Ganz öffentlich wäre es Schmähkritik
Von Marzena Sicking, heise resale
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Wer sich kritisch über Kunden, Kollegen etc. äußern will, sollte das lieber nicht schriftlich im Internet tun. Sonst kann das sehr negative Folgen haben. So hatte eine schwangere Arbeitnehmerin, die als werdende Mutter eigentlich einen besonderen Kündigungsschutz genießt, plötzlich eine fristlose Kündigung auf dem Tisch. Sie hatte sich im Social Web auf ihrem privaten Facebook-Account negativ über einen Kunden ihres Arbeitgebers geäußert, mit dem sie selbst zusammenarbeiten musste. Diese Äußerung landete bei ihrem Arbeitgeber, der daraufhin eine außerordentliche Kündigung aussprach.
Die Kündigung wurde zunächst trotz der besonderen Umstände für zulässig erklärt. Die Frau habe mit den negativen Kommentaren so schwerwiegend gegen die Treuepflicht und die Betriebsdisziplin verstoßen, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung der Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei. Das Vertrauensverhältnis sei nachhaltig zerstört. Es könne dem Arbeitgeber angesichts dieses Verhaltens auch nicht zugemutet werden, die Frau bei einem anderen Kunden einzusetzen.
Mit Rücksicht auf Anlass und Rahmen
Danach entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) allerdings, dass die Gekündigte Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgericht Ansbach erhält (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. Februar 2012, Az. 12 C 12.264). Ihr Anliegen habe Aussicht auf Erfolg.
So sei eine solche Kündigung nur bei besonders schweren Verstößen gegen arbeitsvertragliche Pflichten zulässig, die die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen würden. Diese Voraussetzungen seien aber vermutlich nicht erfüllt worden.
Es müssten Anlass und Rahmen der Äußerungen berücksichtigt werden. Grund für die negativen Äußerungen sei nicht die Tätigkeit der Frau, sondern ihre private Vertragsbeziehung mit dem Kunden (einem Telefonanbieter) gewesen. Auch sei die Äußerung nicht in einem öffentlichen Blog, sondern über den privaten Facebook-Account der Klägerin erfolgt. Somit handle es sich nicht um eine Schmähkritik gegen den Arbeitgeber oder dessen Kunden – dies hätte eine Kündigung gerechtfertigt –, sondern um Äußerungen, die wohl noch vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt waren.
Fazit: Im Freundeskreis gilt Meinungsfreiheit
Wichtig sei auch, ob die Kritik öffentlich zugänglich war oder nur im „privaten“ Bereich für den Freundeskreis. Hier war Letzteres der Fall. Dass der Kommentar der Frau dennoch bei ihrem Arbeitgeber landete, zeigt vor allem, dass nicht alle „Freunde“ bei Facebook auch welche sind.