Vom Arbeitslohn zur Gewinnentnahme
Von Dr. Hermann Vogt
Der Begriff Kapitalbeteiligung bezeichnet die Beteiligung der Arbeitnehmer am Kapital ihres arbeitgebenden Unternehmens; sie kann aber auch indirekt über eine Beteiligungsgesellschaft oder überbetrieblich in Form von Fonds oder dergleichen organisiert sein. Je nach Organisationsform ergeben sich unterschiedliche steuerrechtliche, arbeitsrechtliche und/oder gesellschaftsrechtliche Auswirkungen.
Als Kapitalbeteiligung oder Mitarbeiterkapitalbeteiligung gelten alle Formen von Vereinbarungen, die – unabhängig von den Arbeitsverträgen – Kapitaleinlagen ermöglichen. Dabei handelt es sich rechtlich um alle Formen der schuld- und gesellschaftsrechtlichen Verknüpfung.
Im Gegensatz zur Erfolgsbeteiligung wird aber die Kapitalbeteiligung weitgehend dem Bereich des Arbeitsrechts entzogen und dem Schuld- bzw. Gesellschaftsrecht zugeordnet.
Eine direkte Beteiligung der Mitarbeiter an Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften begründet in der Regel aber eine Mitunternehmerschaft der Arbeitnehmer, die vor allem erhebliche Auswirkungen beim Finanzamt hat: Die Arbeitsentgelte werden steuerlich nicht mehr als Betriebsausgaben, sondern als Gewinnentnahmen gewertet.
Als „Investivkapital“ werden dabei alle Kapitalanteile bezeichnet, die vom Arbeitgeber direkt auf ein Kapitalkonto des Arbeitnehmers überwiesen werden (Löhne oder lohnähnliche Vergütungen). Werden entsprechende gesetzliche Bestimmungen eingehalten, greift die so genannte „nachgelagerte Besteuerung“: Die überwiesenen Beträge sind zunächst frei von Lohnsteuer und Sozialabgaben; diese müssen erst dann entrichtet werden, wenn das Geld tatsächlich ausbezahlt wird (Zuflussprinzip).
Finanzierungsquellen
Eine Kapitalanlage von Mitarbeitern kann aus verschiedenen Quellen finanziert werden. Dazu gehören z.B.
- Mittel aus einer Erfolgsbeteiligung,
- Kapitalerträge aus den eigenen Kapitalanlagen,
- Mittel aus dem Investivlohn,
- die Umwandlung von Wertguthaben,
- Eigenleistungen der Arbeitnehmer,
- eingesparte Steuern und Sozialabgaben (Zuflussprinzip) sowie
- staatliche Zuschüsse.
Über die einzelnen, kumulierbaren Finanzierungsinstrumente entscheidet der Arbeitnehmer selbst, soweit es individuelle oder betriebliche Vereinbarungen bzw. die gesetzlichen Regelungen zulassen.
Anlageformen
Maßgebliche Variablen eines Beteiligungsmodells sind die Ziele des Unternehmers bzw. der Anteilseigner, die Struktur der Mitarbeiterschaft, die Rechtsform und der Kapitalbedarf des Unternehmens. Folgende vier Beteiligungsformen sind möglich.
Eigenkapital | Mezzanine | Fremdkapital | Investivkapital |
---|---|---|---|
GmbH-Geschäftsanteil | Stille Gesellschaft | Mitarbeiter-Darlehen | Mitarbeiter-Guthaben |
Belegschaftsaktie | Indirekte Beteiligung | Schuldverschreibung | Wertguthaben |
KG-/ Genossenschaftsanteil | Genussrecht/ Genussschein | Betriebliche Altersversorgung* |
* keine reine Kapitalbeteiligung
In Kapitalgesellschaften und Genossenschaften sind im Prinzip alle Beteiligungsformen denkbar; ein Eigenkapitalsanteil wird natürlich von der Rechtsform des Unternehmens bestimmt. Das Mezzanine-Kapital, ein Zwischending zwischen Eigen- und Fremdkapital wird heute auch für den Mittelstand zunehmend interessant.
Die Verzinsung des Kapitals ist in der Regel abhängig vom Unternehmenserfolg; es kann zusätzlich auch eine Mindestverzinsung vereinbart werden. Es besteht eine Haftung bis zur Höhe der Einlage, wenn keine Absicherung der Einlage (z.B. durch Bankbürgschaft) oder keine Insolvenzabsicherung vorhanden sind.
Bei der Auswahl einer bestimmten Anlageform ist auch zu überlegen, inwieweit sie auch die stillen Reserven und den Substanzwert des Unternehmens einbezieht.
Auswirkungen
Die größte Schwäche einer Kapitalbeteiligung ist das Kapitalrisiko für die Arbeitnehmer: Tritt der Haftungsfall ein, kann das angesparte Vermögen teilweise oder ganz verloren gehen. Eine Insolvenz des Unternehmens führt zusätzlich noch zum Verlust des Arbeitsplatzes. Insofern sind Arbeitnehmer von einer Insolvenz viel stärker betroffen als reine Kapitalgeber, weshalb auch Insolvenzsicherungen notwendig sind.
Auch der Interessengegensatz zwischen Arbeit und Kapital, dem der Arbeitnehmer durch eine Beteiligung als Person direkt ausgesetzt ist, kann zu innerbetrieblichen Konflikten führen. Für das Unternehmen hat aber genau dieser Interessenkonflikt positive Auswirkungen auf die Leistungen der Mitarbeiter: Sie sind ja jetzt selbst Mitbesitzer des Unternehmens und wachsen dadurch auch in ein Unternehmerdenken hinein.
Fazit: Knackpunkt Haftungsrisiko
Die Risiken einer Kapitalbeteiligung für Arbeitnehmer können durch Haftungsbegrenzung bzw. -auschluss und eine Insolvenzsicherung weitgehend ausgeschlossen werden. Für die Unternehmen selbst ergibt sich aus einer Kapitalbeteiligung der Mitarbeiter ein mehrfacher Gewinn: Liquidität und Produktivität werden wesentlich erhöht, die Wettbewerbsfähigkeit wird auf dem Arbeitsmarkt durch ein besseres Image gestärkt.
Nützliche Links
Der Verein Zukunft unserer Arbeit e.V. und die Arbeitsgemeinschaft Partnerschaft in der Wirtschaft e.V. (AGP) präsentieren das Internet-Portal www.mitarbeiterbeteiligung.info. Dort werden Best-Practice-Unternehmen vorgestellt; außerdem sind zu den verschiedensten Bereichen der Mitarbeiterbeteiligung Materialien zum Download und wichtige Weblinks zu finden. Neu ist das Internet-Portal des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung speziell für den Mittelstand.