Arbeitsrechtliche Folgen privater Online-Aktivitäten
Von Sabine Wagner
Schnelle Breitbandnetze, Flatrates, Cloud-Dienste und (private) Mobilgeräte im Betrieb lassen oft vergessen, dass der Internet-Anschluss im Unternehmen für die Arbeit gedacht ist. Dienst ist Dienst und Facebook ist Facebook. Es ist zwar immer weniger leicht, beide Welten zu trennen, aber vor dem Arbeitsgericht sind die Zusammenstöße von Unternehmensinteressen und privater Online-Existenz meist heftiger als der lässige Umgang mit dem Social Web vermuten ließe.
Cyberslacking: Exzessive Internet-Nutzung
In vielen Unternehmen ist die private Internet-Nutzung durch eine interne Richtlinie generell untersagt. Aber selbst dort, wo das Websurfen während der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt ist, ist jeder Mitarbeiter verpflichtet, private Online-Zwecke am Arbeitsplatz allenfalls maßvoll zu verfolgen. In den meisten Fällen steht heute die verminderte Arbeitsleistung im Vordergrund.
Bei Mitarbeitern, die deshalb bereits abgemahnt wurden oder deren private Internet-Nutzung am Arbeitsplatz eindeutig unverhältnismäßig ist, ist das Unternehmen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Mit „unverhältnismäßig“ meint das Bundesarbeitsgericht, dass der Mitarbeiter das Internet zu privaten Zwecken so intensiv nutzt, dass er nicht davon ausgehen kann, dass dieser Nutzungsumfang sich noch mit dem Willen seines Arbeitgebers deckt. Dabei fällt in der Einzelfallentscheidung unter Umständen auch die Art der besuchten Seiten ins Gewicht.
Aus der eigenen Praxis ist ein Fall bekannt, der die Frage aufwarf, ob die Mitarbeiterin während der Arbeitszeit überhaupt etwas anderes tat, als den PC zu privaten Zwecken zu nutzen. Das Verhältnis von beruflich und privat war vollkommen umgekehrt und eine Weiterbeschäftigung unzumutbar.
Kritisch kann das Privatsurfen aber auch dann werden, wenn es die Netzanbindung des Unternehmens belastet. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Datenverkehrs unter gleichzeitiger Verletzung der Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsvertrag aufgrund exzessiver Nutzung des Internets rechtfertigt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein ebenfalls eine Kündigung (Entscheidung vom 6. Juni 2014, Az. 1 Sa 421/13).
Der Datenschutz schränkt die Möglichkeiten der Online-Mitarbeiterkontrolle spürbar ein. Technische Möglichkeiten, den betrieblichen Datenverkehr und die Internet-Aktivitäten einzelner Mitarbeiter zu analysieren und zu protokollieren gibt es genügend. Allerdings ist beim Webmonitoring darauf zu achten, dass die Auswertungen zunächst anonymisiert erfolgen; erst bei begründetem Verdacht darf der Datenverbrauch einzelner Mitarbeiter Gegenstand genauerer Untersuchungen sein.
Filesharing: Rechtswidrige Internet-Nutzung
Illegale Downloads stellen für das Unternehmen als Anschlussinhaber ein hohes Risiko dar, sowohl im Hinblick auf die Provider-Haftung als auch in Bezug auf die IT-Sicherheit. Wenn ein Mitarbeiter z.B. Musikstücke widerrechtlich herunterlädt, rechtfertigt dieses Verhalten nach Einschätzung des Landesarbeitsgerichts Hamm darum ebenfalls eine Kündigung (Az. 9 Sa 502/03).
Datenschutz: Ungewollte Veröffentlichung
Wenn Mitarbeiter Firmendaten ins Internet stellen, kann dies für das betroffene Unternehmen unversehens zu einem datenschutzrechtlichen Albtraum werden, z.B. dann, wenn Kundendaten oder vertrauliche Finanzdaten sich im Netz verbreiten. In Zeiten sozialer Netzwerke geschieht das blitzartig und massenhaft. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg hielt darum eine fristlose Kündigung für gerechtfertigt, als ein Mitarbeiter Fotos von Patienten via Facebook veröffentlichte; das Gericht sah hierdurch u.a. das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen erheblich verletzt (Az. 17 Sa 2200/13).
Social Media: Beleidigung auf Facebook
Beleidigungen im Internet, z.B. auf Facebook, können nach der Auffassung diverser Arbeitsgerichte zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen (LAG Hamm, Az. 3 Sa 644/12, AG Duisburg, Az. 5 Ca 949/12; AG Hagen, Az. 3 Ca 2597/11). Nach Auffassung des LAG Hessen (Az. 21 Sa 715/12) wiegen Beleidigungen im Internet schwerer als wörtliche Beleidigungen, da die Beleidigung sich online schnell weiter verbreitet. Anders sieht die Rechtsprechung bislang bei Gefällt-mir-Buttons zu entsprechenden Postings aus; einem solchen Klick wird kein allzu hoher Erklärungswert beigemessen (LAG Dessau-Roßlau, Az. 1 Ca 148/11).
Kernpunkt ist hier das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter; in Fällen, wo das Gericht einen persönlichen Vertrauensbruch erkennt, sehen die Urteile eine Kündigung als gerechtfertigt an. Wie sehr das Vertrauensverhältnis durch eine Online-Äußerung gestört wird, hängt von der Beleidigung ab und ist daher stets eine Einzelfallentscheidung. In aller Regel ist es ratsam, mit einem Rechtsanwalt zu klären, ob die konkrete Beleidigung für eine fristlose Kündigung ausreichend ist. Ansonsten gilt die arbeitsrechtliche Kaskade von Abmahnung und (im Wiederholungsfall) Kündigung – ob fristlos oder fristgerecht, ist dann wieder eine Einzelfallentscheidung.