Ein Akku schafft 5 Tonnen
Von Sabine Philipp
Die älteste der grünen Technologien dürfte der Elektroantrieb sein. „Er wurde im Laufe der Zeit immer effizienter“, sagt Detlef Sieverdingbeck von der Linde Material Handling GmbH, die 1971 ihren ersten Elektrostapler herausbrachte und mit einem solchen auf der CeMAT 2011 auch Gewinner des MM Logistik Awards in der Kategorie Flurförderzeuge/Technik wurde. Auf der Messe hatte das Unternehmen seine neuesten Elektrostapler im Traglastbereich von 2–5 t präsentiert.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Magazin zur CeMAT 2014. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Für den entscheidenden Leistungssprung bei elektrisch angetriebenen Flurförderzeugen sorgten Lithium-Ionen-Akkus, die im Vergleich zu den Bleibatterien u.a. durch eine höhere Energiedichte punkten. Außerdem laden sie viel schneller als herkömmliche Bleibatterien wieder auf. „Die Lithium-Ionen Batterie, die wir in unserem einsatzfähigen Prototypen-T16-Modell gezeigt hatten, war in einer halben Stunde zu 60 % geladen, bei großen Li-Ion-Akkus ist diese Batteriekapazität nach wenigen Stunden erreicht“, so der Pressesprecher des Unternehmens. „Die Niederhubwagen planen wir kurzfristig auf den Markt zu bringen. Das Gleiche gilt für weitere Modelle aus dem Programm der Niederhubwagen, Kommissionierer und Schlepper von Linde.“
Nun haben Elektromotoren neben Vorteilen – sie müssen nicht betankt werden, produzieren keine Abgase und sind leise – auch einen entscheidenden Nachteil: „Sie stoßen bei hoher Beanspruchung an ihre Grenzen“, sagt Sieverdingbeck. „Stapler mit Verbrennungsmotor sind in diesem Fall überlegen.“ Aber auch hier könnten in Zukunft umweltfreundliche Alternativen zum Einsatz kommen. Allen voran der Hybridantrieb.
Boost durch Doppelantrieb
Bei der Hybridtechnologie kommen sowohl Elektro- als auch Verbrennungsmotor zum Einsatz und ergänzen sich gegenseitig. „Beim Boosten verstärkt der Elektromotor, vereinfacht gesprochen, den Verbrennungsmotor insbesondere dann, wenn das Fahrzeug viel Leistung benötigt, z.B. wenn der Stapler beschleunigt oder schwere Last anhebt. Somit kann ein kleinerer Verbrennungsmotor eingebaut werden.“
Zudem wird die Elektroenergie nicht nur aus der Steckdose getankt. Energie, die beim Bremsen anfällt, lässt sich auffangen und in den Akku einspeisen. Obendrein spart die Start-Stopp-Automatik noch einmal Energie, und zwar unabhängig vom Antrieb: Der Motor schaltet automatisch aus, sobald er steht. Sieverdingbeck sieht in diesem Punkt gerade bei Flurfahrzeugen ein großes Potenzial, denn die Maschinen stehen bis zu 30 % der Einsatzzeit im Leerlauf.
Doch noch sei die Hybridtechnik nicht wirtschaftlich. „Momentan übersteigen die Kosten den Nutzen in Form von geringerem Energieverbrauch um ein Vielfaches. Das macht den Einsatz eines Hybridstaplers für Betreiber zum jetzigen Zeitpunkt wenig interessant“, erklärt Sieverdingbeck und verweist auf die hohen Kosten der Lithium-Ionen Batterie.
Faktoren in der Kostenrechnung
Ein anderer Weg, Ressourcen zu sparen, ist der Einsatz effizienterer Fahrzeuge, die weniger verbrauchen, dabei aber mehr leisten. Höchst interessant ist hier, dass bessere Produktivität geringere Arbeitskosten bedeutet. Das jedoch gerät allzu oft aus dem Blick.
„Wenn es um die Ermittlung der Kosten für Flurförderzeuge geht – auf neudeutsch TCO (Total Cost of Ownership) –, kommt häufig nur die VDI-Richtlinie 2695 zum Einsatz“, bedauert Lutz H. Peper, Geschäftsführender Gesellschafter der Willenbrock Fördertechnik GmbH & Co. KG. „Diese setzt sich aber nur aus Finanzierungskosten, Servicekosten und Energiekosten zusammen.“ Dabei wäre die Produktivität für die Gesamtkostenermittlung entscheidend: „Wenn Sie sich einmal eine Rechnung über fünf Jahre ansehen, machen die Finanzierungskosten nur noch 9 % aus. Der Löwenanteil sind die Personalkosten mit 71,4 %, die Energiekosten schlagen immerhin mit 14,1 % zu Buche, die Servicekosten mit 5,5 %.“
Allein den Kraftstoffverbrauch zu messen (nach VDI 2198), bringt laut Peper auch nichts. „Damit messen Sie nicht die Zeit, die der Gabelstapler benötigt, um seine Aufgaben zu erledigen“, betont der Profi. Er setzt stattdessen auf den TÜV-zertifizierten Gabelstapler-Leistungstest. Dieser misst u.a., wie lange es dauert, die Last aufzunehmen, zu transportieren und wieder abzusetzen.
Die für die Entscheidung maßgeblichen Parameter sind also Energieverbrauch und Zeit (von Personal und Service). Zeit ist dabei mehrfach wichtig, denn im Endeffekt braucht man bei besserer Produktivität weniger Stapler für dieselbe Arbeit, was ebenfalls Ressourcen spart. Und nebenbei steigt der Restwert bei einem Weiterverkauf, weil die Fahrzeuge nicht so lange im Einsatz waren.
Brennstoffzellen im Praxistest
Während Automobilhersteller wie Opel und Daimler in den nächsten Jahren Autos mit Brennstoffzellenantrieb herausbringen möchten, ist das alternative Antriebskonzept im Lager längst Wirklichkeit. Diese Technologie sitzt in der Praxis den E-Motoren auf, nur dass der Strom nicht aus der Batterie kommt, sondern von der Brennstoffzelle; sie wandelt die chemische Energie von Wasserstoff in elektrische Energie um. „Bei der Brennstoffzelle“, erklärt Sieverdingbeck, „gibt es zwei Elektroden, auf die entweder Wasserstoff oder Sauerstoff trifft. Dazwischen liegt eine Trennschicht, die Elektrolytmembran. Sobald die beiden Elektroden mit einem elektrischen Leiter verbunden werden, fließt der elektrische Strom, der das Fahrzeug antreibt.“ SuperCap-Hochleistungskondensatoren dienen zusätzlich als Puffer für Leistungsspitzen.
Linde MH hat seit Anfang 2010 Brennstoffzellenstapler im Sortiment. Zuletzt zeigte das Unternehmen auf der CeMAT 2011 gemeinsam mit dem österreichischen Batterieladesystemhersteller Fronius International einen Brennstoffzellenschlepper mit 3 t Zugkraft, der auf dem Schlepper Linde P30 C basiert. „In einem nächsten Schritt sollen die Fahrzeuge bei einem Projektkunden zum Einsatz kommen. Unter realen Bedingungen werden die Schlepper auf ihre Einsatztauglichkeit getestet. Nach und nach sollen weitere Fahrzeuge erprobt werden und gemachte Erfahrungen in die Weiterentwicklung der Brennstoffzellen-Lösung fließen“, berichtet Sieverdingbeck.
Teil 1 geht auf die Straße und sieht sich die aktuellen Neuerungen für den Güterverkehr an. Teil 2 sichtet das Lager. Mit einheitlichen Standards, optimalen Abläufen und intelligenten Lieferketten ist es auf dem richtigen Weg. Teil 3 rechnet nach, wann sich innovative Technik lohnt, und sagt, wo Fördermittel warten.
Tankstellen für Wasserstoff
Die Brennstoffzellen-Technologie hat mehrere Vorteile: Der Wirkungsgrad ist relativ hoch und hinten kommt nichts als Wasserdampf heraus. Außerdem entfallen die Akkuladezeiten, da die Fahrzeuge den Wasserstoff in einem Hochdrucktank mit sich führen. Allerdings hat dieser besondere Sprit auch einen großen Nachteil: Man kann ihn nicht so einfach an der nächsten Ecke kaufen. „Aus diesem Grund wenden wir uns aktuell noch an Kunden“, sagt der Unternehmenssprecher, „die Wasserstoff bereits in ihrem Produktionsprozess einsetzen oder aus anderen Gründen bereits eine Wasserstofftankstelle auf dem Betriebsgelände haben.“
Es besteht aber Hoffnung auf Abhilfe. So haben bereits erste öffentliche Wassertankstellen ihren Dienst angetreten. Außerdem hat Daimler angekündigt, gemeinsam mit The Linde Group, dem Spezialisten für Industrie-, Prozess- und Spezialgase (und nicht identisch mit Linde Material Handling) mindestens 20 Wasserstofftankstellen zu bauen. Der Automobilhersteller hat nämlich Großes vor und die Einführung seiner Brennstoffzellenautos auf 2014 vorgezogen.