Investivlohn

Kapitalverbesserung mit doppeltem Steuertrick

Von Dr. Hermann Vogt

Als Investivlohn werden alle Lohnbestandteile oder lohnähnlichen Zuwendungen des Arbeitgebers bezeichnet, die nicht ausbezahlt, sondern direkt investiv festgelegt werden. Besonders interessant ist bei diesem Instrument der Mitarbeiterbeteiligung die nachgelagerte Besteuerung, die Unternehmen wie Arbeitnehmern erhebliche finanzielle Vorteile bringt.

Alle Zahlungen des Arbeitgebers, die nicht direkt ausbezahlt werden und die gesetzlich geregelten Voraussetzungen (5. VermBG) erfüllen, fallen unter den Investivlohn (siehe Vermögensbildung und MAB). Darin sind auch investierte Teile der Wertguthaben eingeschlossen.

Der Investivlohn kann aus verschiedenen Quellen gespeist werden, und zwar durch

  • tarifvertraglich geregelte, zusätzlich zum Lohn bezahlte Leistungen des Arbeitgebers,
  • Anteile des Arbeitslohns, die aufgrund feiwilliger innerbetrieblicher Vereinbarungen einbehalten werden,
  • Zahlungen aus der Erfolgsbeteiligung,
  • jedwede lohnähnliche Leistungen des Arbeitgebers,
  • Anlage von Teilen der Wertguthaben,
  • Eingesparte Steuern und Sozialabgaben der Arbeitnehmer (Brutto-Netto-Prinzip) sowie
  • nicht ausbezahlte Zinsen für investierte Mittel.

Der Zinssatz für die Einlagen kann fest vereinbart oder an den Betriebserfolg gebunden werden.

Prinzip der nachgelagerten Besteuerung

Das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung bewirkt, dass die Besteuerung von investierten Entgeltbestandteilen erst zum Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses des Geldes (der Auszahlung) erfolgt. Das bedeutet im Einzelnen:

  • In der Gegenwart sinkt die absolute und relative Steuerbelastung. Zum einen wird der zu versteuernde Betrag gemindert und zum andern wird – aufgrund der progressiven Ausgestaltung des deutschen Steuersystems – der relative Steuersatz gesenkt.
  • In der Zukunft wird eine maximale steuerliche Wirkung dann erzielt, wenn der Mitarbeiter/Steuerschuldner zum Auszahlungszeitpunkt einem geringeren Steuersatz unterliegt (z.B. als Rentner).
  • Da die Sozialversicherungsträger sich hinsichtlich des Zuflusses an die Handhabung im Bereich der Besteuerung anlehnen, werden die Sozialversicherungsbeiträge auch erst zu einem späteren Zeitpunkt fällig.

Auswirkungen

Durch das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung und der damit einhergehenden Aussetzung der Sozialabgaben (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) verbleiben zusätzlich zum investierten Lohn erhebliche Mittel im Unternehmen.

Durch die zeitliche Festlegung des investierten Lohns hat das Unternehmen eine Planungssicherheit, die sich langfristig auswirken kann, wenn die Arbeitnehmer ihre Mittel erst beim Eintritt ins Rentenalter abrufen.

Die Mitarbeiter wiederum werden durch eine Beteiligung mittels eines Investivlohns viel stärker motiviert und identifizieren sich auch mehr mit „ihrem Unternehmen“. Dies hat sehr positiven Einfluss auf Einsatzbereitschaft, Kostenbewusstsein und Innovationsfreudigkeit. Anderseits verringern sich Fluktuation und Krankenstand signifikant. Insgesamt verbessert sich dadurch die Produktivität ersichtlich.

Beurteilung

Vor allem die Gewerkschaften beurteilen den Investivlohn sehr kritisch und zwar mit folgenden Argumenten:

  • Die Arbeitnehmer übernehmen ein doppeltes Risiko: Wenn Unternehmen in Insolvenz gehen, dann verlieren sie mit ihrem Arbeitsplatz zusätzlich noch ihr ihm Unternehmen angespartes Vermögen.
  • Der Investivlohn lässt sich nur in privatwirtschaftlichen Unternehmen realisieren, so dass ein großer Teil der Arbeitnehmer von dieser Art der Vermögensbildung ausgeschlossen wird.
  • Ein Investivlohn reduziert den Spielraum für die Tarifverhandlungen.
  • Angesichts der zunehmenden Probleme in der Rentenversicherung hat eine tarifvertraglich geregelte betriebliche Altersvorsorge absolute Priorität.

Modellrechnungen haben gezeigt, dass Unternehmen, die bislang einen Investivlohn praktizieren, von den stark positiven Auswirkungen ebenso wie die Mitarbeiter profitieren:

  • Durch die (vorläufig) eingesparten Steuern und Sozialabgaben wird die Liquidität des Unternehmens wesentlich erhöht.
  • Vor allem die klein- und mittelständischen Unternehmen werden durch die Kapitalverbesserung widerstandsfähiger in Krisenzeiten und haben durch die Innovationsfähigkeit bessere Chancen im internationalen Wettbewerb.
  • Die höhere Motivation der Mitarbeiter erhöht die Produktivität.
  • Die Chancen, qualifizierte Mitarbeiter zu finden bzw. zu behalten werden durch eine Mitarbeiterbeteiligung wesentlich verbessert.

Fazit: Flüssige Firma, motivierte Mitarbeiter

Eine Lösung, die auf tarifvertraglichen oder freiwilligen innerbetrieblichen Vereinbarungen beruht, ermöglicht den Unternehmen, entsprechend ihrem Kapitalbedarf den Investivlohn individuell zu gestalten. Insbesondere mittelständische Unternehmen können durch eine Mitarbeiterbeteiligung in Form des Investivlohns ihre Produktivität und ihre Wettbewerbsfähigkeit optimieren. Da der Investivlohn – entgegen der gewerkschaftlichen Einwände – auch den Mitarbeitern zusätzliche Einnahmequellen bietet, bringt er ihnen ebenso wie den Unternehmen großen Nutzen.

Nützliche Links

Der Verein Zukunft unserer Arbeit e.V. und die Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft e.V. (AGP) präsentieren das Internet-Portal www.mitarbeiterbeteiligung.info. Dort werden Best-Practice-Unternehmen vorgestellt; außerdem sind zu den verschiedensten Bereichen der Mitarbeiterbeteiligung Materialien zum Download und wichtige Weblinks zu finden. Neu ist das Internet-Portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung speziell für den Mittelstand.