Highspeed-Kupferverkabelung: Was die neuen RZ-Verkabelungsnormen bringen

Im März verabschiedet IEEE 802.3bq den Standard für 25/40GBase-T. Etwa zeitgleich werden auch ISO/IECs 11801 und EIA/TIA PN-568-C.2-1 die Verkabelungsstandards für 25 und 40 GBit/s über Kupfer veröffentlichen. Eine erste Machbarkeitsstudie zu 100GBase-T zeigt, dass auch diese Datenraten via Kupfer übertragbar sind.

40 GBit/s auf dem Sprung zu 100 GBit/s

Von Doris Piepenbrink

Vor allem Cloud Computing und das Arbeiten mit mächtigen Unternehmensanwendungen per virtual Machines erfordert schnelle Netze und insbesondere in Rechenzentren Highspeed-Anbindungen für die Server. Noch reichen 10 GBit/s aus; danach könnte man auf Glasfaser umstellen. Doch für 40-Gigabit-Ethernet nach IEEE 802.3ba sind acht Multimode-Fasern notwendig, allerdings über hundert und mehr Meter. Die Projektgruppe PT 40G, die seit 2012 für ISO/IEC 11801 und in Kooperation mit IEEE 802.3 die Kriterien für eine 40GBase-T-Verkabelung erarbeitet hat, schätzte einen Port-Preis von unter 400 Euro für 40GBase-T. Eine entsprechende Glasfaserverbindung mit Multimodefasern käme demnach grob geschätzt auf das Doppelte. Selbst bei Übertragungen im HF-Bereich scheint Kupfer demnach immer noch die preisgünstigere Technik zu sein.

Für die Übertragung von 25/40GBase-T setzte das Gremium eine maximale Verbindungslänge von 30 m fest. In den meisten Rechenzentren wird das ausreichen. IEEE 802.3bq nutzt dabei die Modulationsalgorithmen von 10-Gigabit-Ethernet. Auch die entscheidenden Übertragungsparameter sind gleich geblieben: Einfügedämpfung (Insertion Loss), Rückflussdämpfung (Return Loss), Nebensprechen zwischen den Adernpaaren am nahen (NEXT) und am entfernten Ende (FEXT) sowie das Übersprechen von benachbarten Leitungen (Alien Crosstalk). Um 40 GBit/s zu erreichen, übertragen die Netzwerkkarten dann jeweils 10 GBit/s über ein Adernpaar.

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Die Übertragung von 40GBase-T mit je 10 GBit/s über vier Adernpaare. (Bild: Leoni-Kerpen)

25 GBit/s kam 2014 in die Diskussion, nachdem das 25G-Ethernet-Konsortium um Cisco und Google eine Technik präsentieren konnte, mit der die gesamte Datenrate parallel über alle Adernpaare gesendet wird, analog zu 10-Gigabit-Ethernet. PHY-Schnittstellen für 25GBase-T benötigen weniger Leistung als solche zur Parallelübertragung von 4×10-Gigabit-Ethernet. Für 25-GBit/s-Übertragungen gibt es bereits aktive Komponenten, unter anderem von Cisco und Broadcom. Broadcom hat außerdem letzten Sommer mit der NetXtreme-C-Serie Controller-Chips für 25/40/50-GBit/s-Ethernet vorgestellt. Darin ist auch die Zukunftsstrategie des 25G-Ethernet-Konsortiums erkennbar: Im nächsten Schritt sollen jeweils 25 GBit/s über zwei Adernpaare laufen, um auf 50 GBit/s zu kommen.

Die Verkabelungsnormen

Zu 25/40GBase-T bringt ISO/IEC 11801 im Frühjahr zwei Verkabelungsvarianten als Standard heraus, die beide auf einem 30 m langen Channel ohne die Anschlussstecker basieren: Kategorie-8.1-Komponenten für einen Klasse-I-Channel sowie Kategorie-8.2-Komponenten für einen Klasse-II-Channel.

Die amerikanische EIA/TIA Category 8 unterscheidet sich nicht wesentlich von Kategorie 8.1, Klasse I. Dieser regionale Standard basiert auf foliengeschirmten F/UTP-Komponenten der amerikanischen Cat.6A. Bisher ist noch keine Anschlusstechnik nach EIA/TIA Category 8 verfügbar.

Die ISO/IEC-Kategorien 8.1 und 8.2 im Vergleich

ISO/IEC 11801, Ausgabe 3
  Kategorie 8.1, Klasse I Kategorie 8.2, Klasse II
max. Übertragungsfreqenz 2,0 GHz 2,0 GHz
basiert auf/rückwärtskompatibel zu ISO/IEC Kat. 6A (500 MHz) ISO/IEC Kat. 7A (1000 MHz)
neue Kabelnorm IEC 61156-9 IEC 61156-10
neue Norm Stecker/Buchse IEC 60603-7-81/82 IEC 61076-3-110/104

Quelle: Doris Piepenbrink

Kategorie 8.1, Klasse I

Bei der Festlegung der Kriterien für die Verkabelung ging die zuständige Projektgruppe PT 40G bei ISO/IEC JTC1 SC25 WG3 für Kategorie-8.1-Komponenten von optimierten Kategorie-6A-Komponenten (500 MHz) aus, deren Übertragungseigenschaften für Frequenzen bis 1,6/2 GHz interpoliert wurden. Die Komponenten sind rückwärtskompatibel zu Kategorie 6A.

Kategorie-8.1-Stecker/Module nach IEC 60603-7-81/82 sind derzeit noch nicht verfügbar, werden aber im Wesentlichen Cat.6A-Komponenten sein, deren Kompensation für Frequenzen bis 2 GHz optimiert ist. Kabel für bis zu 2 GHz sind mit den in Deutschland häufig verlegten PiMF-Kabeln (Paare in Metallfolie) kein großes Problem und verfügbar. Die zugehörige Komponentennorm ist IEC 61156-9.

Kategorie 8.2, Klasse II

Verkabelungen nach Kategorie 8.2, Klasse II, basieren auf Kategorie-7A-Komponenten und sind hierzu rückwärtskompatibel. Somit findet man in den neuen Normen IEC 61076-3-110/104 die Buchsen und Steckgesichter Tera, GG45 und ARJ. Diese müssen allerdings für Übertragungsraten bis 2 GHz ausgelegt sein. Bereits heute geben viele Hersteller an, dass ihre Kategorie-7A-Komponenten deutlich höhere Frequenzen als die geforderten 1 GHz unterstützen. Hier ist der Kompensationsaufwand für NEXT und FEXT um etwa 20 dB geringer als bei Kategorie 8.1. So werde es laut Yvan Engels von Leoni Kerpen, Projektleiter der Arbeitsgruppe PT 40G in der WG3, schnell Anschlusstechnik für Kategorie 8.2 geben. Das Gleiche gilt für die Kabel. Hier sind S/FTP-Kabel vorgeschrieben, also die in Deutschland verbreiteten PiMF-Kabel.

VDE-AR-E 2800 902 2014-10

Der VDE beruft sich mit seiner Anwendungsregel VDE-AR-E 2800 902 2014-10 auf die installierte Basis in Deutschland: Hier seien S/FTP Kabel stark verbreitet, und bei Frequenzen über 500 MHz setzen die Netzbetreiber in der Regel Verkabelungslösungen der Klassen F und FA ein. So schreibt die im Sinne von VDE 0022 beschlossene Anwendungsregel bei Datenraten von 40 GBit/s und darüber die Verwendung der Kategorie 8.2 vor. Dabei sei der Kompensationsaufwand deutlich geringer als bei Kategorie 8.1.

Next hop: 100GBase-T

Während die neuen 25/40-GBit/s-Standards noch nicht verabschiedet sind, arbeitet Prof. Dr. Albrecht Oehler an der Hochschule Reutlingen im Rahmen eines Verbundprojekts bereits an einer Machbarkeitsstudie für 100 GBit/s über Kupfer. Auf der 22. Fachtagung der Informationstechnischen Gesellschaft im VDE im Dezember 2015 in Köln stellte er erste Ergebnisse vor: Die Übertragung von 4 × 25 GBit/s funktioniert. Das Team hat dafür eine PAM-32-Modulation eingesetzt. Bei dieser hochwertigen Leitungsmodulation ist laut Prof. Oehler eine HF-Signalentzerrung notwendig. Für die Messungen wurde ein PiMF-Kabel verwendet. Die Anschlusskomponenten werden voraussichtlich auf einem Steckgesicht der Kategorie 7/7A basieren.

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Schwarz auf Weiß
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Die international stark verbreitete ungeschirmte Technik ist bei Datenraten jenseits der 10 GBit/s an ihre Grenzen gestoßen. Das schlägt sich auch in der Normierung nieder. Und selbst mit foliengeschirmten Kabeln ist der Aufwand nach Einschätzung von Prof. Oehler, Leiter der WG3 in ISO/IEC JTC1 SC25, noch viel zu hoch, um marktfähige Lösungen zu entwickeln. Deshalb normiert das US-Gremium TIA derzeit zahlreiche Zwischenstandards für 5- bis 40-Gigabit-Ethernet. Es ist fraglich, ob diese eine Marktdurchdringung wie die 10/100/1000Base-T erzielen werden.

Sinnvoll für IEEE 802.3 wären nach Einschätzung von Prof. Oehler im nächsten Schritt 100 GBit/s. Doch dazu müsste IEEE 802.3 PiMF-Kabel bewusst in die Normung integrieren, um damit den Schaltungsaufwand in den Netzwerkkarten klein zu halten. Die Verkabelung würde dann auf Komponenten der international genormten Kategorien 7 und 7A basieren. Dazu müssten auch die Hersteller der aktiven Technik mit auf diesen Zug springen. Derzeit sieht es noch nicht danach aus, wenn das 25G-Ethernet-Konsortium im nächsten Schritt 50-Gigabit-Ethernet auf RJ45-Basis sieht und hierzu bereits erste Produkte präsentiert: Die Controller der NetXtreme-C-Serie von Broadcom sind nicht nur für 40GBase-T, sondern auch für 25 und 50 GBit/s ausgelegt. Da ist es klar, dass das über Anschlüsse der ISO/IEC-Kategorie 8.1 laufen wird, sobald für 2 GHz ausgelegte Anschlusstechnik verfügbar ist.

Dieser Artikel basiert auf Informationen von Yvan Engels von Leoni-Kerpen, Projektleiter der Arbeitsgruppe PT 40G in ISO/IEC JTC1 SC25 WG3, und Prof. Dr. Albrecht Oehler, Hochschule Reutlingen, Leiter der WG3 in ISO/IEC JTC1 SC25 – diese Arbeitsgruppe erarbeitet die ISO/IEC 11801.

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