Frauen erwarten in der Minibar einen Apfel
Uta Brandes ist Professorin für Gender und Design an der Köln International School of Design (KISD) und betreibt mit ihrem Partner Michael Erlhoff be design, ein Büro für Designberatung, -konzeption und -forschung. Zu ihr kommen u.a. Unternehmen mit Designproblemen, -entwürfen oder -ideen. Bei ihrer Beratungstätigkeit hat sie vor allem den kleinen Unterschied im Auge. Denn „Frauen achten meist auf ganz andere Dinge als Männer. Selbst wenn es sich um dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung handelt.“
MittelstandsWiki: Sie beschäftigen sich mit Geschlechterfragen im Design. Meinen Sie nicht, dass dieser Aspekt ein wenig überbewertet wird? Schließlich haben wir doch alle dieselben Bedürfnisse.
Uta Brandes: Da muss ich widersprechen. Es ist natürlich schwer nachzuweisen, aber ich bin davon überzeugt, dass viele Produkte und Dienstleistungen geflopt sind oder noch besser hätten abgesetzt werden können, wenn man bei dem Design, also bei der Gestaltung, auf das Geschlecht und seine Bedürfnisse geachtet hätte.
MittelstandsWiki: Was sollen das für Bedürfnisse sein?
Uta Brandes: Frauen achten meist auf ganz andere Dinge als Männer. Selbst wenn es sich um dasselbe Produkt oder dieselbe Dienstleistung handelt. In einer Studie, sie heißt „Frauenzimmer im Hotel“, haben wir Männer und Frauen weltweit zu Business-Hotels befragt. Frauen haben im Durchschnitt 35 Punkte kritisiert, wie die Atmosphäre, den Geruch, dass es in der Minibar nur Junkfood und keine Joghurts oder Äpfel gibt, und dass sie oft schief angesehen werden, wenn sie als Frau abends allein an der Hotelbar noch etwas trinken möchten. Männer waren nur drei Dinge wichtig: Sie wollten kostenloses WLAN, eine harte Matratze und eine gute Dusche. Eigentlich ist das nicht verwunderlich, denn Business-Hotels wurden über eine lange Zeit überwiegend von Männern benutzt. Deshalb sind sie auf sie zugeschnitten. Aber mittlerweile gibt es auch immer mehr geschäftsreisende Frauen. Aus diesem Grund waren sehr viele Hotels weltweit an der Studie interessiert.
MittelstandsWiki: Aber es gibt doch sicher auch Unisex-Produkte?
Uta Brandes: Es gibt nur ganz wenige Produkte, die so gut gemacht sind, dass beide Geschlechter gut damit umgehen können. Ich nenne sie gendersensibel. Dazu gehören z.B. die Geräte von Apple. Nicht dass Sie jetzt denken, dass die mich bezahlen. Aber ich muss tatsächlich zugeben, dass es nur wenige Produkte gibt, die so klug und mit einer solchen Sensibilität gestaltet sind, dass sie für beide Geschlechter funktionieren. Apple hat z.B. als erstes Unternehmen mit kleinen Symbolen wie dem Mülleimer gearbeitet, die selbsterklärend sind.
MittelstandsWiki: Was können Unternehmer dann tun, um ihre Waren und Dienstleistungen vom Design her besser an beide Geschlechter anzupassen?
Uta Brandes: Sie müssen erst mal verstehen, worauf die Geschlechter achten. Und sie sollten schauen, was die Menschen im Alltag mit den Produkten tun und sie entsprechend konzipieren.
MittelstandsWiki: Aber wie soll ein kleiner Unternehmer diese Fragen für sich beantworten können? Studien sind teuer.
Uta Brandes: Bei offenen Fragestellungen können Sie ein Projekt an einer Hochschule initiieren. Dann gibt es verschiedene Designbüros, oder Sie können auf Designstudien zurückgreifen. In „My Desk is my Castle“ haben wir z.B. die Büroschreibtische aus zwölf Ländern analysiert. Solche Studien gibt es für verschiedene Bereiche. Aber am Wichtigsten ist, dass Sie einfach schauen, was die Leute im Alltag mit den Produkten tun und ob sie in die täglichen Abläufe passen. Damit fahren Sie immer gut.
Das Interview führte Sabine Philipp.