Servicegeschäft

Neue Services kreieren und vermarkten

Von Dirk Zimmermann (X [iks])

Die deutsche Industrie schafft trotz Wirtschaftsboom kaum neue Stellen. Die entstehen vor allem im Dienstleistungssektor. Das eigentliche deutsche Jobwunder, von dem derzeit viele reden, hat in erster Linie im Dienstleistungssektor stattgefunden. Ingesamt entstanden dort im vergangenen Jahr 330.000 Jobs – nur ein Teil davon in der Zeitarbeit. Seit Anfang 2009 waren es bereits über eine halbe Million.

Nach Ansicht von Experten dürfte sich diese Entwicklung fortsetzen. Es ist ein ganz klarer Trend, dass in den kommenden Jahren mehr Jobs im Dienstleistungssektor als in der Industrie geschaffen werden: Vor allem im Sozial- und Gesundheitsbereich seien kontinuierlich Stellen geschaffen worden. Dieser Bereich ist so stark von der demografischen Entwicklung getrieben, dass der Jobaufbau relativ unbeeindruckt von der Konjunktur zunimmt. Im Dienstleistungsbereich habe es praktisch keine Rezession gegeben.

Ökonomischer Erfolg

Wer seinen Umsatz zu 30 % und mehr mit Serviceleistungen erzielt und im Servicegeschäft eine Betriebsmarge von über 20 % erreicht, der hat sich Experten zufolge bereits eine gute Position verschafft. Denn ein starkes Servicegeschäft stabilisiert den Geschäftsgang und sorgt für eine höhere Rendite – Service ist ein margenstärkeres Geschäft als der Verkauf von Neuprodukten.

Ein hoher Serviceanteil kurbelt das Gesamtwachstum eines Unternehmens an. Durch die tiefen Beziehungen wissen die Dienstleister in einem Unternehmen, wo die Kunden der Schuh drückt.

Tauschen sich Service- und Entwicklungsabteilung aus, können die gewonnenen Erkenntnisse in die nächsten Produktgenerationen einfließen und zu einem Wettbewerbsvorteil führen.

Zudem führt die Ausdehnung des Servicegeschäftes dazu, dass sich die Kunden eng an einen Hersteller binden lassen.

Demografischer Wandel

Der demografische Wandel, der sich in den nächsten Jahren mehr und mehr bemerkbar machen wird, erfordert ein Umdenken der Verantwortlichen in den Unternehmen. Die bisherigen Generationen verließen sich bei der Interaktion mit dem Unternehmen in erster Linie noch auf die herkömmlichen, konservativen Kommunikationskanäle wie Telefon, E-Mail oder persönlichen Kontakt und waren einem Produkt oder einem Unternehmen oft über Jahre hinweg treu.

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Dirk Zimmermann ist Direktor des X [iks] Institut für Kommunikation und ServiceDesign beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit der Entwicklung von zukunftsfähigem Service und der Gestaltung kundengerechter Kommunikation. Seine Spezialgebiete sind die Entwicklung nachhaltiger Servicestrategien, die Gestaltung innovativer Serviceprodukte, der Aufbau eines erfolgreichen Servicemarketings sowie die Sicherung einer exzellenten Serviceperformance.

Er hat zahlreiche Studien, Umfragen, Fachbeiträge und andere Publikationen veröffentlicht und ist zudem Autor der Bücher „Faktor Service – Was Kunden wirklich brauchen“, „Service erfolgreich machen“, „Service besser kommunizieren“ sowie Co-Autor des Praxis-Lexikons eBusiness.


X [iks] Institut für Kommunikation und ServiceDesign, Wilhelm-Kuhr-Straße 87b, 13187 Berlin, Tel.: 030-41719296, office@dieserviceforscher.de, www.dieserviceforscher.de

Die „Millenials“, das heißt die Generation der nach 1980 Geborenen, erwarten weit mehr von einem guten Service. Sie wollen selbst aktiv werden und fühlen sich nicht mehr automatisch einem Produkt oder einem Unternehmen verbunden. Peer Recommendations, Social Communities, Chats, Virales Marketing, SMS und nicht zuletzt der Style eines Produktes oder Unternehmens prägt ihr Verhalten.

Um die neue Kundengenerationen zu überzeugen, müssen Unternehmen einerseits die „Markenerfahrung“ stärken – und gleichzeitig den Service schneller, besser und effizienter machen, um den Anforderungen tatsächlich gerecht zu werden.

Soziale Beziehungen

Die Schaffung von mehr sozialen oder kooperativen Beziehungen spielt eine wichtige Rolle in einer kundenzentrierten Ausrichtung von Unternehmen – auch im Service. Schon heute versammeln sich Kunden auf Social Communities wie Facebook, MySpace, und Xing, um sich über Erfahrungen zu verständigen, oder schreiben ihre Erlebnisse in Blogs oder auf Twitter, die von vielen anderen gelesen werden.

Dies geschieht außerhalb offizieller Serviceprozesse und setzt die Verantwortlichen in den Unternehmen zusehends unter Druck. Eine Nutzung „Sozialer Technologien“ kann helfen, Unternehmen und Kunden näher zusammenzubringen, wichtige Bedürfnisse frühzeitig zu erkennen und zu erfüllen.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Services macht es erforderlich, vermehrt spezifische Angebote für verschiedene soziale Gruppen bereitzustellen und gleichzeitig deren Erfahrungen zu kanalisieren. Sozialer Kundenservice bietet eine große Chance in einer neuen, von vielfältigen Medien bestimmten Welt, Beziehungen zu festigen und weiter auszubauen.

Bewusster Konsum

Die Konsumenten hinterfragen zusehends ihre Wertvorstellungen und Kaufgewohnheiten und schränken insbesondere exzessiven Konsum und Spontankäufe ein. Ein neues Kaufverhalten entsteht, das das internationale Marketing- und Marktforschungsunternehmen Millward Brown als „Mindful Consumtion“ bezeichnet. Die Forscher stellten fest, dass Konsumenten weniger Produkte kaufen, insbesondere weniger hochpreisige Gastbeitrag:Markenprodukte, und ihre Wahl viel überlegter treffen als vor der Krise.

Für das Marketing bedeutet das zweierlei. Zum einen muss es weiterhin relevante Botschaften über die Marke und ein Produkt auf kreative Art dem Verbraucher vermitteln. Zum anderen muss es permanent das veränderte Konsumentenverhalten analysieren und neue Ansätze entwickeln.

So beeinflussen heute viel stärker als früher moralische Prinzipien und ein gestiegenes Umweltbewusstsein Kaufentscheidungen. Mancher Marke gelingt es durchaus, starke, effektive und emotionale Anreize zu schaffen. Für mehr Relevanz beim Kunden sorgt in Zukunft das Markenerlebnis, das begeistert und den eigenen Idealen entspricht.

Smarte Lösungen

Kunden erwarten heute eine permanente Verfügbarkeit von Services in allen Lebenslagen: von unterwegs, zu Hause, im Büro. Der Service muss das Anliegen schnell, einfach und zuverlässig bearbeiten. Und das alles zu fairen und transparenten Kosten.

Das erfordert Serviceangebote, mit denen sich Kunden selbst oder untereinander helfen können. Aktuelle Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Relevanz von Self Services und Social Media für den Kundenservice in Zukunft deutlich zunehmen wird. Aus Unternehmenssicht müssen diese Kanäle vor allem effizient und zuverlässig im Zusammenspiel funktionieren, um positive Kundenerlebnisse zu schaffen und so die Weiterempfehlungsquote und damit Umsatz und Ergebnis zu steigern.

Smarte Services bieten je nach situativen Anforderungen des Nutzungskontexts eine umfassende Unterstützung des Kunden. Dabei steht der Einsatz neuer Technologien immer im Dienst des Kundennutzens und der Serviceziele. Es sind Lösungen gefragt, die in den wichtigsten Kundenkanälen, die persönlichen Service und Automatisierung in perfekter Art und Weise miteinander verknüpfen.

Wissenschaftliche Labore

Wenn Services professionell entwickelt werden sollen, muss das genauso akribisch und methodisch geschehen, wie das bei Produkten der Fall ist. Dazu gehören Entwurf, Evaluierung, Test und Prototyping von neuen, innovativen Ideen. Dazu müssen – auch mit wissenschaftlicher Unterstützung – Labore eingerichtet werden, in denen Services entwickelt und getestet werden können.

Ziel dabei ist es, reproduzierbare, also wiederholsichere Qualität von Service sowie deren Ökonomisierung zu erreichen. Relevant in dem Zusammenhang ist:

  1. Die Funktion eines Services muss sicher sein.
  2. Der Service muss wirtschaftlich sein – also erschwinglich, zu vernünftigen Kosten.
  3. Der Service muss einfach nutzbar sein (Ergonomie der Dienstleistung)
  4. Der Service muss eine zielgruppengerechte Ästhetik aufweisen, d.h. er muss diejenigen ansprechen, um die es geht.

Schließlich ist es im Entwicklungsprozess des Services unverzichtbar, den Kunden einzubinden, denn es geht bei den Lösungsangeboten nicht nur um „Hightech“, sondern vor allem um „Hightouch“.

Präziser Kundennutzen

Ein Kunde entscheidet sich unter Wettbewerbsbedingungen stets für den Anbieter, der ihm den höchsten, von ihm tatsächlich wahrgenommenen Nutzen bietet. Dieses Gesetz beschreibt den Kundennutzen. Es ist universell und gilt uneingeschränkt auch für den Service.

Der Kundennutzen wird somit eindeutig zur zentralen Orientierungsgröße für erfolgreiche Serviceangebote. Er erlaubt es, zukünftige Markterfolgspotenziale einzuschätzen.

Es gilt, den Entscheidungsprozess eines Servicekunden so genau wie möglich zu verstehen. Das heißt, alle Einflüsse, hart und weich, zu erheben, die den Kundenentscheid beeinflussen. Je genauer und umfassender man diese kennt, um so mehr Möglichkeiten stehen zur Verfügung, den Serviceerfolg eines Unternehmens zu gestalten.

Einfluss von Marken

Für Dienstleister lohnt es sich mehr denn je, in ihre Marken zu investieren, meinen die Berater von McKinsey & Company. Gerade bei Finanzdienstleistungen wie Investmentfonds und Versicherungen, aber auch bei Serviceanbietern wie Autowerkstätten und Expresszustelldiensten beeinflussen Marken zunehmend die Entscheidungen der Verbraucher.

Auch wenn Dienstleister im unmittelbaren Vergleich zu Warenanbietern bei der Markenrelevanz noch im Mittelfeld liegen, gibt die Aufwärtstendenz wichtige Hinweise für das Marketing: Die Konsumenten scheinen dem explosionsartig wachsenden Angebot an Services zu begegnen, indem sie sich auf Marken fokussieren.

Marken dienen als Anker des Vertrauens und erleichtern die Orientierung. Für Dienstleister wird eine starke Marke zum Muss. Und sie bietet auch in Zukunft wachsendes Potenzial.

Für Unternehmen ist es erfolgsentscheidend zu wissen, wie relevant Marken in ihren Branchen und Segmenten sind. Dabei zahlt sich eine differenzierte Betrachtung aus. Während Dienstleister vermehrt und Konsumgüterhersteller weiterhin auf Marken setzen sollten, gilt umgekehrt: Wo Marken sich nur wenig oder gar nicht auf das Verhalten der Konsumenten auswirken, erzielen möglicherweise andere Marketingi-Instrumente eine erheblich größere Wirkung, wie etwa differenzierte Preiskonzepte oder der Ausbau von Vertriebskapazitäten und Vertriebsfähigkeiten.

Andererseits, so Experten, kann auch hier eine reale Chance bestehen, die Markenrelevanz gezielt zu steigern – insbesondere, wenn Unternehmen mit attraktiven Produktinnovationen und überzeugenden Markenkonzepten auftreten, die den Kunden einen echten Mehrwert bieten.

Erfolgreiches Marketing

Unternehmen investieren zunehmend in die Vermarktung des Services. Das durchschnittliche Marketing-Budget eines Dienstleistungsunternehmens in Deutschland beträgt 7 % des Umsatzes; je nach Unternehmensgröße reichen die Werte durchschnittlich jedoch von gut 1–9 % des Umsatzes.

Obwohl das Marketing in kleinen Unternehmen selten den nötigen Stellenwert erhält, ist festzustellen, dass gerade diese Unternehmen überproportional hohe Marketing-Ausgaben haben.

Dienstleister formulieren häufiger Unternehmensziele als Marketing-Ziele. Außerdem stellte sich heraus, dass das Marketing eher operativ als strategisch ausgerichtet ist. Mehr als die Hälfte der Unternehmen hat keine mittelfristigen Marketing-Ziele, was wirklich bedenklich ist.

Gerade bei Serviceunternehmen zählt der Aufbau des Bekanntheitsgrades und damit der Vertrauensaufbau. Das geschieht aber nicht von heute auf morgen, so dass ein mittelfristig und strategisch ausgelegtes Marketing notwendig wäre.

Obwohl 75 % der Unternehmen glauben, daß ein strategisches Marketing erfolgreicher ist, geben nur 29 % an, über ein Marketing-Konzept zu verfügen.

Fazit: Am Puls der Märkte

Das 21. Jh. gehört dem Service. Serviceangebote werden zum erfolgreichen Geschäftsmodell, Kunden statten ihr Leben mit vielen, nützlichen Servicelösungen aus.

Aber Achtung! Unternehmen sind gut beraten, selbst die kleinste seismische Veränderung in den Bedürfnis- und Motivlagen der Kunden aufzunehmen, um eigene Markt- und Marketing-Strategien rechtzeitig auszupassen.

Erfolg haben werden die Unternehmen, die im Service – auch in Zukunft – nichts dem Zufall überlassen, sondern nahe am Kunden intelligenten Fortschritt betreiben.

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