Mikroformen mit jahrhundertelanger Haltbarkeit sparen Speicherkosten
Dr. med. Klaus Langner ist Arzt und Diplom-Ingenieur. 1980 gründete er die ELSA GmbH, die sich unter seiner Leitung zu einem Marktführer von Modems, ISDN-Adaptern und Grafikkarten entwickelte. Seit 2001 führt Langner nun mit der CyberCity GmbH Beratungs- und IT-Entwicklungsprojekte durch. Mit Lisafiche hat er ein Verfahren entwickelt, das die Langzeitspeicherung von Daten deutlich wirtschaftlicher gestalten könnte: „Der Speicherplatz wird zwar immer billiger, nicht aber die Administrations- und Migrationskosten.“
MittelstandsWiki: Sie haben ein optisches Speichermedium mit Lesegerät auf Mikrofiche-Basis entwickelt. Wozu genau?
Dr. Klaus Langner: Konventionelle Datenträger wie Festplatte, CD, Blu-ray usw. können Daten nur über wenige Jahre sicher speichern. Hinzu kommt, dass es die Computer und die Programme, mit denen die Daten erstellt wurden, in ein paar hundert Jahren wohl nicht mehr geben wird. Experten, die sich mit der Thematik beschäftigt haben, sprechen davon, dass wir einem „dunklen digitalen Zeitalter“ entgegengehen. Und das ist bedenklich. Lisafiche ist ein postkartengroßer Datenträger, der äußerlich einem Mikrofiche ähnelt und der Daten und Grafiken in menschlich lesbarer Form sowie digitale Daten wie MP3s abspeichert. Die Fiches werden durch einen Belichter beschrieben und sind daher lange haltbar. Mit einem externen Lesegerät, das ungefähr die Größe eines DVD-Laufwerks hat und das Sie an einen handelsüblichen Rechner koppeln, können Sie die Daten dann abrufen.
MittelstandsWiki: Das klingt sehr aufwendig. Ist das bei den großen Datenmengen z.B. für Cloud-Storage-Anbieter überhaupt rentabel?
Dr. Klaus Langner: Gerade für Cloud-Storage-Betreiber kann diese Lösung interessant sein. Der Speicherplatz wird zwar immer billiger, nicht aber die Administrations- und Migrationskosten. Im Schnitt werden die Speichersysteme von Cloud-Providern alle drei bis fünf Jahre ausgetauscht. Diese Kosten entfallen praktisch bei Medien mit jahrhundertelanger Haltbarkeit wie Lisafiche.
MittelstandsWiki: Ihr Patent gibt es erst seit einem Jahr. Wie wollen Sie da sicher sein, dass die Datenträger wirklich so lange halten?
Dr. Klaus Langner: Durch Burn-in und andere Verfahren kann man recht gut messen, wie sich ein Speichermedium über lange Zeiträume verhält. Für das Lisafiche-Trägermaterial haben sowohl das Image Permanence Institute am Rochester Institute of Technology als auch die MicroColour International Ltd. in Surrey Haltbarkeiten von vielen hundert Jahren bescheinigt. Das ist auch kein Wunder: Der Mikrofilm wurde 1859 erfunden und die Technologie wurde seitdem ständig weiterentwickelt. Heute ist es mit Azomethinfarben auf einem Polyesterträger kein Problem, optische Datenspeicher mit extremer Langzeitstabilität zu entwickeln.
MittelstandsWiki: Wenn es sich um eine so alte und bewährte Technik handelt, warum ist dann außer Ihnen noch keiner auf die Idee gekommen?
Dr. Klaus Langner: Weil wir in einer technikverliebten Welt leben. Ein optisches Speicherverfahren, dessen Ursprünge mehr als 150 Jahre zurückliegen, erscheint manchen wohl zu antiquiert, um heute noch ernst genommen zu werden. Das ist wohl auch der Grund, warum bis jetzt noch keiner darauf gekommen ist. Alle, denen ich Lisafiche vorgestellt habe, finden das Konzept jedoch überzeugend. Die Hemmschwelle, auf dieses Verfahren zu setzen, wird sicher niedriger werden, wenn ich eine serienreife Lösung präsentieren kann.
MittelstandsWiki: Wenn das Konzept so überzeugend ist, warum haben Sie es dann noch nicht zur Serienreife gebracht? Kapital ist doch so günstig wie noch nie. Warum wenden Sie sich nicht an eine Crowdfunding-Plattform?
Dr. Klaus Langner: Wenn Sie mehr als 200.000 Euro brauchen, wird es beim Crowdfunding eng. Und da benötige ich doch etwas mehr. Die technische Umsetzung basiert zwar auf Komponenten, die heute dem normalen Stand der Technik entsprechen. Aber eine solche Entwicklung kann man nicht aus der Portokasse bestreiten. Trotzdem sollte der Business-Plan jeden Investor überzeugen, wenn er denn an das Konzept glaubt – und an die wenig überraschende Vorhersage, dass wir mit einem exponentiellen Wachstum der Datenmengen z.B. im Gesundheitswesen, im Finanzsektor und ganz sicher auch im privaten Bereich zu rechnen haben. Deshalb läuft für mein Projekt derzeit ein EU-Förderantrag. Wenn das klappt, wird der benötigte Kapitalbedarf wesentlich überschaubarer werden, und ich bin optimistisch, dann bald loslegen zu können.
Das Interview führte Sabine Philipp.