Klarstellen lassen oder nachzahlen
Von Torsten Montag, gründerlexikon.de
Der Unterschied zwischen Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit lässt
sich durch verschiedene Merkmale und Kriterien abgrenzen: Erbringt ein Selbstständiger auf vertraglicher Basis Dienstleistungen oder Werksleistungen für ein anderes Unternehmen und ist dabei in besonderer Weise von diesem Unternehmen persönlich abhängig, kann es sich um eine Scheinselbstständigkeit handeln.
Folgende Kriterien lassen sich für die Beurteilung einer Scheinselbstständigkeit heranziehen:
- Fehlendes unternehmerisches Handeln durch Weisungsgebundenheit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers (Merkmale u.a.: Der Unternehmer hat keine eigenen Geschäftsräume oder tritt in der Arbeitskleidung des Auftraggebers auf).
- Dauerhafte Tätigkeit im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber (die Sozialversicherungsträger gehen davon aus, sofern mit einem Auftraggeber ein Umsatz von 5/6 des Gesamtumsatzes erzielt wird).
- Keine regelmäßig Beschäftigten über 400 Euro (400-Euro-Beschäftigungsverhältnisse werden nicht berücksichtigt, jedoch werden mitarbeitende Familienangehörige berücksichtigt).
- Der Auftraggeber beschäftigt Mitarbeiter, die die gleichen Tätigkeiten ausführen, wie der Unternehmer selbst.
- Vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit, war der Unternehmer beim Auftraggeber beschäftigt.
Unmittelbare Rechtsfolgen
Scheinselbstständige gelten im Sozialversicherungsrecht als Arbeitnehmer. Das heißt, es müssen Sozialversicherungsbeiträge für die Kranken- und Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abgeführt werden. Besteht eine Scheinselbstständigkeit, so endet damit die unternehmerische Tätigkeit. Das Gewerbe ist abzumelden, die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer oder der Handwerkskammer endet.
Die Ansprüche der Sozialversicherung gegen den Beitragspflichtigen (beitragspflichtig ist immer der Arbeitgeber, also der, der die Beiträge an die Sozialversicherung für den Arbeitnehmer abführen muss) verjähren übrigens erst nach vier Jahren, beginnend mit der Fälligkeit der Beiträge.
Für die Beurteilung der Selbstständigkeit kommt es darauf an, ob Handelsvertreter ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei einteilen und über ihre Arbeitszeit selbst bestimmen können. Nimmt der Auftraggeber enge Kontrollen vor oder bestehen Pflichtanwesenheiten zu vorgegebenen Zeiten oder Urlaubsregelungen, kann das für eine Scheinselbstständigkeit des Handelsvertreters sprechen. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, kann der Handelsvertreter dennoch arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger sein. Das trifft dann zu, wenn der Unternehmer regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter über 400 Euro beschäftigt und er im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber arbeitet.
Antrag auf Prüfung
Für die Statusklärung ist die Deutsche Rentenversicherung Bund zuständig. Innerhalb eines Monats nach Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit, kann dort der Antrag auf verbindliche Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt werden.
Wichtig ist, dass die Statusklärung nur so lange erfolgen kann, wie die Deutsche Rentenversicherung noch nicht selbst ein Verfahren eingeleitet hat.
Im Rahmen der Statusprüfung kommt es auf die Gesamtsituation der unternehmerischen Tätigkeit an. Berücksichtigt wird dabei der Grad der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, die Höhe des unternehmerischen Risikos und welche unternehmerischen Chancen wahrgenommen werden können. Ebenfalls wesentlich ist, ob die Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht werden.
Bescheid gegen die Unternehmerschaft
Im Falle der Entscheidung gegen eine unternehmerische Tätigkeit, im Sinne der Scheinselbstständigkeit, wird die zuständige Krankenkasse informiert. Der bisherige Auftraggeber wird nun Arbeitgeber. Er hat die nun fälligen Beiträge zur Sozialversicherung aufgrund des bereits gezahlten Honorars zu entrichten, was immerhin mit ca. 27 % zu Buche
schlägt. Der nun entstandenen Arbeitnehmer hat selbstverständlich von seinem Arbeitsentgelt auch den Sozialversicherungsanteil zu zahlen. So verringert sich der Nettoverdienst im Gegensatz zur unternehmerischen Tätigkeit erheblich, was meist eine Neuverhandlung der Bezahlung bedeutet.
Statusfeststellung nach Prüfung
Sollte sich der Unternehmer nicht freiwillig einer Prüfung unterziehen, so kann dies auch durch eine angeordnete Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung geschehen. Die daraus entstehende Beitragspflicht kann seit Januar 2008 rückwirkend bis zur Aufnahme der Tätigkeit festgelegt werden, außer, es wurde frühzeitig ein Statusfeststellungsverfahren beantragt.
Fazit: Befreiung beantragen
Sofern Sie hinsichtlich Ihrer Tätigkeit bedenken haben, sollten Sie innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit bei der Deutschen Rentenversicherung Bund die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragen. Weiterhin ist bei Unklarheiten
zum Status der Selbstständigkeit eine Statusklärung ratsam.
Nützliche Links
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