Irrtum im Namen der Firma
Von Christine Lendt
Der Außendienstler schließt ungültige Verträge ab, der Verkäufer gibt falsche Produktinfos weiter, die Sekretärin verstimmt Stammkunden mit unwahren Aussagen. Da rauft man sich als Chef die Haare. Und nicht nur das: Meist muss man dafür auch noch gerade stehen. Gut dran ist, wer seine Mitarbeiter im Griff hat.
Es ist normalerweise nicht der Unternehmer persönlich, der Artikel verkauft, Lieferungen verschickt oder Kunden am Telefon betreut. Dafür hat man zu viel um die Ohren – und seine Mitarbeiter. Und die nennt die Rechtssprechung „Erfüllungsgehilfen“ bzw., sofern sie nur weisungsgebunden handeln, „Verrichtungsgehilfen“. Sie helfen dem Chef, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen und die täglichen Aufgaben zu verrichten.
So ist ein Autohändler beim Kauf eines Fahrzeugs zwar der Vertragspartner des Kunden, doch das gesamte Geschäft wickelt ein Verkäufer ab, eben als „Erfüllungsgehilfe“ des Händlers. Nun stelle man sich vor, ein Kunde bestellt einen Wagen mit umfangreicher Sonderausstattung. Der Verkäufer sagt ihm zu, dass das Auto innerhalb weniger Tage abholbereit sei – doch ohne sich genau beim Hersteller zu informieren. Das Ganze dauert dann doch zwei Wochen; der Kunde, selbst Unternehmer, hätte das Fahrzeug aber dringend benötigt. Ihm entsteht unnötiger Aufwand, zumal er mittlerweile auf Geschäftsreise in Singapur ist.
Der Unternehmer ist leistungspflichtig
Muss ich als Firma also halten, was meine Mitarbeiter versprechen? Die Rechtssprechung sagt: Generell schon (§ 278 BGB).
… aber im konkreten Einzelfall steckt bei allen Haftungsfragen der Teufel im Detail. Um einen Anwalt kommen Sie da einfach nicht herum.
Der Leistungspflichtige ist nun mal der Unternehmer. Er gestaltet die Arbeitsbedingungen und muss seine Mitarbeiter auf ihre Aufgaben vorbereiten. Dazu gehören eine vernünftige Einarbeitung, Schulungen und Weiterbildungsmaßnahmen. Es liegt auch in seiner Hand, alle Tätigkeiten der Angestellten zu kontrollieren. Daher haftet der Arbeitgeber in der Regel für Fehlleistungen seiner Mitarbeiter.
Wer also seine Sekretärin auf Kunden loslässt, sei es am Telefon oder persönlich, sollte sich sicher sein, dass die Konversation stimmt: Kennt sie alle relevanten Abläufe, erteilt sie schon zuverlässige Auskünfte? Vorher sollte man sie nicht alleine im Büro walten lassen, sondern für Rückfragen zur Seite stehen. Das kann auch ein gut geschulter Abteilungsleiter übernehmen.
Mitarbeiter haften für Fahrlässigkeit
Unter bestimmten Umständen muss allerdings auch ein Mitarbeiter für seine Fehler gerade stehen. Hier unterscheidet die Gesetzgebung zwischen „grober“, „normaler“ und „leichter“ Fahrlässigkeit des Handelns. Die Einschätzung, was in einem konkreten Fall vorliegt, ist natürlich diffizil und sollte den Juristen überlassen bleiben.
Grundsätzlich lässt sich dennoch sagen: Verletzt ein Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten auf massive Weise, muss er Schadensersatz leisten. Dann trägt er die Hauptlast oder sogar den gesamten Schaden. Er ist also dran, wenn er im Rahmen seines Jobs grob fahrlässig handelt oder vorsätzlich etwas zerstört. Und allein darauf beschränkt das Bundesarbeitsgericht die Arbeitnehmerhaftung. Das bedeutet: Bei leichter Fahrlässigkeit haftet der Arbeitnehmer schon nicht mehr. Bei normaler Fahrlässigkeit muss der Schaden von beiden Seiten getragen werden. Ausschlaggebend für den Haftungsanteil des Arbeitnehmers ist der Grad des Verschuldens, dass ihm vorgeworfen werden kann. Es ist also von Bedeutung, ob ein Verkäufer ein einzelnes Produkt aus Schusseligkeit falsch auszeichnet oder ob er ganze Regale vorsätzlich mit falschen Preisen versieht, weil er sich so den Marktleiter geärgert hat.
Eine Rolle spielt auch der Gefahrengrad der Arbeit. Handelt es sich um eine komplexe Tätigkeit, bei der jedem gelegentlich Fehler unterlaufen können, wie beim Programmieren ganzer Betriebssysteme? Oder geht es nur darum, ein Word-Dokument zu verschicken? Zur Beurteilung werden noch weitere Aspekte herangezogen, wie die Höhe des Schadens und des Arbeitsentgelts. Mitunter haben sogar persönliche Umstände des Arbeitnehmers ein Gewicht: sein Alter, seine Familienverhältnisse, private Sorgen. Und: Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht. Das heißt, sie müssen das finanzielle Risiko bei gefährlichen Tätigkeiten begrenzen – zum Beispiel durch den Abschluss einer entsprechenden Versicherung.
Fazit: Qualifizierung und Kontrolle
Ein Unternehmer sollte alle verfügbaren Führungsinstrumente nutzen und genau wissen, was seine Mitarbeiter können und wo noch potenzielle Fehlerquellen liegen. Intensive Schulungen und Einarbeitungsphasen, Vertriebsbegleitungen und -coachings kosten zwar zunächst, zahlen sich aber langfristig aus. Zumal Fehler nicht nur materiellen Schaden anrichten, sondern auch zu schweren Imageverlusten führen können.