Industriegüter und -dienstleistungen auf Messen

Mit einem Stapel Kontaktdaten zurück zum Vertrieb

Von Harald Klein, Peter Schreiber & Partner

Messen spielen auch im Internet-Zeitalter im Marketing-Mix vieler Unternehmen eine wichtige Rolle. Das beweisen die Aussteller- und Besucherzahlen immer wieder. Doch mit jedem Messeauftritt sind für die ausstellenden Unternehmen hohe Kosten verbunden. Deshalb fragen sie sich vor solchen Branchen-Events wie der CeBIT oder der Hannover Messe oft: Wie können wir die Kosten-Nutzenrelation unseres Messeauftritts verbessern. Besonders dringlich stellt sich diese Frage den Herstellern erklärungsbedürftiger Industriegüter sowie Industriedienstleistern.

Industrie- und Technologieanbieter kämpfen bei der Präsentation ihrer meist technischen Produkte und Dienstleistungen auf Messen mit dem Problem, dass sie – anders als die Hersteller von Gebrauchsgütern – nicht selbstverständlich davon ausgehen können, dass sich der Nutzen und Mehrwert der Produkte den Besuchern von selbst erschließt. Er muss ihnen in der Regel erklärt werden.

Das Standpersonal spricht für die Produkte

Ein weiteres Problem liegt oft noch näher: Hersteller von erklärungsbedürftigen Gütern wie Computer- und Fertigungsanlagen können ihre Produkte auf Messen oft gar nicht präsentieren – zum Beispiel, weil sie zu groß sind, weil es sich um maßgeschneiderte Lösungen handelt oder weil sie nur Komponenten komplexer Anlagen sind.

Aus diesen Besonderheiten resultieren spezielle Anforderungen an das Standpersonal, denn wenn das Produkt nicht für sich spricht, dann müssen sozusagen die Standmitarbeiter für das Produkt sprechen: Sie müssen den Besuchern die Kompetenz ihres Unternehmens und den Nutzen seiner Produkte bzw. Leistungen so bildhaft vor Augen zu führen, dass die Interessenten zur Überzeugung gelangen: „Diese Leistung/dieses Produkt könnte mir einen Nutzen bieten.“ Oder im Idealfall: „Diese Leistung/dieses Produkt muss ich haben.“ Das ist vielen Standmitarbeitern aber nicht bewusst.

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Harald Klein arbeitet als Trainer und Berater für das auf den Vertrieb von Industriegütern und -dienstleistungen spezialisierte Trainings- und Beratungsunternehmen Peter Schreiber & Partner.


Peter Schreiber & Partner, Eisenbahnstraße 20/1, 74360 Ilsfeld-Auenstein, Tel.: 07062-9696-8, Fax: 07062-9696-3, zentrale@schreiber-training.de, www.schreiber-training.de

Herausforderung: Fremde Menschen kontaktieren

Die Praxis zeigt, dass selbst erfahrene Verkäufer auf dem für sie ungewohnten Terrain Messe oft recht hilflos agieren. Eine Ursache hierfür ist: Investitionsgüterverkäufer haben im Arbeitsalltag, wenn sie Kunden besuchen, meist einen Termin. Sie kennen zudem den Namen und die Funktion der Person, mit der sie ein Treffen vereinbart haben. Und in der Regel können sie auch den Bedarf ihres Gesprächspartners bzw. seines Unternehmens zumindest grob einschätzen – beispielsweise aufgrund der Vorgeschichte des Kunden oder der Vorgespräche. Also können sie sich auf das Treffen gezielt vorbereiten.

Anders ist das auf Messen. Hier müssen die Verkäufer auf Fremde zugehen. Sie müssen sich nach dem Bedarf von Personen erkundigen, von denen sie oft nicht einmal wissen, warum sie den Messestand aufgesucht haben und ob sie überhaupt Interesse an einem Gespräch haben.

Deshalb kämpfen sogar erfahrene Vertriebsmitarbeiter auf Messen oft mit ähnlichen mentalen Barrieren wie bei der telefonischen Kaltakquise. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie nicht wissen, wie sie am Messestand, wo viele Gespräche – wie bei einem Stehempfang – en passant geführt werden, Kunden ansprechen und sich nach ihrem Bedarf erkundigen sollen, ohne aufdringlich zu wirken. Dieses Thema wird in Messetrainings oft nicht ausreichend erörtert.

Serie: Messestandorte
Teil 1 geht gleich einmal die Schwergewichte an: Berlin und Hannover, wo IFA und Hannover Messe sich um Aussteller und Besucher bewerben. Und was wird aus der Cebit? Eine Vorschau auf die erste TWENTY2X sagt, was der Nachfolger zunächst vorhatte, ein Update schildert die Neuplanung 2021. Teil 2 blickt nach Bayern, wo die Nürnberger it-sa München ein ordentliches Stück vom IT-Kuchen weggeschnappt hat. In Augsburg könnte die Experience Additive Manufacturing etwas werden, und im Herbst stehen SPS und Heim+Handwerk an. Teil 3 setzt sich ins Auto und besucht die Messezentren Frankfurt am Main und Stuttgart, speziell die TechWeek im November. Teil 4 fährt weiter zur Westfalenhalle und sortiert die Messelandschaft in NRW. Österreich wiederum hat seinen Schwerpunkt klar in Wien, aber auch Innsbruck oder Salzburg bieten interessante Fachmessen und -kongresse. Die Maker Faires wiederum haben ihren Platz im Schwerpunktbeitrag zur Maker-Szene. Als Extras gibt es noch einen Ratgeber Messeplanung für die CES in Las Vegas und eine Analyse der Möglichkeiten virtueller Messen.

Ziel: Viele Kontakte mit Neukunden knüpfen

Noch wichtiger ist aber, den Standmitarbeitern im Vorfeld zu vermitteln, welche Ziele das Unternehmen mit dem Messeauftritt verfolgt. Oft hat man als Messebesucher den Eindruck, dass die Standmitarbeiter überhaupt nicht wissen, warum ihr Unternehmen auf der Messe ist und welche Teilziele im Marketing– und Vertriebsprozess es damit verfolgt. Also ist ihnen auch nicht klar, was ihre Aufgabe und Funktion auf der Messe ist. Die Folge: Gerade die Verkaufsprofis unter ihnen sind nach ein, zwei Messetagen häufig frustriert. Denn sie gewinnen den Eindruck: „Das bringt nichts! Hier werden nur unverbindliche Gespräche mit irgendwelchen x-beliebigen Menschen geführt.“ Entsprechend unmotiviert stehen sie in der Ecke.

Den Verkäufern ist dann nicht ausreichend bewusst, dass es nicht die zentrale Funktion von Messen ist, irgendwelche (meist im Vorfeld ausgehandelten) Kontrakte unter Dach und Fach zu bringen. Das Ziel lautet vielmehr: mit potenziellen Neukunden in Kontakt zu kommen und mit ihnen erste zarte Bande zu knüpfen, die nach der Messe zu Kundenbeziehungen ausgebaut werden können.

Planung: Konkrete Aufgaben ableiten

Diesen Punkt sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern bei der Messevorbereitung stärker ins Bewusstsein rufen – gerade weil sich bei komplexen Industriegütern und -dienstleistungen der Verkaufsprozess oft über Monate, teils sogar Jahre erstreckt. Deshalb ist für die (Stand-)Mitarbeiter meist nicht erkennbar, welchen Beitrag sie mit ihrer Arbeit auf der Messe zum Gelingen des Gesamtprozesses leisten.

Weil ihnen dies nicht bewusst ist, ist den Mitarbeitern auch nicht klar, was ihre zentralen Aufgaben auf Messen sind. Sie lauten:

  • Kontakte mit möglichst vielen potenziellen (Neu-)Kunden anbahnen,
  • Interesse an den Produkten bzw. Dienstleistungen des Unternehmens wecken und schüren,
  • relevante Besucher- bzw. Interessentendaten sammeln und
  • diese Daten so dokumentieren, dass der Vertrieb aus den Interessenten nach der Messe mit einer hohen Wahrscheinlichkeit Kunden machen kann.

Sind den Standmitarbeitern ihre Messeaufgaben nicht bewusst, zeigen sie oft ein Verhalten, das den Messezielen widerspricht. Entsprechend wichtig ist es, den Mitarbeitern im Vorfeld von Messen nachdrücklich den Zusammenhang zwischen ihrer Tätigkeit und den Zielen zu erläutern. Denn nur wenn die als Standmitarbeiter eingesetzten Verkäufer wissen, welche Ziele ihr Unternehmen auf der Messe verfolgt, können sie auch die Bedeutung ihrer Aufgaben vor Ort richtig einschätzen. Also agieren sie auch nur dann am Stand zielgerichtet und motiviert.

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