Software-defined Storage für den Mittelstand: Wo Storage-Appliances ihre Haken haben

Big Player wie Amazon, Micro­soft oder Google erobern den Markt mit ge­bündelten Appliances aus Speicher­hardware und -software. Dabei gehen Skalier­barkeit und Flexi­bilität aber schnell ver­loren. Ein Aus­weg aus dem Service Lock-in kann in Soft­ware-defined Storage in Kom­bi­na­tion mit Com­modity-Hardware liegen.

Selbst bestimmen, was drin sein soll

Von Sebastian Nölting, RNT Rausch

Eines vorweg: Es wäre falsch, Appliances grundlegend zu verteufeln. Wer genau weiß, dass Wachstum erst mal nicht ins Haus steht und die Anwendungen dieselben bleiben, kann in diesen Standards bereits das Passende gefunden haben. Doch oft stehen Unternehmen und Datacenter, die auf diese Appliances setzen, vor genau diesen Herausforderungen: Sie wachsen, doch die Systeme nicht mit ihnen. Da sich die vom Hersteller definierten Hard- und Softwarepakete nur durch neue Bundles desselben Anbieters erweitern lassen, wird aus einem scheinbar praktischen Ansatz unvermutet ein teures System. Ändert sich gar das zunächst vorgesehene Einsatzgebiet der Komplettlösungen, müssen wiederum Recherchen nach passenden Alternativen angestellt und komplett neue Systeme angeschafft werden. Wohin dann mit den bisherigen Appliances?

Abhängigkeiten auflösen

Die Lösung dieser Schwierigkeit kann in der Kombination von Commodity-Hardware mit passender Software liegen. Bei Commodity-Hardware handelt es sich zunächst um Standardsysteme. Deren Ausstattung ist allerdings an den Unternehmenszweck anpassbar: Komponenten werden dem Kundenwunsch entsprechend in den Gehäusen verbaut. Der Kunde entscheidet, über wie viel RAM, HDDs, SSDs etc. die Hardware verfügen soll – und bestimmt so die Leistung. Die Software unterscheidet sich ebenfalls von Standards von der Stange; sie kann nahezu frei und dem Einsatzzweck entsprechend gewählt werden. SDS-Systeme (Software-defined Storage) werden je nach Kundenanforderungen geplant und in die bestehende Infrastruktur integriert.

Das bedeutet: Unternehmen und Datacenter bestimmen ihre Ausrichtung selbst und legen auf dieser Entscheidungsgrundlage den Lösungsbedarf fest. So lässt sich die Hardware optimal an die Software anpassen. Hinzu kommt die Erweiterbarkeit per Scale-out: SDS-Lösungen lassen sich einfach skalieren, ohne dass gleich ein komplett neues System angeschafft werden müsste. Dabei wird die Kapazität durch das Hinzufügen weiterer Hardware gesteigert. Gleichzeitig sorgt die Software für mehr Leistung.

Rechenzentren 2019-01.jpg

Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe „Rechen­zentren und Infra­struktur“. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Erlaubt die Software zudem Erasure Coding, profitieren Datacenter gleichzeitig von hoher Redundanz und Ausfallsicherheit sowie von beschleunigten Zugriffszeiten: Einkommende Datenpakete werden entsprechend dem Resilience Level (+2 bedeutet beispielsweise eine Redundanz von 2) des Erasure Codings komplett über den Cluster verteilt. Das heißt, dass jedes Datenpaket eine Paritätsinformation erhält und somit auch bei einem Ausfall eines Systems im Clusterverbund noch gelesen und geschrieben werden kann. Neben dem Erasure Coding bieten viele SDS-Lösungen auch eine dreifache Kopie der Daten an. Die Datei wird also dreifach verteilt geschrieben. Hierzu muss keine Parität berechnet werden und der Datenfluss ist schneller. Schließlich sind auch Funktionen wie Copy-on-Write- oder Redirect-on-Write-Snapshots möglich; sie bewahren ältere Versionsstände auf und decken damit zusätzlich zur klassischen IT-Security den Schutz vor Viren ab.

Auch für den Fall, dass sich der Anwendungszweck der SDS-Lösung grundlegend ändert, kann man das Bestehende dem neuen Ziel entsprechend frisch aufsetzen. Ohnehin liegt auf der Hand, dass sich in der Kombination von Commodity-Hardware und passender Software die Abhängigkeit von bestimmten Anbietern (Vendor Lock-in) in Wohlgefallen auflöst. Im Prinzip lässt sich die Software genauso einfach wechseln wie die Hardware. Einräumen muss man allerdings, dass die Planung, Konzeption und Einführung der Lösung nicht ganz trivial ist und besser von Spezialisten begleitet werden sollte. Sie kennen die verschiedenen Softwareanbieter und wissen um deren Vor- und Nachteile. Zudem können sie die Hardware exakt anpassen und das finale System passgenau ins Netzwerk einbinden.

Software-defined Handlungsspielraum

Die Variantenvielfalt ist bei SDS nahezu unendlich. Software-defined Storage kann zahlreiche Einsatzszenarien passgenau abdecken und ermöglicht es auch, Caching-Funktionalitäten sowie Tiering zu nutzen, also Anwendungen auf unterschiedliche Storage-Typen zu verteilen. Als Tier 1 könnte beispielsweise ein All-Flash-Cluster dienen, auf dem die geschäftskritischen Daten gesichert werden. Für die Langzeitspeicherung oder die Ablage unstrukturierter Daten kann man dies um einen Tier-2-Cluster mit Festplatten erweitern.

So lassen sich auf Grundlage einer Standard-x86-Hardware verschiedene herstellerunabhängige Plattformen entwickeln und damit nahezu alle Workloads abbilden. Als Beispiel kann Sasquatch SDS dienen. Es funktioniert als bedarfsgenau konfiguriertes Objekt-, Block- oder Filestorage-System, unterstützt alle gängigen Protokolle wie NFS, SMB, iSCSI oder S3 und beherrscht synchrone bzw. asynchrone Replikation, Kompression, Deduplikation und Georedundanz etc.

Software-defined Storage ist übrigens auch im HPC-Bereich (High Performance Computing) eine interessante Variante, um die Bandbreite zu steigern, beispielsweise mit einem intelligenten POSIX-Filesystem (Portable Operating System Interface). Ohne Umwege zwischen den Systemen werden durch den direkten Zugriff auf die Festplatten, zum Beispiel durch einen nativen Client, extrem hohe Durchsatzraten erreicht. Hier ist der Flaschenhals nicht das Storage-System, sondern die Netzwerkanbindung. Auch HCI-Lösungen (Hyper-converged Infrastructure), bei denen Hypervisor und Storage gemeinsam auf einem Server arbeiten, senken die Kosten der Hardwareanschaffung und vereinfachen das Management.

MW-Sebastian-Noelting.jpg

Sebastian Nölting ist Geschäftsführer der RNT Rausch GmbH. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt individuelle Serversysteme und Storage-Lösungen, ob klassisches Backup-System, individueller Software-Defined Storage oder Server-Lösungen für Streaming und andere datenintensive Anwendungen.


RNT Rausch GmbH, Im Stöck 4a, 76275 Ettlingen, Tel.: 07243-5929-0, info@rnt.de, https://rnt.de/

Nützliche Links