Faules Holz aus fernen Wäldern
Holzhäuser, Holzmöbel, Holzspielzeug – sie alle haben den Ruf, ökologisch unbedenklich zu sein. Aber nicht immer stammt das Holz für diese Produkte aus nachhaltig bewirtschafteten europäischen Wäldern, sondern aus den Tropen- und Urwäldern der Dritten Welt und der Schwellenländer, darunter v.a. aus Brasilien und Indonesien, China, dem Kongo und Russland.
Dort entstehen durch den Raubbau nicht nur schwärende Wunden in den ökologisch oft hypersensiblen Waldregionen, sondern auch große soziale Probleme, u.a. durch die Vertreibung der Ureinwohner und Bauern ganzer Regionen sowie durch Korruption und organisiertes Verbrechen.
Ökologisch und ökonomisch verderblich
Die Dimensionen des illegalen Holzhandels sind für Branchenfremde kaum nachvollziehbar: 2006 stammte nach einer Analyse der EU-Außenhandelsdaten durch den WWF (zu finden in der Studie „Illegaler Holzeinschlag und Deutschland“) fast ein Fünftel des nach Deutschland eingeführten Holzes aus illegalen Holzeinschlägen. Damit lag Deutschland weltweit auf Rang 3 der Käuferstaaten. Der größte Teil der Einfuhren – über 10 Mio. m³ im Wert von mindestens 120 Mio. Euro – wurde aus Russland eingekauft.
Illegaler Holzeinschlag in Kambodscha (Bild: Paul Mason, USAID/Cambodia/OGD, 2007)
2008 ließ Greenpeace vom Ecologic Institut eine umfassende Studie mit dem Titel „Die ökonomischen Folgen des illegalen Holzhandels für die deutsche Holz- und Forstwirtschaft“ anfertigen. Die Autoren konnten darin nachweisen, dass der illegale Holzeinschlag sowohl zahlreiche Urwälder schwer schädigt als auch häufig die örtliche Artenvielfalt vernichtet.
Aber das ist nicht alles: Der Import dieser Hölzer schädigt laut Studie auch die deutsche Holz- und Forstwirtschaft. Die Autoren schätzten den entstehenden Umsatzverlust zum Zeitpunkt der Untersuchung auf bis zu 10 % bzw. 1 Mrd. Euro jährlich. Die Gründe für den Verlust lägen einerseits im gravierenden Image- und Vertrauensschwund, andererseits aber auch im durch den Import ausgelösten Preisdumping.
Initiativen gegen die Einfuhr
An Aktionsplänen und Absichtserklärungen gegen den illegalen Holzeinschlag und -import fehlt es nicht, aber an wirksamen Mitteln, die Absichten und Pläne auch umzusetzen. So beschlossen die G-8-Teilnehmer schon 1997 in Denver einen internationalen Aktionsplan für Wald. Die Weltbank startete ein Governance-Programm für Wald und mehrere FLEG-Programme (Forest Law Enforcement and Governance).
Die EU versucht mit einem FLEGT-Aktionsplan (Forest Law Enforcement, Governance and Trade)
- „in den Holz erzeugenden Ländern verantwortungsvolles Handeln zu fördern und freiwillige Partnerschaften mit diesen Ländern aufzunehmen, damit nur legal erzeugtes Holz in die Europäische Union eingeführt wird.“
Daneben existieren Initiativen im Rahmen der Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa (MCPFE) sowie eine Nordeurasische FLEG-Initiative der Russischen Föderation.
Ein anderer Ansatz besteht darin, vorhandene Abkommen rechtlich so zu reformieren, dass sie auch im globalen Handel mit Holz greifen. Das hierfür wichtigste und weltweit geachtetste internationale Abkommen ist das Washingtoner Artenschutz-Übereinkommen. Infrage kommen auch die Biodiversitätskonvention und die Klimarahmenkonvention. Darüber hinaus existieren mittlerweile zahlreiche nationale Sonderinitiativen und bilaterale Vereinbarungen, die ebenfalls den illegalen Holzeinschlag eindämmen sollen.
Rückverfolgbarkeit und Sanktionen
Das europäische Parlament stimmte kürzlich im Rahmen seines FLEGT-Aktionsplans einem Verbot des Verkaufs von illegal geschlagenem Holz und Maßnahmen zur Rückverfolgbarkeit sowie Sanktionen bei Nichteinhaltung zu. Es setzte zudem durch, dass die Nachweispflicht für die legale Herkunft des Holzes nicht nur für den Importeur, sondern die gesamte Verarbeitungskette gilt, um Schlupflöcher zu vermeiden. Im Herbst 2011 muss noch der Europäische Rat über das Verbot von illegalem Holz entscheiden. Da seine Zustimmung als sicher gilt, dürfte das Gesetz Anfang 2012 in Kraft treten.
Auf eine mögliche Schwachstelle wies der WWF schon im Vorfeld hin: Die bei Verstößen gegen das EU-Gesetz fälligen Strafen werden auf nationaler Ebene verhängt und können daher in jedem Mitgliedsstaat anders ausfallen. Die Wirksamkeit wird also davon abhängen, dass alle Mitgliedsstaaten in der Bestrafung konsequent und möglichst einheitlich vorgehen.
Informationsgrundlagen im Internet
Die wichtigsten Materialien zum Thema lassen sich online als PDF abrufen:
- Greenpeace-Studie: „Die ökonomischen Folgen des illegalen Holzhandels für die deutsche Holz- und Forstwirtschaft“ (2008),
- Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: „FLEGT – Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung“ (2007)
- WWF-Studie: „Illegaler Holzeinschlag und Deutschland“ (2008)
In der Tat scheint der weltweite illegale Einschlag seit einigen Jahren zum Teil deutlich zurückzugehen. So spricht eine Studie des Londoner Forschungsinstituts Chatham House von einem Rückgang seit 2002 um 22 % und im brasilianischen Amazonasgebiet sogar um 50–75 %. Es gibt aber auch Expertenschätzungen, nach denen noch immer bis zu 40 % der weltweit gehandelten Hölzer aus illegal abgeholzten Regenwäldern stammen. In einem aber sind sich alle Experten einig: Es gibt noch immer viel zu tun.
Zwielichtige Zertifikate
Kann der Konsument zur Bekämpfung des Problems beitragen? Diese Frage stellen sich viele ökologisch Verantwortungsbewusste. Die Antwort ist einfach – und unbefriedigend: Dem Holz sieht man seine Legalität leider nicht an. Der Konsument muss auf entsprechende Angaben und Zertifikate der Hersteller von Holzwaren achten und vertrauen. Wer exotische Holzsorten meidet, schließ damit zumindest potenziell aus, dass seinetwegen die besonders empfindlichen Tropenwälder geplündert werden. Angesichts der enormen Holzmengen aus Russland und dem übrigen Osteuropa liegt die rein mengenmäßig größere ökologische Gefahr allerdings bei nichttropischen Hölzern.
Übrigens sind viele Zertifikate wenig wert. So warnt die Stiftung Unternehmen Wald z.B. vor dem Label „Umweltfreundliches Plantagenholz“. Es sage nichts darüber aus, ob die Plantagen nachhaltig oder zu Lasten natürlicher Wälder kultiviert werden. Zudem sind Plantagen Monokulturen und damit für die Artenvielfalt schädlich. Auch dem Möbeletikett „Aus staatlich kontrollierter Forstwirtschaft“ solle man nicht unbedingt trauen. Es handle sich um kein international anerkanntes Zertifikat.
Fazit: Genuine Gütesiegel
Zu empfehlen seien die beiden international anerkannten Zertifikate PEFC und FSC, so die Stiftung. Das Siegel des Forest Stewardship Councils (FSC) wurde nach der Umweltkonferenz von Rio de Janeiro 1992 ins Leben gerufen. Es garantiert eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und wird weltweit von Umweltorganisationen, Gewerkschaften, Interessenvertretern indigener Völker sowie zahlreichen Unternehmen aus der Forst- und Holzwirtschaft unterstützt. FSC-zertifizierte Wälder werden von unabhängigen Fachleuten zertifiziert und regelmäßig kontrolliert. Auf der deutschen Website des FSC finden Konsumenten und Beschaffer öffentlicher Einrichtungen und Kommunen eine Produkt- und Papierdatenbank mit entsprechenden Tipps.
Auch die Website des Waldzertifizierungssystems Programme for Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC) bietet eine Datenbank mit Hinweisen auf nachhaltig produzierte Holzprodukte. Das PEFC-Siegel wurde einige Jahre nach dem FSC-Siegel von europäischen Holz- und Forstwirtschaftsvertretern gegründet. Es garantiert eine nachhaltige Forstwirtschaft, ist aber derzeit nur auf europäisches Holz beschränkt. Ein 100-prozentig verlässliches Ökozertifikat für Tropenhölzer, warnt die Stiftung Unternehmen Wald, gebe es derzeit nicht.