Was Industrie- und Handelskammern können
Von Christine Lendt
Nicht wenige Firmeninhaber knüllen das Papier unwillig Richtung Papierkorb, wenn wieder Post von der IHK im Briefkasten ist. Viele zahlen ja pflichtgetreu ihre Beiträge und halten das für hinausgeschmissenes Geld: „Was habe ich denn davon?“ – Wenn man genau hinschaut: ziemlich viel.
Die Industrie- und Handelskammern haben ihr Leistungsspektrum in den vergangenen Jahren konsequent ausgeweitet und sind in weiten Bereichen ein recht effektiver Servicebetrieb geworden, der u.a. bei Unternehmensgründung oder einer Expansion ins Ausland von Nutzen sein kann, im Wettbewerbsstreit vermittelt, Ursprungszeugnise ausstellt und sich überhaupt mit zahllosen Vorschriften und Bestimmungen bestens auskennt. Die jeweilige Organisation vor Ort weiß außerdem über die Lage der Region genau Bescheid. Es gibt keinen Grund, dieses Know-how nicht auch zu nutzen. Mitglied sind Sie sowieso.
81 unter einem Dach
Unter dem Dach des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) vereinigen sich insgesamt 81 Industrie- und Handelskammern. Die IHK agieren eigenverantwortlich, als öffentlich-rechtliche Körperschaften, und repräsentieren das ökonomische Gesamtinteresse einer breiten Unternehmerbasis: 3,6 Mio. gewerbliche Unternehmen sind ihre Mitglieder. So soll ein Interessensausgleich aller Entscheider geschaffen werden, der auch gegenüber politischen Instanzen Bestand hat.
Diese Anliegen vertritt dann der DIHK gegenüber der Bundespolitik und den europäischen Institutionen. Die Dachorganisation setzt sich vor allem für die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes, für eine leistungsgerechte Gestaltung des Steuer- und Abgabensystems sowie den Abbau der Bürokratie ein.
Über 50% KMU
Die IHK verstehen sich ausdrücklich als Spiegelbild der regionalen Wirtschaftsstruktur. Alle Branchen, Regionen und Unternehmensgrößen sind in ihren Gremien vertreten. Jedes Mitglied hat das gleiche Stimmrecht, egal ob Großmarkt, Gemüsehändler oder Taxiunternehmer. Sie alle wählen die „Parlamente“ der IHK, die so genannten Vollversammlungen. Dabei haben kleine Gewerbetreibende ein großes Gewicht: Mehr als die Hälfte der vertretenen Unternehmen haben weniger als 50 Mitarbeiter.
Mitgliedschaft
Die politische Funktion der IHK als Interessenvertretung lebt von ihrer breiten Basis. Nur wenn alle Unternehmen Mitglied sind, so wird argumentiert, kann man auch die Interessen aller Gewerbetreibenden vertreten. Daher ist jedes deutsche Unternehmen im Inland gesetzlich zur Mitgliedschaft in einer IHK verpflichtet. Ausgenommen sind Handwerksbetriebe (die sich in den Handwerkskammern organisieren), freie Berufe und landwirtschaftliche Betriebe.
Jedes Mitgliedsunternehmen leistet einen Beitrag, der sich an seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit orientiert. So wollen die IHK ihre Unabhängigkeit vor Einzelinteressen und gegen staatliche Einflussnahme sichern. Und es bedeutet, dass eine IHK alle Branchen und Betriebsgrößen gleichermaßen vertreten muss.
Auslandshandelskammern
Ausländische Märkte eröffnen neue Horizonte, bringen aber auch ungewohnte Ansprüche mit sich. Hier stehen die Auslandshandelskammern zur Seite: Es gibt rund 120 AHK-Büros, in mehr als 80 Ländern weltweit. Die Büros finanzieren sich größtenteils aus den Eigeneinnahmen, also aus den Beiträgen der rund 40.000 Mitglieder und dem Verkauf ihrer Dienstleistungen. Mehr Infos finden Sie unter www.ahk.de.
Ziele und Leistungen
Die IHK-Organisation versteht sich als gemeinsames Unternehmen aller Mitgliedsfirmen. Deshalb arbeitet eine IHK so, wie es auch Unternehmer tun (sollten): kundenorientiert. Unter Federführung des DIHK wurde die Vernetzung von IHK und Auslandshandelskammern weiter vorangetrieben und ein hoher Leistungsstandard aufgebaut.
Gründung, Finanzierung, Nachfolge
Eine zündende Geschäftsidee hat ihren Wert. Doch zum Dauerbrenner wird sie erst, wenn das ganze Konzept stimmt und die Finanzierung steht. Wie erarbeitet man einen stimmigen Business Plan? Was ist bei Bankgesprächen zu beachten? Welche öffentlichen Förderhilfen gibt es? Wie erreicht man seine Kunden? – Fragen wie diese können Sie an Ihre IHK richten. Viele Kammern haben auch Webtools im Programm, mit denen ein Business Plan direkt am PC erstellt werden kann, oder sogar ganze Online-Kurse. Sie können zum Beispiel den Existenzgründerkurs der IHK Berlin oder die Gründungswerkstatt der Handelskammer Hamburg besuchen.
Langfristig ist kaum etwas maßgeblicher als die Nachfolgeregelung. Um Erhalt und Entwicklung der Firma zu sichern, sollte man sich also rechtzeitig auf diese Entscheidung vorbereiten. Die IHKs unterstützen auch hier mit persönlichen Beratungsgesprächen und Veranstaltungen.
Partner im Ausbildungspakt
Zu den Hauptaufgaben der IHK zählt die Ausbildung. Die Kammern nehmen pro Jahr rund 500.000 Zwischen- und Abschlussprüfungen ab. Der DIHK ist auch Partner des Ausbildungspakts, den Wirtschaft und Politik 1994 schlossen, um die Ausbildungssituation in Deutschland zu verbessern; aktuell ist er bis zum Jahr 2010 verlängert.
Umweltschutz
Für moderne Unternehmer ist auch der Umweltaspekt ein Muss. Dafür haben die IHK das Kommunikationssystem IHK-UMKIS eingerichtet, das Wissenswertes rund um das Thema bereit stellt. Neben aktuellen Nachrichten gibt es zahlreiche Infos, zum Beispiel über Fördermaßnahmen, Recycling, Umweltgutachter oder Umweltrecht.
Mit ihrer Recyclingbörse betreibt die IHK-Organisation außerdem eine umfassende Datenbank zur überbetrieblichen Vermittlung von verwertbaren Produktionsrückständen und -abfällen.
Fazit: Zuerst zur IHK
Diese Auswahl aus den übergreifenden Angeboten der IHK lässt erahnen, was erst die einzelnen Niederlassungen bieten, die ja konkret vor Ort für ihre Region arbeiten. Als Faustregel gilt für KMU: Die IHK weiß viel, wenn nicht praktisch alles. Wer nicht in einem ersten Schritt dort Rat und Tat einholt, wo er ohnedies Beiträge zahlt, verschenkt das Beste.