IT-Berufe bei der Eisenbahn: Wer Code für die Schiene schreibt

Die traditions­reiche Eisen­bahn hat sich mittler­weile in eine moderne Hoch­technologie­branche ver­wandelt. Loko­motiven, Signal­anlagen und Weichen, die Verkehrs­planung und der Ticket­verkauf – so gut wie jeder Bereich ar­beitet mit zeit­gemäßer Informations­technik, die nach aus­gewiesenen Spe­zialisten verlangt.

Informatiker im Stellwerk

Von Friedrich List

Der Anteil der IT-Fachkräfte in der Bahnindustrie wächst unaufhaltsam. Auch IT-Quereinsteiger, die sich entsprechend weitergebildet haben, sind gefragte Anwärter auf einen gut dotierten Job im Schienenverkehr. Denn das Spektrum der potenziellen Arbeitgeber ist breiter, als man denken möchte. Neben dem Marktführer Deutsche Bahn bieten auch international aufgestellte Großunternehmen, mittelständische Zulieferer und Privatbahnen verantwortungsvolle Aufgaben im Schnittstellenbereich zwischen der rein technischen Entwicklung und der Arbeit an der Steuerungssoftware. Und nicht nur Bahntechnik und IT entwickeln sich ständig weiter, sondern auch das Umfeld der technischen Sicherheitsanforderungen.

Klare Weichenstellung beim Branchenführer

Die Deutsche Bahn beschäftigt rund 7000 IT-Experten, so Annamaria Dahlmann, die in Frankfurt für die Einstellung von Hochschulabsolventen aus den entsprechenden Studiengängen zuständig ist. „In den letzten Jahren haben wir rund 250 neue IT-Mitarbeiter jährlich eingestellt“, sagt sie. Obwohl diese Zahl für 2016 schon erreicht sei, gebe es immer noch 300 offene Stellen. Der Berufseinstieg läuft dabei über verschiedene Wege: Die Bahn bietet klassische Berufsausbildungen, duale Studiengänge und betreute Abschlussarbeiten sowie einen Einstieg direkt nach dem Studium an.

Neben den einzelnen Geschäftsbereichen, wie etwa dem Fernverkehr oder der Logistik, werden IT-Spezialisten auch für die sogenannten Innovation Labs gesucht. Mit ihnen will die Bahn Arbeitsmethoden und kreative Prozesse aus der Start-up-Welt ins Unternehmen holen. Hinzu kommen Aufgaben bei DB Systel, dem internen IT-Dienstleister der Bahn. DB Systel erbringt Dienstleistungen für den Gesamtkonzern, die andere Unternehmen an externe Firmen vergeben würden.

Der Personalbedarf der Bahn beruht auf ihrer Digitalisierungsstrategie. Mehr und mehr Anlagen werden mit Sensoren und Überwachungstechnik ausgestattet, digitale Systeme übermitteln ständig, ob technische Einrichtungen funktionieren oder ob Reparaturen erforderlich sind. Auch Lokomotiven sind heute komplexe Hightech-Produkte, die Leittechnik einer modernen Lok verknüpft mehr als 500 Einzelsysteme aus Hard- und Software. In nicht allzu ferner Zukunft sollen sie sogar automatisch fahren und aus Leitzentralen überwacht werden. Hinzu kommt der Ausbau von WLAN-Zugängen in den Zügen oder der Online-Verkauf von Tickets. In diesem Verbund werden immer mehr Daten erhoben, verwaltet und ausgewertet. Da sind vor allem Big-Data-Experten gefragt, die analysieren können, wie sich Reisende besser zurechtfinden und die Technik reibungsloser funktioniert.

Mit Volldampf auf der Nebenstrecke

Auch die eher dem Mittelstand zuzurechnenden privaten Bahnunternehmen brauchen immer mehr IT-Fachkräfte. Die Transdev GmbH, das größte private Bahn- und Busunternehmen in Deutschland, liefert ein gutes Beispiel für diese Entwicklung. „Es ist deutlich zu erkennen, dass die IT wächst“, sagt Tina Michel, die bei Transdev zwei IT-Teams leitet. Das Unternehmen beschäftigt bisher 25 IT-Mitarbeiter. Während das Applikationsmanagement Projekte steuert, Anwendungen weiterentwickelt und die verwendete Software betreut, kümmert sich ein Infrastruktur-Team um den laufenden Betrieb. Ein Service Desk unterstützt den Einsatz der einzelnen Anwendungen.

Gerade für jüngere IT-Experten, die aus der Wirtschaftsinformatik kommen, ist das Anwendungsmanagement ein sehr attraktives Berufsfeld. Auch wer sich für Business Intelligence interessiert, hat gute Chancen. Und natürlich ist auch hier Big Data ein wichtiges Thema. „Es werden immer mehr Daten erfasst und verwaltet“, stellt Tina Michels fest, denn das Management erwarte eine gründliche Dokumentierung. Für die Zukunft sieht sie vier Kernbereiche: Projektleitung, Entwicklung und Betrieb, Software und den Support.

Auf den Zug springe ich auf

Das Innovationstempo im Bahnbereich lässt allerdings noch etwas zu wünschen übrig. Derzeit liegt die IT-Durchdringung etwa bei 60 %, immerhin mit steigender Tendenz. Zum Vergleich: Der Bankensektor kommt hier auf ca. 80 %. Konkurrenz scheint die Bereitschaft für technische Neuerungen zu beleben, die dabei helfen, Ausschreibungen und steigende Sicherheitsanforderungen besser zu meistern. Doch hoch motivierte IT-Spezialisten werden auch bei der Bahn den Fahrplan beschleunigen.

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Friedrich List ist Journalist und Buch­autor in Hamburg. Seit Anfang des Jahr­hunderts schreibt er über Themen aus Computer­welt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raum­fahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Inter­nationalen Raum­station. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.

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