Geoinformatik: Wer mit Umwelt­daten umgehen kann

Der Klima­wandel treibt nicht nur die Freitags­jugend auf die Straßen, sondern ver­schiebt derzeit auch die stra­te­gischen Gewichte vieler Unter­nehmen. Zu­gleich wandelt sich die politische Förder­land­schaft in Richtung Nach­haltig­keit. Spezia­li­siert auf die nötigen Um­welt­daten ist vor allem die Geoinformatik.

Umweltdaten aus dem All

Von Florian Eichberger

Die Feinstaubmessungen der Umweltämter sind vielen Bürgern nicht genug. Also greifen sie zur Selbsthilfe, mit Unterstützung der Open Knowledge Foundation: Das Citizen-Science-Projekt luftdaten.info sammelt die Daten aus mittlerweile rund 4500 Feinstaubsensoren und zeigt sie auf einer laufend aktualisierten Karte. Die Messdaten gelangen via WLAN zum Projekt, die Komponenten der Messstation gibt es in jedem besseren Bau- bzw. Elektronikmarkt. Mit anderen Worten: Die Geoinformatik boomt.

Interdisziplinärer Ansatz

Geoinformatik ist in der Regel ein sechssemestriger Bachelor-Studiengang, ein weiteres Aufbaustudium ist möglich. Inhaltlich stehen raumbezogene Informationen im Fokus, hinzu kommen sämtliche Verfahren, diese zu erfassen, zu verarbeiten, zu modellieren und zu nutzen. Je nach Ausrichtung beschäftigt man sich also auch mit Drohnen und Computer Vision, Big Data, Funktechnologien etc. sowie mit den erforderlichen IT- und Programmierkenntnissen, von Java, C# und MATLAB bis hin zu speziellen GIS-Systemen. Fachliche Überschneidungen gibt es etwa zu Kartografie und Fotogrammetrie, Biologie, Bodenkunde und Forstwirtschaft, Umwelt- und Trinkwasserschutz sowie zur Landschafts- und Verkehrsplanung. Geoinformatik dürfte insgesamt ein Studienfach mit großer Zukunft sein. Der starke Bedarf an solchen Spezialisten reicht von der Automobilindustrie, die derzeit Navigationskonzepte fürs automatisierte Fahren erarbeitet, über die öffentliche Hand bis hin zu den (Rück-)Versicherern, die für ihre Risikoprognosen gerne genauer wissen würden, wie und wo sich der Klimawandel in Naturkatastrophen niederschlagen wird.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Nicht wenige Hochschulen haben daher ihre Angebote bereits auf bestimmte Szenarien und Interessen zugeschnitten, etwa der Studiengang „Geoinformatik und Navigation“ an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München; an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden gibt es „Geoinformatik und Landmanagement“, an der Frankfurt University of Applied Sciences konzentriert man sich auf „Geoinformation und Kommunaltechnik“, die Universität Trier setzt auf „Umweltfernerkundung und Geoinformatik“, am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) heißt es „Geodäsie und Geoinformatik“, an der Beuth Hochschule für Technik Berlin schlicht „Geoinformation“.

Im Allgemeininteresse

Interessant ist dabei die Brücke zur Kommunaltechnik, und zwar vor dem Hintergrund der derzeitigen Förderlandschaft, die eine ganze Reihe von „Klimawandel-Stellen“ hervorbringt. Augsburg etwa sucht derzeit – „vorbehaltlich der endgültigen Fördermittelzusage“ – Unterstützung für die Sachbearbeitung Klimaschutz und das Klimawandel-Anpassungskonzept der Stadt. Voraussetzung ist ein abgeschlossenes naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium.

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Michael Lodes (EineStadt) im Interview auf der KOMMUNALE 2019 (Bild: Matthias Tüxen – MittelstandsWiki)

Aus Augsburg gebürtig ist auch Michael Lodes, seines Zeichens Geoinformatiker. Er arbeitete nach dem Studium bei der Hexagon-Tochter Intergraph, dann bei der Stadtverwaltung Schwabmünchen und gründete 2016 das Start-up EineStadt. Es richtet sich bislang vornehmlich an Kommunen, die Bäume, Mülleimer, Straßenlaternen, Hydranten etc. vernetzt kontrollieren wollen bzw. müssen – ein Smart-City-Bedarf, der strukturell nahezu identisch ist mit dem eingangs genannten Feinstaub-Monitoring. Die Objekte erhalten hier allerdings einen NFC-Chip, wie er zum Beispiel auch für das kontaktlose Bezahlen per Smartphone genutzt wird. Da der Chip vor Ort berührt werden muss, ist die Nachweispflicht für die Kontrolle unfälschbar und damit rechtssicher. Das Konzept wurde am 16. Oktober 2019 auf der Kommunale 2019 in Nürnberg mit dem IT-Willy in der Kategorie „Stadt bis 50.000 Einwohner“ ausgezeichnet.

Serie: Smart City

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Teil 1 gibt eine erste Einführung und stellt als Beispiele die Konzepte in Hamburg, Berlin und Göttingen vor. Teil 2 geht nach Bayern und berichtet, was sich in den Münchner Modellvierteln tut. Teil 3 wechselt über die Grenze nach Österreich – dort hat man nämlich bereits eine nationale Smart-City-Strategie und ist führend im Passivhausbau. Teil 4 stürzt sich dann mitten in die Metropolregion Ruhrgebiet und berichtet unter anderem von der digitalsten Stadt Deutschlands. Den deutschen Südwesten nimmt sich zuletzt Teil 5 dieser Serie vor. Ein Extrabeitrag hat außerdem Beispiele dafür zusammengetragen, was Green IT zur Smart City beitragen kann. (Bild: zapp2photo – Fotolia)

Genau mein Wetter!

So vielfältig wie die einzelnen Ausbildungsrichtungen sind also auch die potenziellen Jobprofile: ein sicherer Posten im gehobenen Dienst, ein Abenteuerleben in der Umweltforschung oder Chef eines eigenen Unternehmens – praktisch alles ist möglich. Und: Gute Geoinformatiker werden derzeit auch gebraucht, um weitere Geoinformatiker auszubilden. Wer noch höher hinaus will, kann – Stichwort „Fernerkundung“ – sogar bei der Luft- und Raumfahrt unterkommen: Das europäische Erdbeobachtungsprogramm Copernicus beispielsweise verfolgt unter anderem auch den Klimawandel und stellt seine Satellitendaten ebenfalls online bereit. Bausätze gibt es derzeit aber noch keine.

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