Investoren für Wachstumsvorhaben

Zwischen Exit und Einflussnahme

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Es gibt eine Reihe von Situationen, in denen ein Unternehmen zusätzliches Kapital benötigt. Oft ist das bei Investitionen in neue Anlagen der Fall oder bei der Beteiligung an einem anderen Unternehmen, mit Sicherheit aber bei der Umsetzung von Wachstumsvorhaben.

Ein Bankkredit ist da nicht nur schwer zu kriegen, sondern stellt aufgrund von Zinsen und Tilgungen selbst eine wirtschaftliche Belastung dar. Falls allerdings die Voraussetzungen zur Erlangung von Fördermitteln gegeben sind, so sind die meist eine attraktive und Kosten sparende Alternative. Wo dies nicht möglich ist oder nicht ausreicht, um den Kapitalbedarf zu decken, kann die Aufnahme neuer Gesellschafter im Rahmen einer Kapitalerhöhung eine Lösung sein. Das Spektrum möglicher Investoren ist breit und reicht vom Privatinvestor über Banken und Beteiligungsgesellschaften bis zu anderen Unternehmen.

Die Auswahl des richtigen Investorentyps sollte man sorgfältig vornehmen. Gerade die beiden Typen der Finanzinvestoren auf der einen Seite und der strategischen Investoren auf der anderen Seite weisen einige signifikante Unterschiede auf. Die längerfristige Zusammenarbeit mit einem neuen Investor funktioniert immer dann am besten, wenn im Vorfeld eine gründliche Analyse und Vorplanung durchgeführt wurde.

Typologie möglicher Investoren

Für die Investorensuche gibt es verschiedene Wege, einmal abgesehen von der Anteilaufstockung bestehender Gesellschafter. Neue Investoren können z.B. sein:

Die ersten drei Investorentypen haben typischerweise bereits eine Beziehung zum Unternehmen, und beide Seiten können abschätzen, welches Risiko sie mit einer Beteiligung jeweils eingehen. Anders sieht dies für die beiden letztgenannten Investorentypen aus.

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Eine ausführliche Darstellung für den Mittelstand gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Finanzierungsalternativen für den Mittelstand. Wie man Kapitalbedarf auch ohne klassischen Bankkredit decken kann“. Das E-Book gibt es im Pressezentrum des MittelstandsWiki als freies PDF in Vollversion zum Herunterladen.

Finanzinvestoren

Kriterien

Finanzinvestoren lassen sich nach verschiedenen Kriterien in Kategorien einteilen. Sie unterscheiden sich z.B. nach Beteiligungsvolumen, Laufzeit und Einflussnahme sowie nach dem Reifegrad des Beteiligungsunternehmens. Im Falle von Unternehmensgründungen und Wachstumsvorhaben kurz nach der Gründung bieten sich neben Förderbanken in erster Linie Venture-Capital-Gesellschaften als Investoren. Business Angel nehmen dabei oft je nach Erfahrungshintergrund einen Platz zwischen reinen Finanzinvestoren und strategischen Investoren ein. Im Falle von Wachstumsvorhaben können geeignete Finanzinvestoren insbesondere aus dem Kreise dieser Unternehmen kommen:

Welcher Typ von Finanzinvestor in welcher Situation für das jeweilige Unternehmen das beste Angebot hat, lässt sich nicht allgemein feststellen. Es ist in jedem Fall sinnvoll, mit verschiedenen Institutionen zu sprechen und die Finanzierungsprodukte genau zu prüfen.

Ziele

Wichtig für Finanzinvestoren sind zuerst der Unternehmenswert sowie die Aussicht, dass ihn das Unternehmen in absehbarer Zeit steigern kann. Das Vorgehen ist eigentlich immer exit-orientiert und hat eine Mindestverzinsung des eingesetzten Kapitals im Blick. Dafür haben Finanzinvestoren normalerweise kein weitergehendes Interesse an Technologien, Entwicklungsvorhaben oder Know-how. Neben den Aussichten auf einen hohen Exit-Wert sind laufende Dividendenzahlungen ein weiteres mögliches Ziel, insbesondere bei Beteiligungen an reifen Unternehmen ohne größere Wachstumsziele. Die grundsätzlichen Erwartungen – reelle Aussichten auf einen Exit und auf eine möglichst hohe Verzinsung – sind allen Finanzinvestoren gemeinsam.

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Eine ausführliche Darstellung zum Thema Wachstum gibt Dr. Jürgen Kaack im Ratgeber „Wachstum nur mit Ziel und nicht um jeden Preis“, den es online im Pressezentrum des MittelstandsWiki gibt.

Strategische Investoren

Kriterien

Eine Beteiligung in der Phase der Unternehmensgründung ist für einen strategischen Investor eher die Ausnahme. Eher beteiligt er sich in Wachstumsphasen des Unternehmens und finanziert mit seiner Beteiligung konkrete Wachstumsvorhaben, mit denen solche Wachstumsstrategien umgesetzt werden, die für den Investor von Interesse sind.

Zu der Gruppe der strategischen Investoren sind in der Regel auch Geschäftspartner, Kunden und Lieferanten zu zählen.

Ziele

Strategische Investoren verfolgen neben Renditezielen noch andere Ziele als typische Finanzinvestoren. Dazu gehören z.B.

  • der Zugriff auf Technologien und Entwicklungen,
  • die Sicherung von Know-how und Experten,
  • die Aufteilung von Risiken und Investitionen,
  • der Zugang zu neuen Absatzmärkten,
  • die Festigung von Kooperationen und Partnerschaften,
  • arbeitsteiliges Vorgehen oder
  • der Zugewinn von Marktanteilen bis hin zur Marktbereinigung.

Dafür hat der strategische Investor in der Regel kein primäres Exitziel. Der Verkauf der Beteiligung an Dritte kommt dann in Betracht, wenn sich die gesetzten Ziele nicht haben umsetzen lassen oder – was durchaus auch häufiger vorkommt – wenn sich Ziele im Laufe der Zeit verändern. Erfüllen sich aber die gesetzten Erwartungen und bleiben die Ziele unverändert, so wird der strategische Investor eine Abgabe von Anteile in der Regel nicht in Erwägung ziehen. Stattdessen kann im Bedürfnis nach vollständiger Kontrolle und weiter gehenden Gestaltungsmöglichkeiten durchaus der Wunsch nach vollständiger Übernahme aller Anteile oder nach einer Fusion entstehen.

Einflussnahme

Während der Finanzinvestor oft mit einer regelmäßigen Abfrage der wirtschaftlichen Eckzahlen zufrieden ist und die Mitentscheidung auf wichtige Vorhaben begrenzt, hat der strategische Investor in stärkerem Maße das Bedürfnis, sich bei wichtigen operativen Entscheidungen einzumischen. Deshalb streben viele strategische Investoren von vornherein eine Mehrheitsposition im Gesellschafterkreis an. Finanzinvestoren begnügen sich dagegen – bis auf Ausnahmen – mit Minderheitsbeteiligungen. Der Kapital suchende Unternehmer sollte sich auf jeden Fall dieser weit gehenden Einflussnahme auf sein Geschäft bewusst sein, wenn er strategische Investoren sucht.

Sowohl bei Finanz- als auch bei strategischen Investoren werden die Ansprüche an das Reporting und die Einflussmöglichkeiten im Beteiligungsvertrag festgeschrieben. Auch aus der Sicht des Unternehmers und der Altgesellschafter sollten die dort getroffenen Regelungen eindeutig und umfassend sein. Denn nichts ist für das Unternehmen im operativen Geschäft schlimmer als unklare Entscheidungsvorgänge und Streitigkeiten über Kompetenzen.

Ablauf eines Beteiligungsvorhabens

Für den gesamten Prozess der Kapitalbeschaffung ist nach der Fertigstellung der Unterlagen – d.h. von Business Plan, Beteiligungsprospekt und Präsentationsunterlagen über die Ansprache und Prüfung bis zu einer Entscheidung – mindestens vier Monate einzuplanen, wobei sechs wohl eher dem Durchschnitt bei einer größeren Beteiligung von ca. 1 Mio. Euro entsprechen. Auch Zeiträume von neun Monaten und mehr sind keineswegs unmöglich. Dabei hängt natürliches vieles von der Vorbereitung und der Qualität der Unterlagen ab, aber auch von der Attraktivität des Marktes und der Branche aus der Sicht der Investoren.

Gerade Finanzinvestoren folgen bei ihren Beteiligungen ihren jeweiligen Investitionsrichtlinien, die den Rahmen für Branchen, Unternehmensgrößen, Beteiligungshöhen, Anlagedauer etc. vorgeben. Passt ein Finanzierungsvorhaben in die Rahmenbedingungen, wird eine weiter gehende Prüfung des Geschäftes und der Unterlagen vorgenommen. Unter Umständen beauftragt der potenzielle Investor einen Gutachter mit der Bewertung des Geschäftsmodelles und der Marktposition.

Der anschließende Prüfungsvorgang der Due Diligence soll dem Investor Sicherheit geben und die in Vorgesprächen und im Business Plan getroffenen Aussagen bestätigen. Bei einem positiven Ergebnis wird ein Beteiligungsvertrag abgeschlossen, der u.a. auch die Rechte des Investors und die Pflichten der bisherigen Gesellschafter regelt. Oft werden von den bisherigen Gesellschaftern und der Geschäftsführung Garantien als Anlage zum Beteiligungsvertrag gefordert, da nicht alle Tatsachen und Planungsgrundlagen im Vorfeld geprüft werden können.

Fazit: Mit Ruhe, Sorgfalt und Fachleuten

Strategische Investoren können die Entwicklung eines jungen Unternehmens bei anstehenden Wachstumsvorhaben positiv beeinflussen und fördern, wenn dies in die Strategie des potenziellen Investors passt. So kann das Geschäft des Beteiligungsunternehmens durch eine Reduktion von Risiken leichter stabilisiert werden. Die Bereiche der Kooperation, in denen das Beteiligungsunternehmen profitiert, können neben dem Zufluss von frischem Kapital in der besseren Verfügbarkeit von Vorprodukten liegen, in günstigeren Beschaffungspreisen, der Öffnung oder Absicherung von wichtigen Absatzkanälen oder auch im Zugriff auf Know-how.

Es lässt sich nicht eindeutig sagen, in welchen Fällen ein strategischer Investor vorteilhafter wäre. Immerhin gibt es auch bei der Entscheidung für einen strategischen Investor Risiken, denn nicht in allen Fällen erfüllen sich die Vorteilserwartungen nach der Beteiligung. Im schlimmsten Fall kann der strategische Investor die Entwicklung des Unternehmens sogar behindern oder gefährden. Es ist also auf jeden Fall notwendig, sich die eigenen Ziele bewusst zu machen und die Zielsetzungen des potenziellen Investors kritisch zu prüfen. Dabei spielen durchaus auch emotionale Faktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle: Nicht jeder Unternehmer möchte sich in seinen unternehmerischen Entscheidungen von einem Investor abhängig machen. Hinzu kommt, dass die „Chemie“ zwischen den Personen und die jeweiligen Unternehmenskulturen passen müssen. Eine kritische Prüfung kann sicher nicht alle Risiken ausschalten, aber mögliche Bruchstellen im Vorfeld sichtbar machen.

Da sich ein Unternehmer im Normalfall nur selten mit solchen Fragen befassen muss, die sich in Verbindung mit einer Erweiterung seines Gesellschafterkreises stellen, lohnt sich die Einschaltung eines neutralen und erfahrenen Coaches oder Beraters. Fehlentscheidungen bei der Investorenwahl sind schließlich nur schwer und mit hohem Aufwand wieder zu korrigieren, so dass sich die anfallenden Kosten eigentlich immer rentieren. Auch hilft die externe Sicht auf das Unternehmen beim Aufdecken von vorhandenen Schwachstellen. Allerdings brauchen Sie unbedingt jemanden aus der Praxis – rein theoretische Erfahrungen mit Kapitalerhöhungen und der Aufnahme neuer Gesellschafter genügen hier keinesfalls.

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