Intelligenter Handarbeitsplatz

Flexibilität heißt die richtige Montagestrategie

Von Dagmar Dübbelde, Deprag Schulz GmbH u. Co.

Im Zeichen von Industrie 4.0 ist die Fertigung zunehmend von niedrigen Stückzahlen, kurzen Lieferfristen und flexiblen Lagern geprägt. Voraussetzung dafür sind abgestimmte Systeme, die reibungslos miteinander kommunizieren. Die klassische Vollautomation kann diesen Anforderungen in vielen Fällen nicht genügen. Gefragt sind daher zunehmend „intelligente Handarbeitsplätze“.

Neuprodukt in drei Baureihen

Peter Smith, Fertigungsplaner eines namhaften Herstellers von Heizungssteuergeräten beschreibt seine Situation:

„Unsere Heizungssteuergeräte gibt es – je nach Typ und Heizungsanlagengröße in den verschiedensten Ausführungen. Mit der Produkteinführung unserer neuen Steuergeräte starten wir zunächst mit drei verschiedenen Baureihen – unserer HCU25, HCU50 und HCU100. Bei der Markteinführung unserer neuen Gerätebaureihen können wir die zu erwartende Stückzahl noch nicht genau abschätzen. Aber auch wie sich die Stückzahlen der einzelnen Varianten zueinander entwickeln, ist schwer planbar. Gerade deshalb benötigen wir hoch flexible Montageeinrichtungen. Idealerweise lässt sich die Montage auf die verschiedenen Produktvarianten einfach, prozesssicher und wirtschaftlich umstellen. Allerdings gelten bei unserer HCU-Montage, wie bei allen elektronischen Bauteilen, höchste Anforderungen an die Prozesssicherheit. Die Reihenfolge der Verschraubung muss sichergestellt und einzelne Prozessschritte müssen dokumentiert und in unser Fertigungsmanagementsystem (MES) eingebunden werden.“

Diese hohen Anforderungen an Prozesssicherheit und Dokumentation sprechen eigentlich für eine automatische Lösung, die Risiken durch menschliche Fehler ausschließt. Die notwendige flexible Anpassung an die verschiedenen Produktvarianten dagegen spricht für eine flexible werkergeführte semiautomatische Montagelösung. „Dabei gibt es viele Möglichkeiten, diese Montageaufgabe anzugehen“, führt Jürgen Hierold, Vertriebsleiter der DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO.] aus. „In diesem Fall würde ich eine flexibel ausbaufähige Montagestrecke mit intelligenten Handarbeitsplätzen empfehlen.“

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Die DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. mit Firmensitz im bayerisch-oberpfälzischen Amberg ist ein mittelständischer Automatisierungsexperte mit ca. 600 Mitarbeitern in über 50 Ländern weltweit. Nicht nur als kompetenter Fullservice-Anbieter in den Sparten Schraubtechnik, Zuführtechnik, Steuerungs- und Messtechnik hat die DEPRAG einen guten Namen – der Maschinenbauer führt seine Produkte auch zu komplexen teil- oder vollautomatisierten Montageanlagen zusammen. Vom ersten Beratungsgespräch bis zum Service nach erfolgter Auslieferung und der zugehörigen Wartung der Anlage liegt alles in einer Hand.


DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO., Carl-Schulz-Platz 1, 92224 Amberg, Tel. 09621-371-0, Fax: 09621-371-199, info@deprag.de, www.deprag.com

Intelligenter Handarbeitsplatz

Bei einem intelligenten Handarbeitsplatz ist die Prozesssicherheit genauso gewährleistet, wie bei einer automatischen Montageanlage. Bei steigender Nachfrage nach einer HCU-Variante können diese Arbeitsplätze zu halbautomatischen oder vollautomatischen Produktionslinien ausgebaut werden.

Die Spezialisten der DEPRAG SCHULZ GMBH u. CO. beschäftigen sich seit Jahrzehnten mit den komplexen Anforderungen an eine prozesssichere Schraubmontage und bieten ein umfangreiches Programm an ausgeklügelten Standardmodulen, mit denen sich Handarbeitsplätze prozesssicher, wirtschaftlich und ergonomisch gestalten lassen.

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Intelligenter Handarbeitsplatz (Bild: DEPRAG)

Prozesssicherheit

Der Aufbau des Handarbeitsplatzes ist dabei bis in jede Einzelheit durchdacht und auf die benötigte Prozess­sicherheit ausgelegt. Jürgen Hierold führt aus:

„Besonders wichtig ist, bereits im Vorfeld die An­forderungen an die Prozess­sicherheit zu definieren. Die Prozess­sicherheit basiert auf der zu­verlässigen Wieder­hol­barkeit der ein­zelnen Prozess­schritte und -parameter inner­halb vorge­gebener Toleranzen. Die Größe der Toleranz­fenster der einge­setzten Einzel­komponenten bestimmt dabei die Qualitätsstufe.“

Legt man die Anforderung und Lösungen für die Prozesssicherheit während des gesamten Montagevorgangs in allen Details fest und dokumentiert diese, werden Fehler bei der Konzeptfindung ausgeschlossen. Solche Fehler lassen sich im Nachhinein nur schwer und mit hohem Aufwand korrigieren.

Flexibilität

Auch die von Herrn Smith geforderte Flexibilität kann verschiedene Prozessinhalte betreffen. Bei der Planung muss also zunächst einmal die Art der geforderten Flexibilität genau definiert werden. Betrifft der Wunsch nach Flexibilität den Prozessablauf? Wie oft muss umgerüstet werden? Wie sieht die Produktlebensdauer aus? Was soll mit dem Handarbeitsplatz passieren, wenn das Produkt ausläuft? Wie oft sind Anpassungen der Produktionszahlen zu erwarten und müssen alle drei Baureihen an einem Handarbeitsplatz montiert werden? Die DEPRAG hält für jede dieser Fragen eine Antwort bereit.

Wichtig ist, die Fragen zum richtigen Zeitpunkt zu stellen. Ein Beispiel: Eine verknüpfte Schraubenzuführtechnik gibt verschiedene Schraubentypen an ein Schraubwerkzeug ab. Dies wird über ein Schrauberpositionsportal zielgerichtet gesteuert: Die XY-Koordinaten der Schraubstelle werden über das Portal erkannt, mit den Zuführsystemen und der Schraubsteuerung wird kommuniziert und das notwendige Verbindungselement sowie dessen Schraubparameter werden ausgewählt. So können an einem Handarbeitsplatz alle Baureihen HCU25 mit Schrauben M3 × 8, HCU50 mit Schrauben M3 × 10 und HCU100 mit Schrauben M4 × 12 prozesssicher montiert werden. Es stehen immer die richtigen Schrauben bereit und diese werden mit dem entsprechenden Drehmoment sicher verarbeitet.

Auch die Smith-Forderung, die Schraubreihenfolge sicherzustellen, wird mit dem Positionskontrollportal erfüllt. Befindet sich der Schrauber über der falschen Schraubstelle, lässt er sich nicht starten. Eine Verschraubung erfolgt nur dann, wenn der richtige Ablauf eingehalten wird.

Mit Hilfe von Wechselaufnahmen kann die Montage flexibel auf die verschiedenen Baugrößen der HCU25, HCU50 und HCU100 umgestellt werden. Die Werkstückaufnahmen sind mit integrierter Sensorik ausgestattet und kommunizieren mit der übergeordneten Steuerung.

Jürgen Hierold erläutert:

„Bei der Montage der HCU für unseren Kunden lagen besonders enge Toleranzfelder vor und die Qualitätsanforderungen waren sehr hoch. Ein Baustein, diese Anforderungen zu erfüllen, liegt in der Auswahl der geeigneten Schraubtechnik.“

Schraubtechnik

Elektronische, frei programmierbare Schraubwerkzeuge erlauben die Auswertung der Schraubparameter, statistische Berechnungen, eine Betriebsdatenerfassung (BDE), die Einbindung in Fertigungsmanagementsysteme (MES) sowie Dokumentation und Archivierung der Montageergebnisse. Die hohe Prozesssicherheit während der einzelnen Schritte der Montage gewährleisten Arbeitsplatzkomponenten, die gezielt auf diese Anforderungen hin konzipiert wurden. Alle Anlagenteile müssen aufeinander abgestimmt sein, miteinander interagieren und kommunizieren. Neben bewährten hochwertigen Schraubwerkzeugen sind Schrauben- und Teilezuführgeräte, Schrauberpositionssysteme zur prozesssicheren Bedienerführung, Schrauber- und Ablaufsteuerungen mit entsprechender Software, Teileaufnahmen und Positioniervorrichtungen aufeinander abzustimmen.

Ergonomie

Nur ein Handarbeitsplatz, der die Bedürfnisse des Menschen von vornherein mit einbezieht, gewährleistet eine optimale Produktion. Unter dem Stichwort Ergonomie setzt die DEPRAG auf eine Reihe von Lösungen, die bei der Ausstattung des bedienerfreundlichen Arbeitsplatzes eine Rolle spielen. Im Fokus stehen das ermüdungsfreie und prozesssichere Arbeiten, die Sicherheit am Arbeitsplatz, das bedienerfreundliche Agieren, die klare Anzeige sowie Auswertung und Behebung von Prozessdaten oder Fehlern. Dazu kommen ein optimaler Materialfluss sowie – auch das ist sehr wichtig – die ergonomische Form z.B. des Schraubwerkzeugs. Aber auch das entsprechend konstruierte HMI (Human Machine Interface, Mensch-Maschine-Schnittstelle) mit benutzerfreundlicher Hardware und leicht verständlicher Software und dazu eine optimale Visualisierung erhöhen die wichtige Akzeptanz des Arbeitsumfelds durch den Bediener. Nur wer gern arbeitet, tut es auch gut.

Technische Sauberkeit

Bei der Montage der hochempfindlichen Leiterplatinen für die HCU-Baureihen am intelligenten Handarbeitsplatz werden die elektronischen Komponenten durch gezieltes Abführen elektrischer Ladungen geschützt. Die ESD-fähigen (Electrostatic Discharge, Elektrostatische Entladung) DEPRAG-Lösungen tun dies durchgängig (über alle Komponenten des Handarbeitsplatzes), messbar und für den Endabnehmer nachweisbar.

Die gleiche Sorgfalt gilt bei der Technischen Sauberkeit. Denn Schmutzpartikel zerstören empfindliche Bauteile. Sie können bei der Zuführung von Verbindungselementen entstehen oder beim Schraubvorgang selbst. Zuführsysteme ohne Vibration sowie Zustellung und Montage der Verbindungselemente mit Vakuumabsaugung oder Partikelfänger minimieren die Gefahr durch Schmutzteilchen. Die Forderung nach Technischer Sauberkeit und ESD-Fähigkeit muss durchgängig durch alle Einzelkomponenten der Anlage realisiert werden. Da ist es von Vorteil, wenn alle Bausteine zusammenpassen.

Fazit: Klare Anforderungen, flexible Lösung

Das Pflichtenheft des Steuergeräteherstellers war umfangreich und scharf formuliert. Das erwies sich letztlich als Vorteil. So nämlich war im Ergebnis auch sofort klar, dass die vorgelegte DEPRAG-Lösung den Anforderungen genau entspricht: „Die Zusammenarbeit mit der DEPRAG hat uns überzeugt“, sagt Smith. „Alle unsere technischen Anforderungen konnten innerhalb kürzester Zeit mit bereits vorhandenen Standardkomponenten, die bereits aufeinander abgestimmt waren, realisiert werden. Und was für uns auch wichtig ist: Alle Anlagenkomponenten erhalte ich aus einer Hand. Wenn sich die Stückzahlen erhöhen, können wir unsere Montagelinie flexibel erweitern.“

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