Erstkontakt am Messestand
Von Friedrich List
Spätestens wenn das Ende des Studiums in Sichtweite ist oder die Förderung des Forschungsprojekts in absehbarer Zeit ausläuft, wird es Zeit, den nächsten Schritt zu planen. Mittlerweile hat sich ein verhältnismäßig unkomplizierter Weg für Absolventen und Jobsuchende etabliert, Kontakt zu potenziellen Arbeitgebern aufzunehmen. Job- und Karrieremessen eröffnen sowohl Bewerbern wie auch Unternehmen die Möglichkeit, sich gegenseitig ein wenig zu beschnuppern. Jobsuchende kommen mit Personalern ins Gespräch und erfahren mehr über interessante Unternehmen und Branchen. Ein Messetermin ist außerdem immer eine gute Ergänzung zum ansonsten meist ziemlich unpersönlichen Bewerbungsmarathon.
Training für den Ernstfall
Karrieremessen haben die unterschiedlichsten Schwerpunkte. Es gibt branchenspezifische Events, die z. B. nur auf den IT-Sektor oder die Finanzindustrie ausgerichtet sind. Bei anderen zählt eher die Zielgruppe, etwa bei jenen, die sich an Absolventen und Young Professionals richten, oder solchen, die vor allem für gestandene Berufstätige interessant sind. Und auch das Feld der Veranstalter ist bunt gemischt. Dazu gehören Hochschulen, die ihren Absolventen bessere Möglichkeiten bieten wollen, die ersten Schritte ins Berufsleben zu gehen, oder studentische Organisationen wie AIESEC, BEST oder IAESTE. Hinzu kommen Veranstaltungen von Industrie- und Handelskammern, Unternehmensverbänden, Vereinen und Personaldienstleistern.
Bewerber finden auf einer Jobmesse ein breites Spektrum von Formaten zur Kontaktaufnahme und zum Sammeln von Informationen. Das können klassische Einzelgespräche sein, bei denen es hilft, wenn man vorab einen Termin vereinbart hat. Aber auch spontane Gespräche am Messestand sind möglich, kommen jedoch gerade bei Unternehmen, die unter den Bewerbern sehr populär sind, oft nur schwer zustande. Neben den Einzelgesprächen kann man aber auch Diskussionsrunden, Vorträge und Workshops besuchen und sich bei der Optimierung der eigenen Bewerbungsunterlagen beraten lassen. Manchmal bietet sich sogar die Möglichkeit, an einem Assessment Parcours teilzunehmen, bei dem das erfolgreiche Bestehen eines Assessment Centers trainiert wird.
Karrieremessen – ein Überblick
Manche Jobmessen finden nur einmal im Jahr an einem festen Standort statt. Dagegen öffnen andere gleich mehrmals jährlich und in verschiedenen Städten ihre Tore. Die meisten Online-Auftritte der Veranstalter bieten eine Stellenbörse oder die Möglichkeit, vorab einen Gesprächstermin zu vereinbaren. Die folgende Auswahl listet Events mit IT-Schwerpunkt:
- Develop Your Future ist eine Recruiting-Messe für die IT-Branche, die unter anderem in Berlin, München und Hamburg stattfindet. Studenten, Absolventen und junge Berufstätige haben freien Eintritt. Präsent sind Unternehmen, Bildungsinstitutionen und Start-ups. Auf der Website kann man seinen Lebenslauf hochladen und bekommt Gesprächstermine vermittelt. → develop-your-future.com.
- Bonding wird von der gleichnamigen Studenteninitiative jedes Jahr an insgesamt zwölf Standorten durchgeführt. An zwei Tagen präsentieren sich hier rund 150 Firmen aus verschiedenen Branchen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Veranstaltungsorte sind u. a. Hamburg, Berlin, Dresden, München, Karlsruhe und Aachen, der Gründungsort von bonding e. V. → firmenkontaktmesse.de
- Connecticum findet einmal jährlich in Berlin statt. 2019 können sich Interessierte vom 14. bis 16. Mai in der Arena Berlin über Traineeprogramme, Direkteinstieg, Praktika und Abschlussarbeiten, aber auch über Jobs für Young Professionals informieren. Messeschwerpunkte sind Management, IT und Engineering. Auf der connecticum sind rund 400 Unternehmen präsent. → www.connecticum.de
- Die Akademika wird zwei Mal im Jahr in Augsburg und Nürnberg ausgerichtet. Sie ist die größte Recruiting-Messe im süddeutschen Raum. Schwerpunkte sind Ingenieurwesen, Wirtschaftswissenschaften und Informatik. → www.akademika.de
- Die Career Venture findet mehrmals im Jahr in Frankfurt, Hamburg, München und Seeheim statt. Außerdem gibt es ein gesondertes Event nur für Frauen. Die Veranstaltungen wenden sich an Interessenten, die dabei sind, ihr Studium abzuschließen, oder bereits im Berufsleben stehen. Zielgruppen sind Wirtschaftswissenschaftler, Wirtschaftsinformatiker und Informatiker, Mathematiker, Physiker und Psychologen, die sich für Unternehmensberatung interessierten. Allerdings ist die Teilnehmerzahl stark begrenzt. Wer dabei sein will, muss sich für eines der Events bewerben. → www.career-venture.de
- Der jobvector career day richtet sich an Naturwissenschaftler, Mediziner, Informatiker und Ingenieure. Er wird jährlich in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und München ausgerichtet. Hier bietet sich nicht nur die Chance auf ein Treffen mit Personalverantwortlichen, sondern auch direkt auf ein Vorstellungsgespräch. → www.jobvector.de
- Der Karrieretag Familienunternehmen findet zwei Mal im Jahr statt und wird jeweils von einem Familienunternehmen ausgerichtet. Angesprochen werden Absolventen, aber auch gestandene Berufstätige in verantwortlichen Positionen aus allen Fachrichtungen, speziell aber aus der IT sowie den Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften. Interessierte müssen sich ebenso wie die teilnehmenden Firmen bewerben. → www.karrieretag-familienunternehmen.de
- Die Virtuelle IT-Jobmesse wird einmal jährlich von JobLeads veranstaltet. Hier findet man am Messetag online dasselbe Angebot wie auf einer Realmesse. Teilnehmer können mit Personalern chatten, sich über Karrieremöglichkeiten in der IT-Welt informieren und ihren Lebenslauf bei ihren Wunscharbeitgebern hinterlegen. JobLeads selbst ist die führende Social-Media-Stellenbörse für Stellenangebote ab einem Jahresgehalt von 50.000 Euro. → www.it-jobmesse.de
Der erste Schritt
Unternehmen nutzen Karrieremessen, um möglichst viele Kontakte zu potenziellen Mitarbeitern zu knüpfen. Allerdings sind das keine klassischen Vorstellungsgespräche, sondern es handelt sich eher um ein zwangloses, informelles Kennenlernen. Als interessierter Besucher bekommt man auf diese Weise einen ersten Eindruck vom Unternehmen und kann es mit anderen vergleichen. In der Regel nehmen Unternehmen hier keine vollständigen Bewerbungen an, sondern bestenfalls einen Kurzlebenslauf. Wer sich ernsthaft um eine Stelle bemühen möchte, kommt also um eine nachträgliche schriftliche Bewerbung nicht herum. Dennoch ist es hilfreich, wenn man sich dann auf das Messegespräch beziehen kann oder bereits mit dem zuständigen Personaler gesprochen hat.
Nachteilig wirkt es sich allerdings oft aus, dass gerade große und bekannte Unternehmen auf große Resonanz stoßen und den Personalern deshalb die Zeit fehlt, sich mit jedem einzelnen Interessenten länger auseinanderzusetzen. Wer hier positiv herausstechen möchte, sollte sich vorab über das Unternehmen und die für ihn interessanten Beschäftigungsmöglichkeiten umfassend informieren.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazinreihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Überblick mit freien Download-Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Gute Vorbereitung hilft
Wer sich auf den Weg zu einer Jobmesse macht, sollte wissen, was genau er oder sie eigentlich erreichen will. Geht es um erste Kontakte, einen Praktikumsplatz oder eine Tätigkeit als Werkstudent? Steht der Berufseinstieg an oder will man sich als alter Hase nach neuen Möglichkeiten umschauen? Welche Unternehmen interessieren einen – und warum?
Über die Website der Veranstaltung lässt sich vorab recherchieren, welche Unternehmen vertreten sind und für welche Bereiche sie aktuell neue Mitarbeiter suchen. Hier gelangt man auch schnell zu den Websites der Unternehmen und kann nachschauen, wo genau konkreter Bedarf besteht. Spätestens in dieser Recherchephase sollte man klären, welche Einsatzbereiche für einen selbst überhaupt infrage kommen.
Die Teilnahme an einzelnen Events, etwa Coachings oder Vorträgen, lässt sich ebenfalls im Voraus online organisieren, ebenso Gesprächstermine mit Unternehmensvertretern. Viele Messen bieten einen Matchmaking Service an, für den man einen Lebenslauf hochladen muss. Der ist natürlich auch für den Besuch der Messe unverzichtbar. Auf Job- oder Kontaktmessen reicht eine Kurzbewerbung mit Lebenslauf. Ein Foto ist zwar nicht mehr erforderlich, aber es hilft den Personalern, bei der Nachbereitung den persönlichen Eindruck aufzufrischen. Bewirbt man sich auf eine konkrete Position, kann auch ein kurzes Motivationsschreiben nützlich sein.
Wer mit dem Prozedere von Jobmessen noch nicht vertraut ist, sollte zur Vorbereitung schon einmal die eine oder andere Messe besuchen, ohne allzu eng definierte Ziele zu verfolgen. So bleibt Gelegenheit, sich umzusehen, einfach nur Informationen zu sammeln und sich beraten zu lassen. Man geht nicht sofort auf sein Traumziel zu, sondern erst zu Unternehmen, die zwar interessant, aber vielleicht nicht der absolute Toparbeitgeber sind.
Teil 1 geht gleich einmal die Schwergewichte an: Berlin und Hannover, wo IFA und Hannover Messe sich um Aussteller und Besucher bewerben. Und was wird aus der Cebit? Eine Vorschau auf die erste TWENTY2X sagt, was der Nachfolger zunächst vorhatte, ein Update schildert die Neuplanung 2021. Teil 2 blickt nach Bayern, wo die Nürnberger it-sa München ein ordentliches Stück vom IT-Kuchen weggeschnappt hat. In Augsburg könnte die Experience Additive Manufacturing etwas werden, und im Herbst stehen SPS und Heim+Handwerk an. Teil 3 setzt sich ins Auto und besucht die Messezentren Frankfurt am Main und Stuttgart, speziell die TechWeek im November. Teil 4 fährt weiter zur Westfalenhalle und sortiert die Messelandschaft in NRW. Österreich wiederum hat seinen Schwerpunkt klar in Wien, aber auch Innsbruck oder Salzburg bieten interessante Fachmessen und -kongresse. Die Maker Faires wiederum haben ihren Platz im Schwerpunktbeitrag zur Maker-Szene. Als Extras gibt es noch einen Ratgeber Messeplanung für die CES in Las Vegas und eine Analyse der Möglichkeiten virtueller Messen.
Zum Auftritt bitte!
Beim Besuch einer Karrieremesse oder eines Recruiting-Events sollte sich jeder darüber im Klaren sein, dass man eine Bühne betritt, auf der man möglichst gut aussehen und wirken möchte. Personaler sind es gewohnt, ihr Gegenüber schnell und professionell einzuschätzen. Bei ihnen punktet man am besten durch sicheres Auftreten, passende Qualifikationen, sichtbare Motivation und ein begründetes Interesse am Unternehmen. Sie merken rasch, ob man sich auf den Besuch gezielt vorbereitet hat oder einfach nur so vorbeikommt. Das muss nichts Schlechtes heißen – auch spontanes, ehrliches Interesse kann von Vorteil sein.
Zum Messebesuch gehört gutes Zeitmanagement. Das heißt: Pausen einplanen und den Terminplan nicht zu voll packen. Vorausgeplante Spontaneität funktioniert selten. Besser ist es, sich selbst genug Luft zu lassen. Das erhöht die Chance, ein Gespräch ohne Zeitdruck zu beenden. Man kann dann auch besser auf unerwartete Gelegenheiten und Impulse reagieren.
Doch eine noch so gründliche Vorbereitung garantiert nicht, dass man positiv wahrgenommen wird. Auch wenn das Umfeld eher formlos und ungezwungen wirkt, gibt es die eine oder andere ungeschriebene Regel. Dazu gehört vor allem die angemessene Kleidung. Wer eine Firmenkontaktmesse auf dem Gelände seiner Heimatuni besucht, bei der es um ein erstes zwangloses Kennenlernen geht, kann das ohne Probleme in legerer Alltagskleidung tun. Anders, wenn man sich für den Berufseinstieg oder sogar für eine bestimmte Stelle interessiert. Recruiting-Veranstaltungen erfordern einen deutlich professionelleren Kleidungsstil. Mit dem richtigen Outfit signalisiert man seinem Gesprächspartner Respekt und Interesse und zeigt, dass man bestimmte Konventionen versteht und bereit ist, sie zu befolgen. Für Frauen empfiehlt sich also ein Business-Kostüm, für Männer mindestens ein ordentliches Jackett, besser noch der klassische Anzug. Gepflegte und zur Kleidung passende Schuhe runden das Erscheinungsbild ab. Umhängetaschen, Rücksäcke und große Tüten mit Werbematerial gehören ins Schließfach.
Ich bleib in Kontakt
Die Eindrücke und Ergebnisse der einzelnen Gespräche sollte man sich unmittelbar nach der Messe oder noch während einer kleinen Kaffeepause notieren. Essenziell sind Namen, Kontaktdaten und Position des Gesprächspartners, den man am Stand oder im Einzelgespräch kennengelernt hat. Notiert wird auch, welche Form der Bewerbung das betreffende Unternehmen bevorzugt. Nicht vergessen: Ist ein Gespräch gut verlaufen, sollte man sich innerhalb von 24 Stunden mit einer kurzen E-Mail bedanken!
Hat man vereinbart, eine Bewerbung zu schicken, erledigt man das möglichst zeitnah. Doch auch wenn es keine konkreten Vereinbarungen gab, kann es sich lohnen, seinen Kontakt nach einiger Zeit wieder anzurufen und sich nach aktuellen Bewerbungsmöglichkeiten zu erkundigen. Ein unspektakulärer Weg, in Verbindung zu bleiben, bietet sich auch über Karrierenetzwerke wie Xing und LinkedIn. Und womöglich sieht man sich dann auf der nächsten Messe wieder.
Friedrich List ist Journalist und Buchautor in Hamburg. Seit Anfang des Jahrhunderts schreibt er über Themen aus Computerwelt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raumfahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Internationalen Raumstation. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.