Schneller eintragen, abstimmen, prüfen
Von Sabine Philipp
Der Deutsche Bundestag hat mit dem neuen Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) das Aktienrecht modernisiert und Missbrauch durch Profikläger eingedämmt. Räuberische Aktionäre müssen sich ein neues Geschäftsmodell suchen. Diese Spezies von Anteilshabern verhindert unter anderem mit Klagen, dass wichtige Hauptversammlungsbeschlüsse wie eine Kapitalerhöhung schnell ins Handelsregister eingetragen und damit ausgeführt werden. Die Klagen lassen sie erst fallen, wenn die Aktiengesellschaft ein Extra-Bakschisch springen lässt.
Gegen die Verschleppungstaktik
Diesem Treiben schiebt nun das neue Gesetz einen Riegel vor. Den Anfechtungsklägern wird das wesentliche Druckmittel – die Verzögerung der Umsetzung wichtiger Beschlüsse – genommen. Denn für die so genannten Freigabeverfahren, bei denen gegen den Eintrag ins Handelsregister geklagt wird, werden in erster und einziger Instanz die Oberlandesgerichte zuständig sein. Unternehmen haben dann spätestens nach drei bis vier Monaten Klarheit und müssen keinen jahrelangen Marathon durch die verschiedenen Instanzen absolvieren.
Außerdem können Aktionäre mit geringem Aktienbesitz von unter 1000 Euro Nennbetrag gegen die überwiegende Mehrheit der anderen Aktionäre keine Hauptversammlungsbeschlüsse mehr aufhalten, wenn sie weniger gravierende Gesetzes- oder Satzungsverstöße geltend machen. Sie können nur Schadensersatz beanspruchen (meist handelt es sich bei den Berufsopponenten um Anteilseigner mit nur einer Aktie).
Abstimmung per Mausklick
Daneben hat das Gesetz – ebenfalls in Umsetzung einer EU-Vorgabe – das Aktienrecht an das Internet-Zeitalter angepasst. So können Aktionäre bei einer im Internet übertragenen Hauptversammlung elektronisch abstimmen und ihr Fragerecht in Echtzeit ausüben – sofern es die Satzung zulässt. Bei Störungen des Internets können Aktionäre die Beschlüsse aber nicht anfechten.
Zudem kann die Hauptversammlung entscheiden, ob sie den kostenintensiven Papierversand bevorzugt oder die Kreditinstitute die Mitteilungen in elektronischer Form z.B. über elektronische Postfächer übermitteln sollen.
Online sofort verfügbar
Hauptversammlungsrelevante Unterlagen werden einfacher zugänglich. Statt die Unterlagen in Papierform in den Geschäftsräumen auszulegen und auf Verlangen Abschriften zu erteilen, können die Aktiengesellschaften die Unterlagen auf ihrer Internet-Seite veröffentlichen. In der Hauptversammlung selbst müssen keine Papierunterlagen mehr ausgelegt werden, wenn die Aktionäre elektronischen Zugang zu den Unterlagen erhalten, z.B. über Computerterminals.
Unterlagen, die relevant für die Hauptversammlung sind, wie z.B. die Tagesordnung oder Anträge zur Beschlussfassung, müssen alsbald nach der Einberufung auf der Internet-Seite der Gesellschaft veröffentlicht werden.
Fristgenau geregelt
Die bisherigen Fristen und Termine im Vorfeld der Hauptversammlung haben immer wieder zu Zweifelsfragen und zu Prozessen geführt. Die neue Regelung behandelt alle Fristen und Termine nach dem gleichen Schema – sie rechnen u.a. künftig alle von der Hauptversammlung zurück.
Sachgründungen dereguliert
Der Verwaltungsaufwand verringert sich auch bei Sachgründungen. Bei diesen besteht die Einlage mancher Gründungsgesellschafter nicht aus Geld, sondern aus anderen Werten wie z.B. Patenten, Aktien etc. Hier kann künftig auf eine externe Werthaltigkeitsprüfung z.B. von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten, die auf einem geregelten Markt gehandelt werden, verzichtet werden, wenn diese mit dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate bewertet werden.
Fazit: AG mit weniger Umständen
Laut Justizministerium ergibt sich allein aus der Möglichkeit, Hauptversammlungsmitteilungen nicht mehr in Papierform, sondern nur noch elektronisch über die Kreditinstitute zu übermitteln, ein Einsparpotenzial von ca. 50 Mio. Euro jährlich. Zusätzliche Kostenentlastungen würden sich aus den weiteren Deregulierungsmaßnahmen wie der Befreiung von einer externen Werthaltigkeitsprüfung bei bestimmten Sacheinlagen ergeben.
Den meisten Gewinn aber dürften die Unternehmen durch das Eindämmen der Klagelust bestimmter Aktionäre haben. Es bleibt jedoch abzuwarten, wann die sonderbaren Anteilseigner das nächste Schlupfloch entdeckt haben. Denn auch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), das bereits 2005 in Kraft getreten war, hätte für mehr Rechtssicherheit sorgen sollen. Leider hat es nur allzu oft die Sperrkläger mit Extraeinkünften versorgt.