Arbeit, die ich wirklich will
Lucia Falkenberg, eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.
Unsere Arbeitswelt befindet sich mitten in einem digitalen Strukturwandel – und mit den technischen Möglichkeiten wachsen auch die Anforderungen an die Mitarbeiter rasant. Die Generation der 18- bis 34-Jährigen ist einer der wesentlichen Treiber der industriellen Revolution 4.0, denn in dieser – gerne auch Generation Y oder Millennials genannten – Bevölkerungsgruppe steigern digitale Arbeitskonzepte die allgemeine Jobzufriedenheit. Zumindest lassen sich so die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. und des internationalen Markt- und Meinungsforschungsinstituts YouGov zusammenfassen.
Die Umfrage zeigt: Fast die Hälfte der jüngeren Generation (47 %) hat in den letzten drei Jahren wahrgenommen, wie sich ihre Arbeitsbedingungen durch die Digitalisierung verändern. Bei den Über-44-Jährigen stellt hingegen nur jeder Dritte (31 %) einen solchen Trend am eigenen Arbeitsplatz fest. Diejenigen jedoch, die Veränderungen durch die Digitalisierung am Arbeitsplatz spüren, bewerten diese mehrheitlich (rund 65 %) als positiv. Vor allem Jüngere entscheiden sich bei der Jobwahl vermehrt für Unternehmen, die entsprechende Arbeitsmodelle in ihrer Unternehmensphilosophie verinnerlicht haben.
Fliegende Wechsel
Mit fortschreitender Digitalisierung werden zukünftig immer mehr Routinearbeiten an Algorithmen ausgelagert, selbst im Büro. Früher haben wir vor allem körperlich anstrengende Arbeiten an Maschinen abgegeben, heute lassen wir sie mitdenken. Das wird viele Jobs verändern, aber nicht zwangsläufig ersetzen. So wird es möglicherweise bald üblich sein, Routinemails von digitalen Assistenten sortieren und beantworten zu lassen. Aber auch die Algorithmen kennen Grenzen. Die Beschäftigten müssen deshalb vermehrt hochkomplexe und schwer automatisierbare Aufgaben übernehmen, was auf der anderen Seite dann mehr Zeit für kreative, sinnstiftende und soziale Tätigkeiten schafft.
In der neuen Arbeitswelt zählen daher insbesondere menschliche Schlüsselqualifikationen wie Kreativität, Empathie und nichtlineares Denken. Die Arbeitsplätze und Aufgaben verändern sich rasend schnell: Wenn Menschen, Maschinen, Anlagen, Logistik und Produkte miteinander kommunizieren und kooperieren, dann verlangt die Dynamik der Veränderungsprozesse immer stärker nach entsprechenden Weiterbildungen, Umschulungen oder betrieblichen Fortbildungen.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazinreihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Überblick mit Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Ängste davor, neue Technologien könnten Jobs überflüssig machen, gab es schon immer. Bislang haben die sich aber stets als falsch erwiesen. Und wie immer werden durch neue Technologien auch neue Jobs entstehen. Wenn Algorithmen uns als Assistenten unterstützen, beispielsweise als Ärzte bei der Erstellung von Diagnosen, und Fußballspielberichte, Wettermeldungen oder Börsentexte von Computern verfasst werden, dann entstehen auf der anderen Seite neue Arbeitsplätze, von denen wir uns heute großteils noch keine Vorstellung machen können – dies hat uns die Geschichte der Industrialisierung gelehrt. Die Mehrheit der Jobs, in denen wir im Jahr 2035 arbeiten, kennen wir noch gar nicht, schätzen Experten.
Neue Unternehmenskultur
Ein bedeutender Aspekt für die jüngere Generation ist die Vereinbarkeit von Freizeit und Beruf. Die Digitalisierung ermöglicht eine ausgewogene Work-Life-Balance heute besser als noch in der Generation zuvor – das denkt laut eco-Umfrage der Großteil (44 %) der Befragten im Alter zwischen 18 und 34 Jahren. Zu den großen Herausforderungen des aktuellen digitalen Strukturwandels gehört es nämlich auch, die Beschäftigten vor unzumutbarer Arbeitsverdichtung und Stress im Job zu schützen. Doch statt mit immer mehr Vorschriften und gesetzlichen Regelungen gelingt uns das am besten mithilfe eines Wandels der Arbeitskultur in den Unternehmen. Denn dem Erfolg der Digitalisierung in der Arbeit 4.0 liegt eine Haltung zugrunde, die den Mitarbeitern Wertschätzung entgegenbringt und Führung auf Augenhöhe voraussetzt. Dazu gehören auch zukunftsweisende und sinnstiftende Arbeitskonzepte, die das Wohlergehen und die Gesundheit der Mitarbeiter berücksichtigen.
New Work zieht junge Talente an
Unternehmen müssen sich auf die Digitalisierung einstellen, um auch noch in zehn Jahren bestehen zu können. Jedes Unternehmen, das nachhaltig erfolgreich sein will, muss Prozesse entsprechend umstellen und seine Mitarbeiter schulen. In immer mehr Unternehmen erreichen durch die Digitalisierung angestoßene New-Work-Konzepte die Mitarbeiter. Firmen, die hierfür Offenheit zeigen, sind für junge Talente attraktiver und können diese länger ans eigene Unternehmen binden. Arbeitgeber, die den Wandel der Arbeit mittragen und eine neue Arbeitskultur schaffen, profitieren von zufriedeneren Mitarbeitern und sichern damit den Unternehmenserfolg.
Das prägt auch die heutigen Karrieremodelle. Die verlaufen immer seltener linear und verlangen ständige Weiterqualifikation. Wenn Führungskräfte und Mitarbeiter die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens erkennen, dann schaffen sie eine lernende Organisation – also ein Unternehmen, das Mitarbeitern persönliche Weiterentwicklung ermöglicht. Das ist ein wichtiges Element einer Strategie, die auf Corporate Social Responsibility (CSR) aufbaut. Unternehmen wirtschaften damit nicht nur nachhaltiger, sondern steigern auf diese Weise auch ihre Wettbewerbsfähigkeit.
CSR – ein unterschätzter Wettbewerbsfaktor
Insbesondere die Generation Y fühlt sich von sozialem Engagement im Unternehmen angesprochen. Eine Umfrage unter mehr als 1100 Studenten und Absolventen zu ihren Auswahlkriterien für den Wunscharbeitgeber belegt: Flexible Arbeitszeiten stehen bei Young Professionals und Studenten mit 81 % ganz oben auf der Liste. Danach folgen Gesundheitsförderung (70 %) und Kinderbetreuung (67 %). Auch das Arbeitsklima (63 %) spielt für die angehenden Mitarbeiter eine bedeutende Rolle bei der Wahl des Arbeitgebers.
Während viele große Konzerne entsprechende CSR-Strategien umsetzen, ist das Thema bei vielen Mittelständlern in Deutschland allerdings noch nicht sehr präsent. Etliche Unternehmen investieren zwar eine Menge Geld in Employer Branding, um junge Talente anzuziehen. Ohne die Einbeziehung einer zielgruppenorientierten CSR-Strategie gehen jedoch viele Maßnahmen an den anvisierten Bewerbern vorbei. Und das ist auch bei Beschäftigten, die bereits für die Firma gewonnen wurden, riskant: Insbesondere jüngere Mitarbeiter binden sich nicht gerne langfristig an ein und dasselbe Unternehmen – erst recht nicht, wenn sie unzufrieden sind.
Da will ich hin!
Die Menschen bevorzugen Arbeitsumfelder, die Familie und Beruf vereinbar machen und eine sichere Zukunftsperspektive bieten. Deshalb haben Arbeitgeber, die ihre Mitarbeiter beispielsweise bei Familienaufgaben oder Kinderbetreuung unterstützen, auf dem Arbeitsmarkt deutlich die Nase vorn. Diversity, Inklusion, Maßnahmen zu Ausbildung und Personalentwicklung, Sportförderung und gesellschaftliches Engagement sind Angebote, die junge, aber auch erfahrene Arbeitnehmer schätzen. Doch um Bewerber wirklich zu überzeugen, brauchen Unternehmen eine nachhaltige Philosophie, die sie auch selbst authentisch vorleben, denn Mitarbeiter und Bewerber merken schnell, wenn CSR nur ein Lippenbekenntnis ist. New Work bedeutet eben auch, ein neues faires Verhältnis zwischen Unternehmen, Beschäftigten und den gemeinsamen Zielen zu etablieren.