Testlauf für die digitale Transformation
Von Sarah Thurow, SocialHub
So wie die digitale Transformation an Geschwindigkeit aufgenommen hat, so schnell haben sich auch die Internet User auf die neuen Kommunikationskanäle eingestellt und nutzen sie mittlerweile mit Selbstverständlichkeit. Probieren jede neue Plattform aus, treten über Messenger in Kontakt und kommunizieren mit Chatbots.
Kaum ein Unternehmen bewegt sich aber in Social Media so, wie es die User tun – völlig unbefangen, neugierig und vielleicht sogar etwas naiv, aber eben auch menschlich. Eigentlich die richtigen Eigenschaften, um die digitale Transformation einzuleiten. Denn deren größte Herausforderung besteht eben nicht nur im Einsatz neuer Technologien, sondern es ist auch die Besinnung auf die Menschen, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unternehmens arbeiten, leben und eben genau diese Technologien nutzen (wollen; müssen).
Social verunsicherte Unternehmen
Obwohl Social Media ein fester Bestandteil unseres privaten Lebens geworden sind, sieht das im unternehmerischen Kontext noch anders aus; trotz ähnlicher Bedingungen in Hinblick auf die verfügbaren Plattformen (LinkedIn, Xing etc.), der persönlichen Bereitschaft sowie des Wissens über die zahlreichen Vorteile, die die digitalen Kommunikationskanäle bieten:
- Sie eröffnen den direkten Zugang zur eigenen Zielgruppe und die Möglichkeit, einfach und schnell auf Augenhöhe in den Dialog mit (potenziellen) Kunden zu treten.
- Es besteht eine bewusste oder unbewusste Bereitschaft von Menschen, Persönliches über sich und ihre Bedürfnisse preiszugeben.
- Man kann relativ kostengünstig reichweitenstarkes Marketing betreiben und für fast jede Maßnahme detaillierte Erfolgsmessungen durchführen.
- Social Media sind die effektivsten Kanäle für exzellenten Kundenservice, theoretisch rund um die Uhr.
- Unternehmen können dort Mitarbeiter akquirieren.
- Nicht zuletzt: Social Media macht Spaß und öffnet den eigenen Horizont!
Anstatt aber von diesen Vorzügen zu profitieren, verschließen sich immer noch zahlreiche mittelständische Wirtschaftsbetriebe der digitalen Kommunikation. Die Gründe dafür sind vielfältig:
- Es existiert eine enorme Verunsicherung im Umgang mit neuen Technologien und Medien.
- Man befürchtet überdimensionalen Aufwand, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht.
- Angst vor potenziellen Risiken, wie z.B. dem Verlust der Kontrolle über Daten und Informationen, hemmt die Lust, Neues auszuprobieren.
- Es besteht Unkenntnis über rechtliche Rahmenbedingungen.
- Neue Wege führen unter Umständen zu kontroversen Diskussionen über die eigene Marke.
- Es mangelt grundsätzlich an Experimentierfreude, getreu dem Leitsatz „Das haben wir immer schon so gemacht“.
- Die Hoffnung, dass sich die „Modeerscheinung“ Social Media irgendwann wieder in Luft auflöst, stirbt zuletzt!
Alles Argumente, die uns bekannt vorkommen, weil sie uns auch im Zusammenhang mit digitaler Transformation immer wieder begegnen. Meines Erachtens zeigt uns der Umgang deutscher Unternehmen mit Social Media daher viel über die Bereitschaft und ihre Fähigkeit zur Digitalisierung. Denn der Aufstieg sozialer Medien war doch in gewisser Weise eine erste kleine „digitale Revolution“. Wie wollen Sie nun „komplett“ digitalisieren, wenn Sie sich noch nicht einmal in die Bereiche vorgewagt haben, die Social Media tangieren?
Social findet statt, mit Ihnen oder ohne Sie
Social Media stellen Sie daher auf den Prüfstand und testen Ihre Aufgeschlossenheit nach außen. Es muss Ihnen einleuchten, dass sich Ihre Kunden auch online über Sie und Ihre Marke sowie ihre Erfahrungen mit Ihrem Produktportfolio austauschen. Nicht, dass diese Gespräche stattfinden, sollte bei Ihnen jetzt Unbehagen auslösen, sondern dass sie hinter ihrem Rücken stattfinden und ohne Ihre Anwesenheit geführt werden. Natürlich kann das auch im realen Leben so passieren, nur mit den Möglichkeiten von Social Media müssen Sie es nicht dem Zufall überlassen, ob Sie davon Wind bekommen, sondern können selbst die Zügel in die Hand nehmen und damit das Meinungsbild aktiv steuern.
Würden Sie als Unternehmen also nicht davon profitieren, mit Ihren Kunden auf digitaler Ebene in Kontakt zu treten und sich über Ideen, Produkte und allgemein das Konsumverhalten auszutauschen? Entstünden nicht auch in diesem beruflichen Dialog Chancen für Sie, sich als moderner, aufgeschlossener Betrieb zu positionieren?
Sarah Thurow ist Querdenkerin bei SocialHub. Die Juristin hat Kanzleiräumlichkeiten gegen ein Büro auf ihrer Terrasse, das Streiten bei Gericht durch Surfen im World Wide Web, strikte Formalitäten für grenzenlose Kreativität und das Diktiergerät gegen einen wasser- und sturzsicheren Mini-Laptop eingetauscht und genießt nun das Arbeiten meist dort, wo das Thermometer gerade 25˚ C übersteigt. Per Mail ist sie aber fast jederzeit erreichbar.
Sarah Thurow, Digital Marketing Specialist & Blogger Relations (Freelance), sarah.thurow@socialhub.io, maloon GmbH, Schütterlettenweg 4, 85053 Ingolstadt, Tel.: 0841 493 990-0, hallo@socialhub.io, www.socialhub.io
Es gibt mittlerweile zahlreiche digitale Produkte fürs Social Media Management, die den Einstieg und Umgang mit den neuen Kommunikationskanälen erleichtern; die sich an Ihre Bedürfnisse anpassen und Ihnen Kontrolle durch Analyse- und Monitoring-Funktionen geben. So wissen Sie nicht nur Bescheid, wie der Hase läuft, sondern auch wo (im Netz) und warum!
Social-Media-Aktivitäten schärfen aber nicht nur Ihre Awareness nach außen, sondern auch Ihre Bereitschaft nach innen: Social Business findet nicht nur außerhalb Ihres Unternehmens statt, sondern auch innerhalb der eigenen Reihen. Es gibt keine Abteilung mehr, die nicht von Social Media profitiert, und grundsätzlich lässt sich jeder Mitarbeiter begeistern und einbinden, neben den klassischen Anwendern aus den PR- und Marketing-Abteilungen auch Customer Service, Human Resource Management, Sales und Produktentwicklung, bis hin zu den Praktikanten, die über ihre Erfahrungen posten und sich öffentlich zu Ihrem Unternehmen bekennen. Und selbstverständlich sind es Sie als Geschäftsführung, die Social Media nicht zur „Chefsache“, sondern auch zur „Sache des Chefs“ erklären und in den Dialog treten darf.
„Social Collaboration“ sollte daher nicht mehr nur ein Schlagwort im Zusammenhang mit der Frage „Wer postet welchen Kommentar wann und wo?“ sein, sondern ein wichtiger Bestandteil Ihrer Firmenphilosophie. Damit gewährleisten Sie, dass eine ganzheitliche, nachhaltige Unternehmensstrategie auf Basis von Social Media etabliert und erfolgreich umgesetzt werden kann. Zudem führen Sie Ihre Mitarbeiter nicht nur einfach in die neuen Formen der Online-Kommunikation ein, sondern schulen sie im Umgang mit digitalen Produkten, vom einfachen Softwaretool fürs Social Media Management über die Programmierung des ersten Chat-Assistenten bis hin zur Facebook Virtual Reality App.
So funktioniert der digitale Wandel
Verstehen Sie Social Media, sind Sie gewappnet für die digitale Transformation. Natürlich geht es nicht nur darum, Papier durch Pixel zu ersetzen; es geht um mehr. Social Media in Unternehmen können wie die digitale Transformation Organisationsstrukturen und Prozesse verändern und die gesamte Wertschöpfungskette beeinflussen, von der Planung bis zur Auswertung (und Optimierung), und gegebenenfalls sogar zu neuen Erlösmodellen führen. Es gibt genügend positive Beispiele, wie etwa Stylight, die ihre Plattform nicht nur nutzen, um ihre Produkte verkaufen, sondern versuchen, ihre Plattform selbst – mittels Werbung – direkt zu monetarisieren, und anderen Unternehmern ihre Reichweite verkaufen.
Doch genau an solcher Vorstellungskraft und an solchen Ideen für neue digitale Geschäftsmodelle scheint es zu mangeln, oft, weil Unternehmen keine klare Vorstellung von realen digitalen Customer Journeys, also den Reiserouten ihrer Kunden im online-basierten Business, haben.
Es reicht natürlich nicht, ein konkretes, digitales Alleinstellungsmerkmal zu formulieren, sondern es muss auch kommuniziert werden können, mit den Mitteln, die die digitale Welt bereitstellt und die Ihre heutigen und zukünftigen Kunden bereits nutzen.
Von oben her aufmachen
Es muss etwas passieren, damit die digitale Transformation erfolgreich ist. Und zwar dieses:
- Veränderungen geschehen (schneller), wenn sie jemand anstößt. Die digitale Transformation profitiert von Leadership, denn erst dadurch signalisiert ein Unternehmen ganz klar die Bereitschaft zur eigenen Entwicklung. Ein Top-down-Ansatz ist in dieser Hinsicht möglicherweise der richtige Weg. Das heißt: Sie als Geschäftsführung formulieren eine klare Vision, die die strategische und taktische Stoßrichtung zur Veränderung vorgibt und die Grundlage für Transformationsprozesse bis auf die unteren Ebenen darstellt. Evolution statt Revolution.
- Gleichermaßen erfordert dieser Wandel aber auch Empathie und Sozialkompetenz, insbesondere bei den Führungspersonen. Denn eine Veränderung einfach nur anzuordnen, führt nicht zum selben Ergebnis, das eine vorherige Aufklärung, Überzeugung und Begeisterung der gesamten Belegschaft erreicht. Außerdem ist das Wissen um die Stärken und Talente Einzelner essenziell, um sie als Treiber zu aktivieren.
- Damit einher geht bestenfalls auch eine kulturelle Veränderung innerhalb des Unternehmens. Durch Transparenz entsteht ein Miteinander, dass das „Für jemand anderen“ ablöst. Aber auch dahingehend müssen Mitarbeiter geschult und bei der Umstellung begleitet werden. Nicht jeder kommt damit sofort zurecht.
- Ein Blick nach außen vervollständigt die Komponente Mensch. Denn auch der Kunde verändert sich. Und das meist schneller als Unternehmen. Er informiert sich, interessiert sich, vernetzt sich. Er wartet nicht darauf, dass Sie ihm Informationen liefern oder Dialoge starten. Gesprächspartner gibt es, wie bereits erwähnt, genug. Gesprächsbedarf auch. Unternehmen, die an diesen Gesprächen teilnehmen – und sei es nur zuhören –, erhalten wertvolle Erkenntnisse, die ihnen bei ihrem Wandel behilflich sind.
Der Blick nach vorne sichert das Überleben in der Flut neuer Technologien und digitaler Produkte, die in den nächsten Jahren auf dem Markt erscheinen werden. „Was davon kann für mein Unternehmen dienlich sein?“ „Was kann uns unterstützen und für unsere Zielgruppe einen Mehrwert darstellen?“ Aber auch, sich schonungslos und mit einem realistischen Blick die Frage zu stellen „Welche disruptiven Geschäftsmodelle könnten mich und meine Branche in Zukunft gefährden?“ wappnet Sie für zukünftige Herausforderungen.
Die Zeit ist überreif
Ich behaupte nicht, dass jedes Unternehmen sofort komplett digitalisieren oder social online gehen muss (so wie es auch nicht jeder potenzielle Kunde tut), aber aufgeschlossen gegenüber neuen Kommunikationsformen sollten Sie sein, offen für innovative Ideen und experimentierfreudig, was moderne Technologien betrifft. Sie sollten nicht ignorieren, dass gerade Digital Natives erwachsen und zu Ihren zukünftigen Kunden werden. Wollen Sie daher auch langfristig von dieser Zielgruppe wahrgenommen werden, müssen Sie mit ihr mitwachsen und ihre Mentalität verstehen. Und dafür in Kontakt mit ihr treten. Das gelingt nun einmal am einfachsten und schnellsten über Social Media. Eine stetige Beobachtung des Marktes gehört dazu, um Chancen des Wandels zu identifizieren und zu nutzen. Social-Media-Plattformen sind die ideale Anlaufstelle, denn hier bewegen sich Ihre Marktteilnehmer. Zudem stellen sie Sie als Unternehmen in Bezug auf die digitale Transformation und Ihre Sozialkompetenz auf den Prüfstand – schon bevor der eigentliche Change-Prozess beginnt.
Es braucht Zeit. Geduld. Ausdauer. Zusammenhalt. Wachsamkeit. Einen starken Willen – und natürlich Mut. Denn Transformation ist ein Weg, kein Ziel.