Andreas Franken über Geschäftsmodelle in Corona-Zeiten: Was der Geschäfts­aufbau mit Gaming zu tun hat

Man kann gewinnen oder verlieren, und auf jedem Level warten neue Auf­gaben, das gilt bei Spielen wie im Business. Andreas Franken zieht die Linien der Analogie im Inter­view noch weiter: Die Skills für die kritischen Stellen kann man sich zukaufen. Derzeit gibt es dafür sogar erweiterte KfW-Budgets.

Deshalb gleicht der Geschäfts­aufbau einem Computerspiel

Bis ein Geschäftsmodell erdacht, entwickelt und implementiert ist, sind viele Hürden zu überwinden, die jeweils besondere Fähigkeiten erfordern. Wer es dann geschafft hat und mit seinem Geschäftsmodell dauerhaft viel Geld verdient, weiß zu schätzen, dass er zu einigen wenigen zählt, wogegen die Masse scheitert. Aber warum scheitern so viele und wie ist das zu vermeiden? Das haben wir Andreas Franken im Interview gefragt. Mit seiner Unternehmensberatung Franken-Consulting ist er auf die Themen Strategie, Marketing und Vertrieb spezialisiert. Er berät seine Mandanten beim Geschäftsmodellauf- und -umbau inklusive Unternehmensfinanzierung mit Fördermitteln oder Investoren.

MittelstandsWiki: Herr Franken, was um Himmels willen haben Computerspiele mit dem Auf- oder Umbau eines Geschäftsmodells zu tun?

Andreas Franken: In beiden Fällen geht es um jede Menge Aufgaben, die zu bewältigen sind. Die Art der Aufgaben ist in beiden Fällen mehr oder weniger kompliziert und derjenige, der diese Aufgaben zu erfüllen hat, kann gewinnen oder verlieren.

MittelstandsWiki: ‚Willkommen im wirklichen Leben!‘, könnte ich da rufen. Das trifft ja auf fast alles zu –

Andreas Franken: [Lacht.] Langsam, ich bin mit meiner Erklärung noch nicht fertig. Beispielsweise bestehen Super Mario und Prince of Persia etc. aus diversen Leveln, und auf jedem Spiellevel warten zu erledigende Aufgaben, an deren Bewältigung der Protagonist gehindert wird durch Gegenspieler, Fallen und weitere „Fettnäpfchen“. Erst mit dem erfolgreichen Abschluss eines Levels erhält man Zugang zum nächsten und mit Erreichen und Bestehen des letzten Levels wird das Ziel erreicht. Die Identifikation mit dem Protagonisten fällt leicht, da dieser vom Spieler selbst gesteuert wird. Das Besondere bei diesen Spielen ist aber, dass der Protagonist „viele Leben“ hat und der Spieler somit in die Lage versetzt wird, durch seine Fehler zu lernen. Mit dem jeweils nächsten Leben geht er die Aufgabe, an der er zuvor gescheitert ist, erneut an. Dies lässt sich praktisch unendlich oft wiederholen, weil das Spiel immer wieder neu gestartet werden kann. In dieser Spielewelt wird man aus seinen Fehlern klug.

MittelstandsWiki: Wie viele Leben habe ich denn als Geschäftsmann?

Andreas Franken: Moment. Im Geschäftsleben ist das irgendwie ähnlich, aber doch auch ganz anders. Ähnlich ist, dass es ebenfalls viele Level gibt, um „nach oben“ zu kommen, und in der Realität warten auch viele Fallstricke. Der wesentliche Unterschied besteht aber in der Endlichkeit der Leben oder Wirtschaftsleben. Denn wer an einer entscheidenden Stelle scheitert, verliert meist viel und manchmal sogar alles.

MittelstandsWiki: Ah, Sie wollen nicht so sehr auf die Ähnlichkeiten hinaus, sondern mehr auf den Unterschied! Dass ich im Game of Business kaum Chancen habe, aus meinen Fehlern zu lernen. Also, wie kann ich da überleben, um im Jargon zu bleiben?

Andreas Franken: Das Problem bei vielen ist die persönliche Haltung. Die Manager oder Unternehmer sind sich zumeist nicht im Klaren darüber, dass von ihnen einerseits Vielseitigkeit und dennoch Perfektion im Detail verlangt wird. Aber wer soll das leisten können? Kaum einer kann alles.

MittelstandsWiki: Muss ja nicht. Mit einer Riege von Verantwortlichen und Geschäftsbereichen klappt das doch normalerweise ganz gut.

Andreas Franken: Große Unternehmen haben für die jeweiligen Fachbereiche wie Entwicklung, Produktion, Logistik, Marketing, Vertrieb, Pricing, Marktanalysen, Finanzmanagement, Recht, Buchhaltung, Steuern etc. ihre Spezialisten. Dann gilt es aber, aus vielen Einzelkämpfern ein Team zu bilden, das im Wettbewerb mit anderen Teams im Markt mehr gewinnt als verliert. In kleineren Unternehmen ist das zumeist ganz anders. Da müssen einige wenige Akteure ziemlich viele Disziplinen in Personalunion beherrschen. Dass dies sehr schwierig ist, dürfte einleuchten – ein guter Techniker ist nicht unbedingt ein guter Vermarkter. Und selbst falls doch, wie sieht es aus mit den Themen Finanzen, Steuern und Recht etc.?

MittelstandsWiki: Aber die kleineren Unternehmen sind doch auch irgendwie bis hierher gekommen. Die Geschäftsführung hat doch meist ganz gut bewiesen, dass sie es kann.

Andreas Franken: Das ist genau der Punkt. Wir reden hier nicht von „bisher“, das ist Routine und Tagesgeschäft; wir reden davon, dass es auf einmal schwierig wird. Weil sich der Markt ändert. Weil sich die Kundenbedarfe oder sonstige Rahmenbedingungen geändert haben. Dann brauchen Sie plötzlich eine Menge Fähigkeiten für Aufgaben, die für Sie komplett neu sind.

MittelstandsWiki: Aber auch dafür gibt es doch Spezialisten!

Andreas Franken: Die gibt es sehr wohl. Nur bringen kleinere Unternehmen oftmals keine oder zu geringe Budgets auf, um ihre eigenen Unfähigkeiten auszugleichen, indem sie Spezialisten einstellen und bezahlen. Man versucht es selbst, und diese Versuche führen sehr oft eben nicht zum gewünschten Ergebnis.

MittelstandsWiki: Und nun?

Andreas Franken: Nun sind wir wieder beim Computerspiel. Stellen Sie sich vor, Sie hätten für das neue Spiel einen erfahrenen Gamer an Ihrer Seite, der das Ganze schon oft sehr erfolgreich gespielt hat. Der wüsste, wo die Fallen lauern und wie man trotzdem durchkommt. Der die kürzesten Wege kennt und Gefahren abwendet. Dann haben Sie wesentlich bessere Karten, und die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Spiel erfolgreich zu Ende spielen, ist wesentlich größer, als wenn Sie allein in alles hineinrennen, die Fallen nicht kennen und einsam herumexperimentieren.

MittelstandsWiki: Also kaufe ich mir Cheats bei Franken …

Andreas Franken: Nicht Cheats – sondern Skills. Außerdem bin ja nicht der Einzige, der sowas kann. Es gibt schließlich viele Berater. Aber so wie man sich in komplizierten Rechts- oder Steuerangelegenheiten von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater helfen lässt, ist im Geschäftsmodelldesign nun einmal der Unternehmensberater die erste Wahl. Die Idee für ein Geschäftsmodell ist nämlich das eine, aber aus einer Idee muss auch eine Strategie werden, die sich im Markt durchsetzen kann. Das Unterfangen ist zu beschreiben, zu berechnen und zu finanzieren. Es ist eine Organisation aufzubauen, die effektiv und effizient ist. Der Erfolg ist nachhaltig sicherzustellen. Das alles ist schwierig für jemanden, der das bisher noch nie gemacht hat. Ähnlich wie beim unerfahrenen Gamer.

MittelstandsWiki: Noch einmal zurück zu den Skills. Wenn Sie sagen, dass viele Unternehmen nicht die Mittel haben, sich kompetente Hilfe zuzukaufen – das wird ja nicht dadurch besser, dass sie deren Notwendigkeit einsehen. Wie lässt sich das finanzieren?

Andreas Franken: Im Zuge der Corona-Krise stehen nicht nur für Corona-Soforthilfen und Rettungsschirme Unsummen zur Verfügung, sondern auch für „gewöhnliche Wachstumsprojekte“. Die KfW-Budgets hierfür waren bislang auf 25 Millionen Euro bei einer Übernahme von 50 % des Bankenrisikos begrenzt. Mittlerweile liegt der Maximalwert bei 100 Millionen Euro bei 90 % Übernahme des Bankenrisikos. Das macht vieles möglich! Kürzlich habe ich hierzu einen Fachbeitrag bei Springer Professional veröffentlicht. Dort ist beschrieben, dass der Zugang zu Finanzmitteln im Zuge der Corona-Krise leichter ist als je zuvor.

MittelstandsWiki: Also ist das Geld kein Problem?

Andreas Franken: Die Rahmenbedingungen für Förderungen haben sich zumindest deutlich verbessert. Unverändert sind aber Logik, Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells nachvollziehbar darzulegen.

MittelstandsWiki: Herr Franken, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Interview führte Florian Eichberger.
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Andreas Franken ist als Unternehmensberater spezialisiert auf die Themen Strategie, Marketing und Vertrieb. Seine Berufserfahrung erstreckt sich über mehr als 30 Jahre, und er veröffentlicht regelmäßig Fachartikel zu Managementthemen. Zur eigenständigen Optimierung von Unternehmen bietet er seinen Neun-Punkte-Plan zum kostenlosen Download.


Andreas Franken, Franken-Consulting, Ortbeckstraße 5, 45894 Gelsenkirchen; Telefon 0209-3187586, Telefax 0209-3187581, af@franken-consulting.org, www.franken-consulting.org

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