um entlang von Landesstraßen Leerrohre zu verlegen, ist in Nordrhein-Westfalen eine Genehmigung des Landesbetrieb Straßen.NRW erforderlich. Für den Aufbau von Telekommunikationsnetzen ist hierfür die Übertragung des Wegerechts durch die Bundesnetzagentur eine Voraussetzung. Zur Genehmigung der Wegerechtsübertragung wird dann wiederum ein Geschäfts- und Investitionsplan sowie ein Leistungs- und Zuverlässigkeitsnachweis benötigt.
Sind diese Voraussetzungen geschafft, wird für die Nutzung der benötigten Trassen eine Konzessionszahlung fällig. Es ist nachvollziehbar, dass der Straßenbau erhebliche Mittel benötigt, aber es erscheint nicht sinnvoll, hierfür Mittel von Institutionen zu holen, die ebenfalls eine wichtige Infrastruktur errichten. Erschwerend kommt beim Aufbau der Breitbandinfrastruktur hinzu, dass mögliche Einnahmen aus der Vermietung der Infrastruktur erst Jahre später zu erwarten sind, Konzessionszahlungen sind aber von Anfang an fällig.
Vor diesem Hintergrund sollten öffentliche Institutionen und Unternehmen, die vorsorglich Breitbandinfrastrukturen über einen längeren Zeitraum errichten, ein Wegerecht auf allen öffentlichen Flächen erhalten – ohne ein für privatwirtschaftliche Unternehmen sinnvolles aufwendiges Antragsverfahren mit Nachweis von Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit und möglichst ohne zusätzliche Kosten für den Zeitraum ohne Umsatzrückflüsse aus der Vermietung.
Möglichkeit der Vergabe einer NGA-Netzkonzession
Damit privatwirtschaftliche Investoren verstärkt in den Ausbau von passiven Anschlussnetzen investieren, ist Planungssicherheit erforderlich. Die Errichtung von mehreren parallel gebauten Infrastrukturen auf der Basis von Microduct-Leerrohren ist selbst in Ballungsgebieten dauerhaft nicht wirtschaftlich. Sofern kein privatwirtschaftliches Unternehmen den Ausbau übernimmt und es keine geeignete kommunale oder kreiseigene Betreiberinstitution gibt, die den Ausbau betreibt, könnte eine verbindliche Vergabe von Ausbauregionen an Infrastrukturbetreiber den notwendigen Investitionsanreiz schaffen. Dies könnte analog der Konzessionsvergabe für Versorgungsleistungen erfolgen und in Form einer vertraglichen Vereinbarung nach einer öffentlichen Ausschreibung geschlossen werden. Als Konzessionsgeber könnte z.B. der Kreis als Gebietskörperschaft auftreten oder ein Zusammenschluss von mehreren Kommunen (z.B. in Form eines Zweckverbands). Bei der Vergabe könnten z.B. Stadtwerke oder Regionalversorger bevorzugt werden, da diese aufgrund ihrer Kernaufgaben Synergien nutzen können und regional verankert sind.
Da eine Konzession für ein NGA-Anschlussnetz eine Einschränkung für das im Telekommunikationsgesetz verankerte Wegerecht und die Übertragung des Wegerechts an Netzbetreiber durch die Bundesnetzagentur darstellt, ist im Vorfeld zu prüfen, ob eine Konzession im bestehenden Rechtsrahmen überhaupt umsetzbar ist.
Schaffung eines Breitbandkompetenzzentrums
Ein entsprechend vorsorglicher Ausbau benötigt einen übergreifenden Netzplan („Masterplan“) und eine langjährige Koordination der Aktivitäten. In den meisten Fällen sind viele Beteiligte zu koordinieren: Tiefbauamt, Strom-, Gas-, Wasserversorger, Stadtwerke, Betreiber von Beleuchtung und Rundsteueranlagen sowie der Straßenbau. Zudem sollte ein regelmäßiger Kontakt zu den potenziellen Netzbetreibern gepflegt werden, damit der Netzaufbau später problemlos in Betrieb genommen werden kann.
Eine wichtige Aufgabe in jedem Breitbandprojekt ist die Gestaltung des auf die Rahmenbedingungen und Ziele der jeweiligen Ausbauregion am besten passenden Geschäftsmodells. Dabei ist zu beachten, dass die Umsetzung nur dann erfolgreich wird, wenn alle Wertschöpfungsstufen qualifiziert besetzt und die Schnittstellen zwischen den Wertschöpfungsstufen harmonisiert sind.
Andres als z.B. in Hessen ist die Einrichtung eines dauerhaften Breitbandkoordinators für Kreise und Kommunen in Nordrhein-Westfalen keineswegs selbstverständlich. Im Hinblick auf die zu erbringenden Aufgaben reicht dabei keine reine Aufgabenzuweisung. Ohne Zuweisung von Ressourcen wird sich kein Ergebnis erzielen lassen; für Mittelstädte sollte eine Teilzeitstelle allerdings ausreichen. Zur Schaffung dieser Funktion sollten konkrete Vorgaben die Kommunen unterstützen.
Im Hinblick auf die schwierige Haushaltslage vieler Kommunen sollte alternativ ein mit Personal und Ressourcen ausreichend ausgestattetes Breitbandkompetenzzentrum eingerichtet werden. Die Aktivitäten von Breitband.NRW reichen keinesfalls aus und das BreitbandConsulting.NRW kann (und darf) die im Namen enthaltene Beratungsfunktion heute über Erstgespräche hinaus nicht erfüllen. Dabei könnte Breitband.NRW als Nukleus für ein Breitbandkompetenzzentrum dienen, wenn ergänzend Kompetenzen in den Bereichen Technik, Rechtsfragen und zur Gestaltung von Geschäftsmodellen aufgebaut und mit entsprechenden personellen und finanziellen Ressourcen untermauert werden.
Neben dem Coaching von Breitbandbeauftragten in Kreisen und Kommunen sollte das Breitbandkompetenzzentrum Modellprojekte aktiv entwickeln und begleiten, wie es in Hessen und Niedersachsen erfolgreich funktioniert. Bei der Überarbeitung oder der Neufassung von beihilferechtlichen Rahmenbedingungen und Leitlinien muss bereits vor einer Verabschiedung eine Prüfung im Hinblick auf zu erwartende Auswirkungen erfolgen und durch entsprechende Vorschläge Einfluss genommen werden. Die während der operativen Arbeit wiederholt auftretenden rechtlichen Restriktionen sollten in Form von für alle Kommunen verbindlichen Regelungen beseitigt werden, z.B. in Form einer abstrakt generellen Notifikation. Für solche Vorgänge gibt es durchaus Vorbilder, z.B. in Hessen zur Ausweitung der Förderkulisse für die Grundversorgung auf alle Kommunen im Land oder die Regelungen für das Land Bayern zum NGA-Ausbau. Derzeit werden Kommunen mit ungeregelten Fällen weitgehend alleine gelassen und verzichten entweder auf die Umsetzung der Maßnahme, nehmen mögliche Risiken stillschweigend in Kauf oder suchen eigene Ausnahmeregelungen.
Zusätzlich zu den zentral erforderlichen Ressourcen sollten dem Breitbandkompetenzzentrum zugeordnete regionale Breitbandberater installiert werden, die auf regionaler bzw. lokaler Ebene mit den Breitbandbeauftragten der Kommunen und Kreise zusammenarbeiten. In Hessen und Bayern hat sich diese Konstellation durchaus bewährt, selbst in der Zusammenarbeit mit externen Planungsbüros.
Prüfung einer landeseigenen Infrastrukturgesellschaft
Der Aufbau von passiven Infrastrukturen für Glasfaseranschlussnetze (FTTB) ist nicht nur unter gesellschaftlichen Gesichtspunkten wünschenswert, er kann durchaus auch wirtschaftlich tragfähig sein. Das Beispiel der Aktivitäten der Deutschen Glasfaser GmbH in den Kreisen Borken, Coesfeld, Heinsberg und Viersen zeigt, dass Glasfaseranschlussnetze nicht nur für die Ballungsgebiete möglich sind. Als privatwirtschaftlich ausgerichtetes Unternehmen verfolgt die Deutsche Glasfaser eindeutige Renditeziele, die vermutlich vergleichbar sind mit denjenigen von Projektgesellschaften für Gewerbeimmobilien. Die Amortisationszeit dürfte dabei im Bereich von zehn bis 15 Jahren liegen. Insgesamt führen die Wirtschaftlichkeitsziele zur Anforderung einer Mindestvorvertragsquote von 40 % im betrachteten Ausbaugebiet. In anderen Regionen haben sich Versorgungsunternehmen auf den Weg gemacht, Steuernetze für Smart Grids und Glasfaserhausanschlüsse zusammen aufzubauen.
Aber nicht überall sind Stadtwerke vorhanden oder Investoren wie die Deutsche Glasfaser vorzufinden. In diesem Fall sollte das Land aktiv um geeignete Unternehmen werben, die bereit sind, z.B. nach dem Vorbild der Deutschen Glasfaser GmbH in den Aufbau von passiven NGA-Anschlussnetzen im ländlichen Raum zu investieren, oder im Zweifelsfall auch selber den Aufbau und Betrieb von Anschlussnetzen übernehmen. In Hessen ist eine Reihe von Kreisen mit entsprechenden Infrastrukturgesellschaften in Betrieb gegangen. Im Odenwaldkreis gäbe es vermutlich noch heute keine Breitbandinfrastruktur, wenn die kreiseigene Gesellschaft nicht aktiv geworden wäre. In NRW gibt es immer noch größere Gebiete, die weit unter einer Internet-Geschwindigkeit von 50 MBit/s liegen.
Anstelle einer landeseigenen Infrastrukturgesellschaft könnte die Entstehung von kreiseigenen Gesellschaften gefördert werden, wie dies in vielen Kreisen in Hessen geschieht. Der Odenwaldkreis ist ein Beispiel für einen erfolgreichen Ausbau in einer sehr ländlichen Struktur.