Verantwortung nur mit Informationsrecht
Von der Fachredaktion anwalt.de
Bei Bestellung mehrerer GmbH-Geschäftsführer geht das Gesetz grundsätzlich von Gesamtgeschäftsführung und Gesamtvertretung aus. Doch in der Praxis ist die Aufteilung einzelner Geschäftsbereiche die Regel. Die Frage ist, wie weit eine solche Ressortzuteilung durchzuhalten ist, ob diese Aufteilung gegebenenfalls durchbrochen werden kann und wann die anderen Geschäftsführer ein Wörtchen mitreden dürfen.
In den meisten Fällen teilen sich die Geschäftsführer einer GmbH einzelne Ressorts zu, z.B. ist ein Geschäftsführer für den Bereich Personal und Finanzen zuständig, der andere für Entwicklung und Forschung oder Vertrieb und Marketing.
Aufteilung nach Ressort
In Hinblick auf die Geschäftsführung gilt folgender Grundsatz: Ein Geschäftsführer hat Anspruch auf Unterrichtung über alle Angelegenheiten des Unternehmens und darf Einsicht in Buchführung und andere Unterlagen verlangen. Die GmbH ist dazu verpflichtet, dem Geschäftsführer die ordnungsgemäße Ausübung seines Amtes zu ermöglichen. Kommt sie dem nicht oder nicht ausreichend nach, hat die Gesellschaft gemäß § 31 BGB dafür geradezustehen.
Das gilt auch, wenn die Ressorts auf mehrere einzelne Geschäftsführer aufgeteilt sind. Jeder Mitgeschäftsführer kann Auskunft über alle Angelegenheiten der GmbH verlangen – einschließlich der Ressorts, die nicht zu seinem Geschäftsbereich gehören.
Generationenkonflikt vor Gericht
Vor dem Oberlandesgericht Koblenz wurde vor einiger Zeit im einstweiligen Rechtsschutz ein in der Geschäftswelt typisches Beispiel der Ressortaufteilung verhandelt:
- Vater und Sohn waren beide Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH. Der Filius war gleichzeitig Alleingesellschafter: Die Tätigkeit des Seniors beschränkte sich laut Gesellschaftsvertrag allein auf den repräsentativen Bereich. Wegen einer Weisung des Sohnes war es den Angestellten untersagt, den Senior über Geschäftsangelegenheiten zu informieren. Der Junior begründete dieses Kommunikationsverbot damit, dass ansonsten der Vater den Betriebsfrieden störe. Der Vater wollte sich dies nicht bieten lassen und die Aufhebung dieser Weisung erwirken. Schließlich zog er vor Gericht.
Aktiv oder kontrollierend
Die Ressortverteilung bewirkt, dass sich ein Geschäftsführer nicht aktiv in die Geschäftsführung eines Mitgeschäftsführers einmischen darf. Er ist also nicht befugt, Maßnahmen und Entscheidungen zu treffen, die in die ausschließliche Zuständigkeit des anderen fallen. Anderes gilt jedoch für die Kontrolle und Überwachung.
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Aus der Gesamtverantwortung, die jeder Geschäftsführer für die Gesellschaft trägt, ergibt sich, dass jeder Mitgeschäftsführer dazu verpflichtet ist, auch Ressorts der anderen Mitgeschäftsführer im Blick zu haben und zu kontrollieren. Damit ist klar: Zumindest im Kernbereich bleiben die Pflichten des Geschäftsführers erhalten. Die Ressortaufteilung ändert hieran nichts.
Fazit: Kernbereich der Geschäftsführung
Im Ausgangsfall beriefen sich die Richter auf diesen Kernbereich, der dem Vater als Geschäftsführer erhalten bleiben müsse. Der Sohn durfte somit keine Auskünfte zu seinem Geschäftsbereich verweigern und auch seinen Angestellten keine Weisung erteilen, dass dem Vater solche Informationen vorenthalten werden. Wenn es zu einem Zerwürfnis unter den Geschäftsführern kommt und der Betriebsfrieden dadurch dauerhaft gestört wird, so bleibt nur die Möglichkeit, den Geschäftsführer von seinem Amt abzuberufen.
Nützliche Links
Das Urteil (Az.: 6 U 1170/07) gibt es im Volltext online bei der Entscheidungsdatenbank Rheinland-Pfalz.