Preiserhöhungen verkaufen

Zuerst muss der Vertrieb überzeugt sein

Von Peter Schreiber, Peter Schreiber & Partner

Unternehmen müssen zuweilen ihre Preise erhöhen, z.B. wenn ihre Kosten steigen. Den meisten Verkäufern von Investitionsgütern und Industriedienstleistungen fällt es schwer, mit ihren Kunden in der Industrie die hierfür nötigen Preisanpassungsgespräche zu führen. Also müssen sie hierauf vorbereitet werden.

Die Preise erhöhen – viele Vertriebsmitarbeiter scheuen sich davor, mit dieser Zielsetzung in Vertragsverhandlungen zu gehen. Denn aufgrund der wirtschaftlich unsicheren Situation lautet zurzeit ein zentrales Ziel vieler Unternehmen: Kosten sparen und finanzielle Rücklagen bilden. Entsprechend häufig hören die Vertriebsmitarbeiter in B2B-Kundengesprächen: „Ihr seid zu teuer.“ Deshalb wagen sie an eine Preiserhöhung meist nicht zu denken. Und wenn ihre Vorgesetzten ihnen höhere Preisvorgaben machen? Dann denken sie: „Die sind nicht durchsetzbar.“

Verkäufer als Mitstreiter gewinnen

Deshalb müssen Sie, wenn Ihr Unternehmen seine Preise erhöhen möchte, zunächst die Verkäufer als Mitstreiter gewinnen. Der erste Schritt hierzu ist: Die Verkäufer präzise über die Gründe informieren – z.B., indem die Geschäftsleitung ihnen in einer Vertriebstagung plastisch vor Augen führt,

Diese Information sollte bezogen auf die verschiedenen Produkte und Produktgruppen erfolgen. Oder indem man den Verkäufern am Beispiel der Kontrakte mit ausgewählten Schlüsselkunden aufzeigt, wie positiv sich die geplanten Preise auf den Ertrag auswirken, so dass das Unternehmen wieder mehr „Spielraum“ für Investitionen und bei den Löhnen hat. Danach sollte der Appell erfolgen: „Beim Erhöhen der Preise benötigen wir Ihre Unterstützung“ – möglichst durch ein Mitglied der Geschäftsleitung, um die Bedeutung dieser Entscheidung zu unterstreichen.

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Peter Schreiber ist Inhaber des auf den B2B-Vertrieb von Industriegütern und -dienstleistungen spezialisierten Vertriebs- und Managementberatung Peter Schreiber & Partner. Er ist u.a. Dozent am Zentrum für Unternehmungsführung (ZfU), Zürich, und Lehrbeauftragter für Verkaufsmethodik an der Hochschule Mannheim, Fakultät Wirtschaftsingenieurswesen.


Peter Schreiber & Partner, Eisenbahnstraße 20/1, 74360 Ilsfeld-Auenstein, Tel. 07062-96968, zentrale@schreiber-training.de, www.schreiber-training.de

Die Verkäufer werden nach diesem Appell meist klagen: „Das geht nicht. Die Kunden sagen jetzt schon: Ihr seid zu teuer!“ Dass Verkäufer so reagieren, ist normal. Denn sie hören täglich: „Ihr seid zu teuer.“ Deshalb haben sie diese Denke oft selbst verinnerlicht.

Verdeutlichen Sie Ihren Verkäufern deshalb folgende Punkte: Es gehört zum Job der Einkäufer, „Ihr seid zu teuer“ zu sagen. Denn sie sollen möglichst preiswert einkaufen. Deshalb sagen sie sogar bei Dumping-Preisen „Ihr seid teuer“, um noch eventuelle Spielräume auszuloten. Außerdem: Selbst wenn dies nicht so wäre, müsste Ihr Unternehmen die Preise erhöhen – zumindest, wenn es seine selbst gesteckten Ziele erreichen möchte.

Machbarkeit realistisch ansetzen

Das wird Ihre Verkäufer etwas besänftigen. Es enthebt Sie aber nicht der Aufgabe, den Vertrieb darauf vorzubereiten, wie die „Preisanpassungsgespräche“ am besten zu führen sind – nicht nur, weil sie eine Gesprächsstrategie brauchen. Vielmehr gilt es auch, ihre mentalen Widerstände gegen solche Gespräche abzubauen, indem Sie ihnen bewusst machen: „Wenn ich es richtig anpacke, kann ich das Ziel erreichen.“ Sonst stehen Ihre Verkäufer auf verlorenem Posten. Denn falls die Einkäufer Unsicherheit spüren, hebeln sie die Argumentation leicht aus.

Lassen Sie sich beim Vorbereiten der Verkäuferschulung von folgenden Gedanken leiten:

  1. Jede Preiserhöhung ist letztlich eine normale Preisverhandlung. Der einzige Unterschied: Das Vorzeichen des Gesprächs lautet nicht „Um wie viel geht der Preis nach unten?“, sondern „Um wie viel geht er nach oben?“. Also muss eine Preiserhöhung wie jede Vertragsverhandlung vorbereitet werden.
  2. Den höheren Preis muss man jedem Kunden individuell verkaufen. Also sollten Ihre Verkäufer für jeden Kunden eine spezifische Argumentationskette erarbeiten. Hierfür benötigen sie u.a. Antworten auf die folgenden Fragen: Welche Umsätze erzielten wir mit dem Kunden in den zurückliegenden Jahren? Wie war die Umsatz-/Preisentwicklung? Welchen Lieferanteil haben wir bei ihm? Wo liegen Cross-Selling-Möglichkeiten? Außerdem sollten sie im Vorfeld analysieren, vor welchen Herausforderungen der Kunde steht und wie die bisherige Zusammenarbeit verlief. Diese Infos bilden das Rohmaterial für den Entwurf einer kundenspezifischen Argumentationskette und Gesprächsstrategie.

Gesprächsstrategien erarbeiten

Basierend auf diesen Grundgedanken sollten Sie Ihre Verkäufer trainieren, Preisanpassungsgespräche vorzubereiten und zu führen. Dabei lautet die erste Regel: zunächst die nötige Gesprächsatmosphäre schaffen. Das gelingt Ihren Verkäufern am einfachsten, indem sie dem Kunden nochmals vor Augen führen, welchen Nutzen er von der Zusammenarbeit hat – jedoch nicht, indem sie ihm dies sagen, sondern indem sie fragen: Wie lief dies? Wie lief das? Hat sich jene Lösung bewährt?

Danach kann der Verkäufer das Gespräch zum Thema Preisanpassung überleiten – z.B. indem er zunächst die Entwicklung der Energiepreise anspricht, bevor er hieraus ableitet, was das für Ihr Unternehmen bedeutet. Nun kann der Verkäufer seine kundenspezifische Argumentationskette entrollen, bevor der Abschluss folgt: „Deshalb müssen wir unsere Preise um 5,1 % erhöhen.“

Nach dieser Aussage wird der Gesprächspartner – ganz gleich, wie gut die Erhöhung begründet ist – empört aufschreien und eventuell sogar drohen: „Dann ist unsere Zusammenarbeit beendet!“ Bereiten Sie Ihre Verkäufer also auf diese Kundenreaktion vor, damit sie z.B. gelassen erwidern:

„Das haben wir uns gedacht. Deshalb haben wir nochmals mit unseren Zulieferern verhandelt. Außerdem haben wir unsere Prozesse weiter optimiert. Dadurch konnten wir einen großen Teil der Kostensteigerungen auffangen, weshalb wir unsere Preise letztlich nur um 3,8 % erhöhen müssen.“

Dem Verhandlungspartner wird ein Stein vom Herzen fallen. Denn 3,8 % klingen schon anders als 5,1 %.

Solche Argumentationsmuster sollten Sie z.B. als Vertriebsleiter mit Ihren Verkäufern erarbeiten, denn die Erfahrung zeigt: Alleine fällt es vielen schwer, ausreichend technische, wirtschaftliche und emotionale Argumente auszumachen, um eine Preiserhöhung zu rechtfertigen. Und noch schwerer fällt es ihnen, diese in eine kundenspezifische Argumentationskette und in eine Gesprächsstrategie zu einzugliedern.

Preisanpassungsgespräche trainieren

Doch selbst, wenn Ihre Verkäufer dem Kunden schlüssig darlegen, warum Ihr Unternehmen seine Preise erhöhen muss, ist das Ziel Preiserhöhung noch nicht erreicht. Denn der Kunde hat ihren Wunsch noch nicht akzeptiert. Es ist sozusagen erst die Basis für die eigentliche Preisverhandlung geschaffen.

In dieser Verhandlung muss Ihr Verkäufer das gesamte Instrumentarium einsetzen, das er auch sonst bei Vertragsverhandlungen nutzt. Hierzu zählt der Versuch, die Preiserhöhung zu relativieren, z.B. indem er sagt:

„Unser Bauteil hat bei Ihren Produkten einen Stückkostenanteil von 4 %. Wenn wir unsere Preise um 3,8 % erhöhen, steigen Ihre Stückkosten nur um circa 0,16 %, also 13,2 Euro.“

Oder indem er sagt:

„Lieber Kunde, die Preisanpassung bewegt sich bei den einzelnen Warengruppen zwischen 0 und 12 %. Da Sie vermutlich vor allem interessiert, wie sich die Preisanpassung insgesamt auf Ihre Kosten auswirkt, habe ich errechnet, wie viel mehr Sie bei den angepassten Preisen für Ihre Bestellungen in den letzten drei Monaten bezahlt hätten – insgesamt nur 1,79 %.“

Zögert der Kunde weiterhin die Erhöhung zu akzeptieren, sollte der Verkäufer ihm Vorschläge unterbreiten, wie die Preisdifferenz eventuell ausgeglichen werden kann – gemäß der Maxime „Wenn du mir dies gibst, erhält du jenes“. Geht Ihr Verkäufer dabei geschickt vor, kann das Ergebnis der nun folgenden Verhandlung sogar eine engere Kundenbindung sein. Die Argumentation Ihres Verkäufers kann z.B. lauten:

„Ich habe mir überlegt, wie wir einen Teil der 3,8 % kompensieren könnten. Wäre es Ihnen z.B. möglich, unseren Lieferanteil beim Produkt X von 28 auf 35 % zu erhöhen? Dies wäre für uns ein geldwerter Vorteil. Dann könnte ich Ihnen im Gegenzug anbieten, …“

Solche verkaufstaktischen und -strategischen Verhandlungselemente sollten Sie mit Ihren Verkäufern nicht nur entwerfen. Sie sollten mit ihnen auch deren Einsatz trainieren. Denn nur dann können Ihre Verkäufer im Kundengespräch auf die Einwände und Finten ihrer Verhandlungspartner mit der nötigen Gelassenheit und Flexibilität reagieren.

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