Für unternehmenswichtige Web-Anwendungen
Von Patrick Pulvermüller, Geschäftsführer Host Europe
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Komplexe Internet-Anwendungen lassen sich entweder autonom im eigenen Rechenzentrum betreiben, in Eigenregie bei einem Co-Location-Anbieter oder seit neuestem auch im Managed Hosting. Entscheider, die für das Geschäft unternehmenskritische Internet-Anwendungen laufen haben, sollten die Grenzen sowie die Vor- und Nachteile der einzelnen Lösungen kennen.
Eigenbetrieb
Beim Eigenbetrieb hat der Betreiber alle Freiheiten, aber auch die gesamte Verantwortung für den reibungslosen Betrieb. Er ist für alles verantwortlich und muss sich um alles kümmern: angefangen von der Stromversorgung über die Garantieverträge für die Hardwarelieferanten bis hin zu den Sicherheitsvorrichtungen. Wer eine entsprechend hohe Verfügbarkeit seiner Internet-Anbindung benötigt, sollte daran denken, dass eine redundante Internet-Anbindung ebenso mit mit hohen Kosten verbunden ist wie die Absicherung gegen Stromschwankungen und Stromausfall. Überdies sollten Prozesse und Eskalationspläne für Feuer, Strom- und Hardwareausfall sowie eine Zugangssicherung vorhanden sein. Und nicht zu vergessen: Auch das Support- und Servicepersonal muss rund um die Uhr vorgehalten und bezahlt werden.
Co-Location
Co-Location (auch Serverhousing) bezeichnet die Unterbringung und Netzanbindung der eigenen Hardware im Rechenzentrum eines Dienstleisters. Der Co-Location-Anbieter organisiert und verantwortet den reibungslosen Betrieb des Rechenzentrums und der Infrastruktur. Dazu gehören neben der Anbindung an das Internet auch die komplette Infrastruktur mit Klimatisierung, unterbrechungsfreier Stromversorgung (USV), Gaslöschanlage und Zugangssicherung.
Patrick Pulvermüller ist seit 2001 Geschäftsführer der Host Europe GmbH, die mit über 200.000 Unternehmens- und Privatkunden drittgrößter Hosting-Anbieter im deutschsprachigen Markt ist. Pulvermüller war maßgeblich an Konzeption und Bau des „grünen“ Rechenzentrums von Host Europe in Köln beteiligt, welches bei gleicher Leistung 30 % weniger Energie verbraucht als ein Rechenzentrum herkömmlicher Bauweise und komplett mit umweltfreundlich gewonnenem Strom betrieben wird.
Es gibt jedoch auch Nachteile: So sind z.B. ein Monitoring und ein Support der Anwendung durch den Dienstleister nicht oder nur kaum möglich, weil nur der Betreiber selbst seine Anwendung kennt.
Managed Hosting
Unter Managed Hosting versteht man das Mieten der Internet-Infrastruktur – samt Servern, Betriebssystem und Datenbanken –, die vom Dienstleister auch in einem bestimmten Umfang betrieben wird. Der Dienstleister administriert die Infrastruktur rund um die Uhr und garantiert den Austausch von defekter Hardware.
Allerdings kann der Kunde seinen Internet-Dienst nur auf der angebotenen Hardware und der unterstützten Systemsoftware realisieren, was eine geringere Flexibilität zur Folge hat.
Optionen im Vergleich
Verantwortlich für | Betreiber | Dienstleister | Betreiber | Dienstleister | Betreiber | Dienstleister |
Internet-Anbindung | ||||||
Rechenzentrum | ||||||
Hardware | ||||||
Betriebssystem | ||||||
Middleware/Datenbank | ||||||
Applikation |
Unternehmenskritische Infrastrukturen
Der Eigenbetrieb von Internet-Applikationen ist nur noch für Großunternehmen und Konzerne interessant, die ohnehin schon eigene Rechenzentren und eigenes Personal unterhalten. Co-Location ist zumindest für mittelständische und kleinere Unternehmen eine Alternative, die sich selbst intensiv um ihre Anwendung kümmern können, und die bereit sind, auf maximale Verfügbarkeit zugunsten niedrigerer Kosten zu verzichten. Wer unternehmenskritische Internet-Anwendungen betreibt, die möglichst zu 100 % verfügbar sind, der sollte sich für Managed Hosting entscheiden.
Bei Managed Hosting garantiert der Dienstleister das Funktionieren der gesamten Infrastruktur einschließlich Betriebssystem – und das zu Preisen, die wesentlich unter den eigenen Kosten für vergleichbare Leistungen liegen. Das spart bares Geld, und der Betreiber kann sich auf seine eigentliche Kernkompetenz fokussieren.
Fazit: Ausdifferenzierte Kompetenzen
Für den Unternehmenserfolg relevantes Wissen im eigenen Betrieb vorzuhalten, ist Teil jeder vernünftigen Firmenstrategie – und doch baut kaum eine Firma ihre Telefone selbst. Wir haben gelernt, uns zu spezialisieren und uns im Markt mit unseren Produkten und Dienstleistungen zu differenzieren. Rechenzentrumsbetrieb und Systemmangement hat sich mit dem Vordringen des Internets in unseren Berufsalltag von der individuellen Dienstleistung zum Standardprodukt entwickelt.
Entsprechend gibt es für die allermeisten Unternehmen keine „strategischen Gründe“ mehr, ihre Server im eigenen Gebäude zu betreiben. Hinzu kommt: Die zahlreichen Anbieter mit ihren unterschiedlichen Angeboten sind Beleg für einen funktionierenden Markt, der die Käufer davor schützt, sich mit der Entscheidung zur Auslagerung dauerhaft zu überhöhten Preisen in die Abhängigkeit eines einzelnen Anbieters zu begeben.
Checkliste für Entscheider
Die nachfolgende Gegenüberstellung zentraler Kriterien will die grundsätzliche Entscheidung zwischen Eigenbetrieb und Outsourcing erleichtern.
Redundante Internet-Anbindung mit ausreichender Bandbreite ist bereits vorhanden. | Der Betreiber hat noch keine entsprechende Internet-Anbindung angemietet. | Der Betreiber hat noch keine entsprechende Internet-Anbindung angemietet. |
Es sind ausreichend Platz und Strom im eigenen Rechenzentrum vorhanden. | Der Betreiber hat kein Rechenzentrum oder keine Kapazitäten im eigenen Rechenzentrum. | Der Betreiber hat kein Rechenzentrum oder keine Kapazitäten im eigenen Rechenzentrum. |
Das eigene Rechenzentrum verfügt über redundante Klima- und USV-Anlage. | Der Betreiber verfügt nicht über redundante Klima- und USV-Anlage. | Der Betreiber verfügt nicht über redundante Klima- und USV-Anlage. |
Der Betreiber verfügt über Feuerschutz. | Der Betreiber hat keinen ausreichenden Feuerschutz. | Der Betreiber hat keinen ausreichenden Feuerschutz. |
Geeignete Serverhardware ist bereits vorhanden. | Geeignete Serverhardware ist bereits vorhanden. | Der Betreiber besitzt noch keine geeignete Serverhardware. |
Ausreichend eigenes technisches Personal für Implementierung und Support (24/7-Rufbereitschaft) ist vorhanden. | Ausreichend eigenes technisches Personal für Implementierung und Support (24/7-Rufbereitschaft) ist vorhanden. | Es ist kein bzw. kaum eigenes technisches Personal für den Betrieb vorhanden bzw. verfügbar. |
Der Betreiber hat eigenes Know-how für den Rechenzentrumsbetrieb. | Der Betreiber hat eigenes Know-how für den Rechenzentrumsbetrieb. | Der Betreiber verfügt nicht über eigenes Know-how für den Betrieb eines Rechenzentrums. |