Szenarien verraten, ob es sich rechnet
Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group
Geschäftsmodelle sind eine Möglichkeit, die Form der Umsetzung einer Geschäftsidee zu beschreiben. Dabei kann es sich sowohl um eine Geschäftsidee im Rahmen einer Unternehmensgründung handeln als auch um eine, die aus einem bestehenden Unternehmen erwächst.
Es ist ferner unerheblich, ob es sich um die Idee für ein neuartiges Produkt oder eine Dienstleistung handelt, ob das Produkt selber eine Innovation darstellt oder ein bestehendes Angebot weiter entwickelt bzw. verändert werden soll.
Möglichkeiten kombinieren
Mit dem Geschäftsmodell wird beschrieben, wie die Geschäftsidee umgesetzt werden soll. Bei dem Konzept für ein innovatives Produkt kann es im Verkauf der Konstruktion bestehen, der Abgabe der Idee gegen eine Lizenz, aber auch der Eigenentwicklung und -vermarktung. Die Entwicklung kann wiederum mit eigenen Ressourcen erfolgen oder als Auftragsentwicklung durch Dritte. Das Gleiche gilt für die Produktion bzw. die eigentliche Leistungserbringung. Auch die Vermarktung kann durch einen eigenen Vertrieb, durch Vertriebspartner auf der Basis eines Kooperationsmodells oder durch Abgabe an ein anderes Unternehmen erfolgen.
Die grundsätzlichen Möglichkeiten sind somit fast immer
- Verkauf einer Idee oder eines Konzeptes gegen eine einmalige Kaufsumme,
- Abschluss von Lizenzvereinbarungen und partizipieren am Produkterfolg,
- Vereinbarung von Kooperationsverträgen,
- Zusammenarbeit mit Outsourcing-Partnern für Entwicklung, Produktion und Vertrieb,
- Eigenrealisierung oder
- Mischmodelle mit teilweise eigener Wertschöpfung.
Jede Form der Umsetzung hat andere Randbedingungen. In der Regel sind die Höhe der Investitionen und die Wertschöpfungstiefe umgekehrt proportional zum möglichen Erlös. Wenn die Mittel für Vorlaufkosten im Unternehmen selber nicht vorhanden sind oder der Zugang zur Zielgruppe fehlt, können trotzdem Geschäftsmodelle mit geringerer eigener Wertschöpfung wirtschaftlich sinnvoll und erfolgreich sein.
Beispiel Mobilfunk
Am Beispiel des Angebots der mobilen Kommunikation lassen sich die unterschiedlichen Möglichkeiten leicht verdeutlichen:
- Die höchste Wertschöpfung erzielt der Service Provider, mit Investitionen in Milliardenhöhe und Payback-Zeiten oberhalb von sieben Jahren.
- Der virtuelle Netzbetreiber (enhanced MVNO) kauft den Zugang über die Funkstrecke beim Mobilfunknetzbetreiber zu und realisiert seinen eigenen Dienst. Die Investitionen liegen im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich, die Payback-Zeiten bei ca. drei Jahren.
- Der Service Provider kauft den fertigen Mobilfunkdienst zu und veredelt das Vorprodukt mit eigenen Tarifen und Mehrwertdiensten. Die Investitionen liegen im zweistelligen Millionenbereich. Der Service Provider ist Vertragspartner des Kunden und übernimmt das Inkasso.
- Der Reseller verkauft ein fertiges Produkt im Namen des Netzbetreibers und erhält eine Marge auf den Umsatz.
- Der Vertriebspartner tritt als Vermittler auf und erhält in der Regel eine einmalige Abschlussprovision; er hat meistens keine größeren Investitionen zu tätigen.
Alle Ausprägungen haben Ihre Berechtigung und bieten dem jeweiligen Anbieter die Möglichkeit zur Existenzsicherung. Es lässt sich also nicht für eine Geschäftsidee im Vorfeld definieren, welches Geschäftsmodell „richtig“ und erfolgreich ist. Es muss aber unbedingt zum Unternehmen und seiner Situation passen, darf nicht zu hohe Risiken mit sich bringen und soll eine realistische Chance auf ausreichende Erträge haben.
Partnerschaften etablieren
Bei den meisten Geschäftsmodellen ist die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Sinne eines Partnermanagements und einer Aufteilung der Aufgaben unumgänglich. Es gehört daher mit zur Ausgestaltung eines Geschäftsmodells, Wertschöpfungsstufen zu identifizieren, für die ein Partner gebraucht wird, hierfür ein Partnermodell mit den Anforderungen zu erstellen und geeignete Partner zu identifizieren. Ein wirtschaftlich attraktives Geschäftsmodell, das Partner zur Verwirklichung braucht, die nicht vorhanden sind oder nicht gefunden werden können, ist sinnlos und nicht umsetzbar.
Ebenso wichtig ist, dass identifizierte Partner auch gewonnen und gebunden werden können. Dies wird nur dann erfolgreich sein, wenn beide Parteien aus der Zusammenarbeit einen Vorteil ziehen. Je nach Bedeutung eines Partners für den Erfolg stellt die Bindung einen entscheidenden Erfolgsfaktor dar. Daher sind in der Ausgestaltung des Geschäftsmodells auch gegenseitige Beteiligungen oder Joint Ventures zu berücksichtigen.
Geschäftsmodell präzise austarieren
Die sorgfältige Ausgestaltung des Geschäftsmodells unter Beachtung der gesamten Wertschöpfungskette ist somit eine äußerst wichtige Voraussetzung für den späteren unternehmerischen Erfolg. Nach dem ersten Entwurf muss ein sorgfältiger Business Plan die wirtschaftliche Tragfähigkeit untermauern. Wenn das Ergebnis im ersten Anlauf nicht zufrieden stellend ist, müssen die einzelnen Elemente des Geschäftsmodells so lange variiert werden, bis ein Ergebnis erreicht wird, das zu hohe Risiken vermeidet und trotzdem positive Ergebnisse ermöglicht.
Die Unternehmensplanung für ein als tragfähig erkanntes Geschäftsmodell sollte bottum-up von den Kundenbedürfnissen und dem Produktnutzen ausgehen und braucht für die Ermittlung von Absatzpotenzialen eine zum Geschäftsmodell passende Zielgruppensegmentierung und ausreichende Informationen zum Kaufverhalten, Kaufmotivation und anderen Einflussfaktoren (Zielgruppenanalyse). Bei einem Geschäftsmodell, das Kooperationspartner einbezieht, muss der Deckungsbeitrag oder die Marge für den Partner berücksichtigt werden. Bei einer größeren Anzahl von Partnern sinken in der Regel die eigene Wertschöpfung und die erzielbare Ergebnismarge.
Fazit: Realisierung mit Testlauf
Der Ausgestaltung des Geschäftsmodells kommt fast immer eine sehr hohe Bedeutung zu. Es daher unbedingt besser, ein Geschäftsmodell im Vorfeld – vor den ersten Investitionen und Festlegungen – sorgfältig zu prüfen und Szenarien durchzuspielen. So können unternehmerische Risiken reduziert und die Erfolgschancen erhöht werden.