Forderungsmanagement: Moral ist gut, Kontrolle ist besser

Die Zahlungsmoral in Deutschland ist seit Jahren schlecht. Unbezahlte Rechnungen können aber den Tod eines mittelständischen Unternehmens bedeuten. Das Gegenmittel heißt Forderungsmanagement. Unser Beitrag sagt, worauf man achten muss.

Es muss nicht gleich mit Anwalt sein

Von Reinhard Gloggengiesser

Die Zahlungsmoral der Kunden mittelständischer Unternehmen (KMU) verschlechtert sich kontinuierlich. Besonders betroffen sind hiervon der Bau, angehende Handwerksmeister und allgemeine Dienstleistungen. Deutlich zu unterscheiden sind dabei private und gewerbliche Kunden.

Bei gewerblichen Kunden sind es in erster Linie kurzfristige Liquiditätsengpässe und hohe Zahlungsausfälle bei eigenen Kunden, die dazu führen, dass Zahlungen nicht fristgerecht geleistet werden. Dazu kommen als Ursachen eine zu geringe Eigenkapitalausstattung, das Ausnutzen des Lieferantenkredits und die schlechte Auftragslage. Eine eher untergeordnete Rolle spielen die Zahlungsverweigerung wegen Reklamationen oder schlichter Vorsatz.

Ganz anders das Bild bei privaten Schuldnern: Dort spielen Überschuldung und Arbeitslosigkeit die Hauptrolle, gefolgt von Liquiditätsengpässen und vorsätzlichem Nichtbezahlen. Betrachtet man die Insolvenzstatistiken des Statistischen Bundesamts, so wird deutlich, dass speziell private Insolvenzen immer häufiger werden.

Forderungsmanagement ist extrem wichtig

Vor diesem Hintergrund ist es klar, dass ein Unternehmer sich ständig mit dem Thema Zahlungsmoral seiner Kunden beschäftigen sollte. Zu schnell geht mancher in Vorleistung, nur um dann monatelang oder gar vergeblich auf sein Geld zu warten. Gerade für Unternehmer, die mit wenigen Kunden hohe Umsätze erzielen, kann der Ausfall nur eines Kunden existentielle Probleme verursachen. Bestehen keine Reserven oder ist die Kreditlinie bei der Hausbank erschöpft, droht dann schnell die Insolvenz. Sein Geld mit Hilfe von Prozesskostenfinanzierern einzuklagen, ist manchmal möglich, aber letzlich keine Lösung.

Ebenso klar ist, dass die meisten Unternehmer das Thema Zahlungsausfälle erst viel zu spät anpacken, dann nämlich, wenn ein Kunde sich als zahlungsunfähig oder -unwillig erweist. Das Hauptziel eines guten Forderungsmanagements muss es deshalb sein, diese Situation schon im Voraus ganz zu vermeiden oder das Risiko von Zahlungsausfällen zumindest erheblich zu vermindern.

Wichtig!
Diese Übersicht dient lediglich der groben Orientierung und Anregung und ersetzt keinesfalls die fachmännische Beratung durch einen Rechtsanwalt.

Wenn Sie akute Probleme mit einem zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Kunden haben, holen Sie unbedingt fachlichen Rat bei einem Anwalt, bei Ihrer Handels- oder Handwerkskammer oder bei einem zugelassenen Inkassounternehmen ein.

Unsere Checklisten wurden sorgfältig recherchiert, dennoch sind Abweichungen vom tatsächlichen Sachverhalt, u.a. aufgrund praktischer Rechtssprechung, nicht auszuschließen.

Zahlungsausfälle vermeiden – Grundlagen

Der erste Schritt zur Vermeidung von späteren Schwierigkeiten besteht darin, sich Klarheit über den Vertragspartner zu schaffen.

  • Handelt es sich um eine natürliche Person oder eine Firma?
  • Bei natürlichen Personen:
    • Ist es eine Einzelperson oder z.B. ein Ehepaar?
    • Kennen Sie die Vornamen?
    • Sind die Personen voll geschäftsfähig? Oder sind sie evtl. noch minderjährig? (Dann brauchen Sie die Einwilligung der Eltern.)
  • Bei Firmen:
    • Haben Sie es mit einem Einzelkaufmann oder einer juristischen Person (GmbH, OHG, KG, AG) zu tun?
    • Ist Ihr Gesprächspartner überhaupt zum Abschluss von Verträgen ermächtigt?
    • Wie lautet die genaue Firmierung?
    • Wer ist der gesetzliche Vertreter?
  • Ist die Bezeichnung des Auftraggebers im Schriftwechsel (Angebot, Auftragsbestätigung, Rechnung) immer richtig und einheitlich?

Ohne Schriftform geht gar nichts

Ebenso wichtig ist es, den Auftrag klar zu dokumentieren und auch spätere Änderungen festzuhalten.

  • Bestehen Sie auf einem schriftlichen Auftrag, den Sie auch schriftlich bestätigen!
  • Fertigen Sie schriftliche Vermerke über alle Verhandlungen und Telefongespräche an!
  • Im Fall eines späteren Streits über mündliche Absprachen können Sie selbst nicht Zeuge sein. Deshalb: Ziehen Sie bei solchen Gesprächen einen Zeugen hinzu! (Das kann auch ein eigener Mitarbeiter sein.)

Bei zweifelhaften Kunden …

Bei unbekannten Kunden und Aufträgen mit größerem Umfang empfiehlt es sich, besondere Vorsicht walten zu lassen. Ideal ist natürlich das Arbeiten auf Vorkasse – nur leider eben selten möglich.

  • Um Erkundigungen über die Zahlungsfähigkeit eines Vertragspartners einzuziehen, kann man Dienstleister wie Creditreform oder die Schufa nutzen. Dabei kann auch die Hausbank helfen.
  • Vereinbaren Sie Voraus- und Abschlagszahlungen! Bestimmen Sie hierfür Meilensteine und Zahlungsfristen!
  • Wenn Sie Geschäftsbedingungen benutzen, müssen diese ausdrücklich in den Vertrag einbezogen werden.

Aufträge in Teilrechnungen splitten

Speziell bei Aufträgen, deren Erfüllung sich über einen längeren Zeitraum hinzieht, sollten unbedingt Abschlagszahlungen während der Auftragslaufzeit vereinbart werden – idealerweise an bestimmte Fertigstellungsschritte gekoppelt, die schon vorab schriftlich festgehalten werden. So kann man das Risiko von Zahlungsausfällen dann auf die kleineren Teilschritte begrenzen, die noch nicht abgeschlossen sind.

Während der Ausführung eines Auftrags, der in Teilaufträge untergliedert ist oder bei dem Abschlagszahlungen vereinbart wurden, sollten Sie alle Arbeitsschritte schriftlich dokumentieren (z.B. in Form von Stundenzetteln oder Ergebniszusammenfassungen). Nur so können Sie Abschlagszahlungen auch konkret anfordern. Außerdem sinkt mit diesem stückweisen Vorgehen die Gefahr, dass der Kunde am Auftragsende behauptet, die Arbeiten seien nicht absprachegemäß durchgeführt worden.

  • Lieber dem Kunden gegenüber einmal öfter Zwischenergebnisse dokumentieren als zu selten!
  • Achten Sie darauf, dass Sie immer pünktlich und mängelfrei arbeiten!
  • Sollten Sie eine Leistung auf Kundenwunsch nicht fachgerecht erbringen, müssen Sie dies unbedingt schriftlich festhalten und ihn auch schriftlich auf Ihre Bedenken hinweisen!

Nachtragsangebote oder Änderungen

  • Prüfen Sie, ob Ihr Gesprächpartner überhaupt zur Erteilung oder Änderung des Auftrags berechtigt ist; speziell bei Architekten ist das nicht immer der Fall.
  • Bestätigen Sie jede Erweiterung oder Änderung des ursprünglichen Auftrags wiederum schriftlich!

Abnahme und Zahlungsziel

Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, muss die Leistung oder das Produkt zunächst vom Kunden abgenommen werden, bevor der eigentliche Rechnungslauf beginnt.

  • Bestehen Sie auf der Abnahme der Leistungen und wählen Sie auch hier die Schriftform! Zumindest sollten aber Zeugen bei der Abnahme anwesend sein.
  • Banal, aber wichtig: Schreiben Sie die Schlussrechnung. Beschreiben Sie die erbrachten Leistungen genau und prüfen Sie die Rechnung nochmals auf Vollständigkeit.
  • Setzen Sie eine Zahlungsfrist.
  • Prüfen Sie: Können Sie die Zustellung der Schlussrechnung beweisen?

Wann entsteht Zahlungsverzug?
Im Geschäft zwischen Gewerbetreibenden und sonstigen Selbstständigen entsteht ein Zahlungsverzug automatisch 30 Tage nach Zustellung der Rechnung. Eine gesonderte Mahnung ist hierfür nicht erforderlich.

Im Geschäft mit Privatkunden (Endabnehmern) tritt der Zahlungsverzug erst dann ein, wenn der Schuldner schriftlich gemahnt wurde, es sei denn, er wurde in der Rechnung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Zahlungsverzug automatisch nach Verstreichen der 30-Tage-Frist einsetzt.

Jetzt erst ist der Kunde rechtlich verbindlich verpflichtet, Ihre Rechnung zu begleichen. Das gilt es zu überwachen:

  • Überprüfen Sie den Zahlungseingang!
  • Mahnen Sie fällige Zahlungen konsequent und zügig an!
  • Tun Sie dies ruhig auch persönlich oder telefonisch (dann möglichst mit Zeugen)!
  • Machen Sie ab Fälligkeitsdatum der Rechnung Verzugszinsen geltend (siehe den folgenden Kasten).
  • Schalten Sie bei Streitigkeiten einen Rechtsanwalt ein!

Folgen des Zahlungsverzugs
Mit Beginn des Zahlungsverzugs ist der Gläubiger berechtigt, vom Schuldner neben dem eigentlich geschuldeten Betrag auch Verzugszinsen auf den geschuldeten Betrag einzufordern. Diese dürfen im gewerblichen Verkehr bis zu 8 % über dem Leitzins der Europäischen Zentralbank liegen, gegenüber privaten Schuldnern um bis zu 5 % darüber.

Zusätzlich hat der Schuldner für alle Kosten aufzukommen, die dem Gläubiger durch das Eintreiben der Schuld entstehen (Mahnkosten, ggf. Einschaltung eines Inkassounternehmens und schlussendlich auch Gerichtskosten).

Erst mit Eintreten des Zahlungsverzugs ist der Gläubiger berechtigt, ein gerichtliches Mahnverfahren einzuleiten

Fazit: Jede Mahnung trifft

Die hier geschilderte Vorgehensweise sollte in den meisten Fällen dazu beitragen, dass Sie wenig Probleme mit Zahlungsausfällen haben. Der wichtigste Grundsatz ist dabei der gleiche wie in der Medizin: Vorbeugen ist besser als heilen. Und: Ehrliche Kunden werden sich von einem konsequenten, an der Schriftform und an Terminen orientierten Vorgehen nicht irritieren lassen. Ganz im Gegenteil: Sie signalisieren Ihren Kunden damit eine hohe Professionalität und Zuverlässigkeit, die Ihrem Image beim Kunden nur gut tut.

Nützliche Links