Feuerwehrübung in der Cloud
Von Süleyman Karaman, Colt Technology Services
Im Mai 1842 wütete ein Feuer in Hamburg. Die Flammen zerstörten Häuser, Kirchen und Speicher. Das Feuer verwüstete mehr als ein Viertel des damaligen Stadtgebietes. Seitdem hat sich bei dem Thema Brandschutz viel geändert, nicht zuletzt durch die Digitalisierung.
Das Unternehmen hhpberlin etwa wurde im Jahr 2000 mit zehn Mitarbeitern gegründet; heute hat es über 180 Mitarbeiter. Stefan Truthän, geschäftsführender Gesellschafter, ist überzeugt, dass nur eine konsequente Digitalisierung und die Zusammenarbeit mit Partnern, die ihn dabei unterstützt haben, dieses Wachstum möglich gemacht hat: „Wir glauben fest daran, dass Technologie ein wichtiger Produktionsfaktor ist. Wir haben viel Geld investiert und bieten unseren Ingenieuren die besten digitalen Arbeitsplätze, die es gibt. Damit können wir mehr Ideen umsetzen und Kunden und Projekte besser betreuen.“
Die digitale Infrastruktur verbindet alle Mitarbeiter mit dem Hauptstandort in Berlin, egal wo auf der Welt sie leben oder arbeiten. Das hat das Geschäftsmodell des Unternehmens verändert. „Dank der Anbindung in die Cloud ist es einfacher, unser Wissen zu exportieren. Und das ist erst der Anfang des Brandschutzes als wissensbasierten Geschäfts.“
Rechenleistung auf Abruf
Auf Basis einer vorhandenen Open-Source-Lösung hat hhpberlin eine Cloud-Plattform entwickelt. Dort werden unter anderem Brände simuliert. Die Ergebnisse der Berechnungen sind so detailliert und umfassend, dass eine 15-minütige Simulation bis zu fünf Wochen Entwicklungszeit in Anspruch nimmt. Mehrere Simulationen konnten im eigenen Rechenzentrum gar nicht gleichzeitig laufen. Falls Kunden mehrere Simulationen benötigten – und das ist die Regel –, wurde die Zeit oft knapp. Deshalb entschied sich hhpberlin für Rechenleistung aus der Cloud und für Microsoft Azure.
hhpberlin ist eines der erfolgreichsten europäischen Brandschutzunternehmen; es hat unter anderem den Brandschutz des Bundeskanzleramts konzipiert und realisiert, für die National Assembly Hall in Hanoi und das Pudong Museum in Schanghai. hhpberlin ist auf der ganzen Welt aktiv. Seit der Gründung wächst es ständig. Möglich ist das nur durch eine konsequente Digitalisierung und die Verlagerung der kompletten Organisationsstruktur in die Cloud. Auf der Plattform one bietet hhpberlin smarte Tools für die Smart Cities der Zukunft – digitale Werkzeuge, die die Arbeit von Rettungskräften, Fachplanern und Behörden erheblich verbessern können.
hhpberlin, Ingenieure für Brandschutz GmbH, Rotherstr. 19, 10245 Berlin, Tel.: 030-8959550, email@hhpberlin.de, www.hhpberlin.de
Doch die Auswahl eines Cloud-Anbieters war nur der erste Schritt. Eine weitere Herausforderung war es, einen dedizierten Zugang zur Cloud zu bekommen. „hhpberlin hat erkannt, dass die Cloud hervorragend für das geeignet ist, was das Unternehmen braucht; nämlich enorme Rechenleistung auf Abruf. Aber hhpberlin war auch bewusst, dass die benötigte Leistung und Zuverlässigkeit über das Internet nicht zu bekommen ist“, sagt Gary Moore, Business Development Director for Cloud Connectivity bei Colt Technology Services. Die Lösung: ein dedizierter Zugang in die Cloud über ExpressRoute. Das ist ein Service, den Unternehmen nutzen, um private Verbindungen zwischen Microsoft-Rechenzentren und lokalen oder externen Umgebungen herzustellen. Das öffentliche Internet und damit Latenzprobleme oder Geschwindigkeitsengpässe werden dadurch vollständig umgangen. Damit hatte hhpberlin eine Alternative zu den bisher begrenzten Rechenkapazitäten gefunden.
Die Cloud-gestützten Simulationen von hhpberlin bilden sowohl Brände als auch die entsprechende Rauchausbreitung in Gebäuden detailgetreu und realitätsnah ab. (Bild: hhpberlin)
Schneller, klüger und besser
Stefan Truthän berichtet: „Wir führen unsere Simulationen jetzt in der Cloud aus und sind damit schneller, klüger und besser. Es ist eine komplett neue Art zu arbeiten.“ Einer der größten Vorteile des Wechsels von der lokalen Lösung hin zu Azure und zum Dedicated Cloud Access von Colt ist die Möglichkeit, beliebig viele Simulationen gleichzeitig laufen zu lassen. Die zusätzliche Rechenkraft macht die Ergebnisse auch besser. „Die Cloud hilft uns, komplexere Simulationen zu erstellen und bessere Entscheidungen zu treffen“, sagt Stefan Truthän. Nun lässt sich Rechnerleistung in großem Maßstab nach oben skalieren. Das hat Auswirkungen auf Produkte und Dienstleistungen. Wenn die Zahl der Simulationen exponentiell steigen kann, gilt das natürlich auch für die Zahl der Kunden.
Das eröffnet hhpberlin einen neuen Markt. Jetzt können Lösungen auch an Dritte lizenziert werden. Simulationen aus Berlin könnten verwendet werden, um einen Wolkenkratzer in Malaysia oder einen Bahnhof in Russland zu bauen. „Durch die Cloud ist unsere Simulation auch demokratischer geworden. Nun kann jeder Brandschutzingenieur unser Programm direkt nutzen, ohne dass er ein Computerfachmann sein muss. Das vergrößert unseren Markt dramatisch“, sagt Stefan Truthän. Sein Unternehmen muss nicht mehr in teure Hardware investieren, kann auf Anfragen flexibler reagieren und einen erweiterten Service anbieten.
Mit der 3D-Brille mitten ins Feuer
Für hhpberlin ist jetzt nur der Himmel die Grenze, zumindest wenn man sich – bildlich gesprochen – anschaut, was die Wolke, die Cloud, liefern kann. Truthän denkt bereits darüber nach, mit Machine Learning mehrere Simulationen zu analysieren und zu vergleichen. Dadurch will er erkennen, ob es Engpässe gibt und ob man Angebote weiter verbessern kann. Er träumt von einer globalen Plattform, bei der sich jeder Kunde und jeder Feuerwehrmann mit jedem Gerät anmelden kann und das CAD-Modell eines Gebäudes hochlädt, für das eine Simulation erstellt werden soll. Er malt sich aus, wie Kunden eine Microsoft HoloLens aufsetzen und die Feuersimulation in 3D „vor Ort“ erleben. Er sagt: „Dank der Beratung durch den IT-Dienstleister consense sowie der Infrastruktur von Colt und der Technologie von Microsoft können wir jetzt auf eine globale Cloud zugreifen, die gemeinsam mit unseren Ideen wachsen kann. Deshalb verlagern wir unsere gesamte Organisationsstruktur in die Cloud.“