Die Kunst, Figuren zu vermarkten
Von Christine Lendt
Die Plüschvariante von Knut war ein voller Erfolg: 2400 Stück waren bereits nach dem ersten Wochenende vergriffen. Schnell wurde klar, welchen Boom der tapsige Nachwuchs auslösen würde. Der Berliner Zoo reagierte sofort – und ließ den Tiernamen „Knut“ als Marke schützen.
Von „Merchandising“ spricht man nicht nur bei der Lizensierung und Vermarktung von Imageträgern. Im Handel ist damit meist VKF-Material gemeint, z.B. Regalplatzierungen, Displays und Aufsteller. Für Unternehmer ist drittens die Bedeutung im Sinne von Markentransfer interessant.
Solches Merchandising macht ganze Produktfeldzüge möglich. Das kann enorme Ausmaße annehmen, egal, um welchen Bereich es geht. Die Palette umfasst Spiele, Bücher, Kassetten, Figuren, Sticker, Karten, Alben, Teller, Tassen, Anhänger, ganze Kleidungskollektionen … und ist schier unerschöpflich.
Hersteller, die von Merchandising profitieren wollen, haben zwei Möglichkeiten: Sie können die Lizenzrechte für einen bekannten Imageträger erwerben. Oder selbst eine Kultfigur erschaffen.
Populäre Imageträger verwenden
In den meisten Fällen ist zuerst der Imageträger vorhanden. Eben jemand wie Knut. Oder ein Romanheld wie Harry Potter. Oder ein Film, ganze Serien mitunter – wie Raumschiff Enterprise. Beliebt sind auch Sportler; Vereine erwirtschaften so jährlich Umsätze in Millionenhöhe. Der Nachteil dieser Variante: Die Lizenzrechte kosten meist Unsummen oder sind gar nicht zu haben.
Doch der Spieß lässt sich auch umdrehen, und gerade hier liegt ein großes Potenzial für Unternehmen. So schuf der Schuh-Hersteller Salamander eigens den „Lurchi“, um Kinder als Zielgruppe zu binden. So konnten zahlreiche Eltern nun ihre Sprösslinge ohne Genörgel zur Anprobe bewegen. Das kam beim Kunden an. Die Geschichten von Lurchi und seinen Freunden wurden schon vor Jahrzehnten gelesen, und es gibt sie immer noch. Auch bei Kinderspielzeug werden schon mal ganze Zeichentrickserien kreiert, um bereits vorhandene Produkte besser zu vermarkten.
Lizenzrechte erwerben
Weil es hier um Lizenzrechte geht, nennt man diese Variante des Merchandising auch „Licensing“. Die Verwertungsrechte an Marken oder deren Trägern müssen gekauft werden; das ist auch teilweise möglich. Wer das nicht tut, wird schnell selbst zur Kasse gebeten.
Vorsicht auch bei „alten“ Marken!
Auch für Marken, die schon lange inaktiv sind, können (noch) Markenrechte bestehen. Das musste ein Hersteller erfahren, der T-Shirts mit Ahoj-Brause bedrucken ließ. An sich eine schöne Idee, denn Nostalgie ist angesagt. Doch das Oberlandesgericht Hamburg stellte in einem Urteil am 20. Januar 2005 fest, dass hier gegen das Markenrecht verstoßen wurde: Der durch den Vertrieb erzielte Gewinn, so entschieden die Richter, wurde allein durch die Kennzeichenverletzung ermöglicht. Und musste als Schadensersatz an den Markeninhaber abgeführt werden.
Lizenz-Agenturen
Wer einen guten Namen nutzen will, kann versuchen, dem Markeninhaber Lizenzrechte abzukaufen. Deren Wert wächst natürlich mit der Prominenz des Imageträgers, mitunter auch ins Unbezahlbare. Hier kommen die Lizenz-Agenturen ins Spiel: Markeninhaber verkaufen Lizenzen oder Rechte an die Agenturen, die diese an Hersteller oder Vertriebsfirmen weiterveräußern. In Kunstdingen sind in den meisten Fällen die betreffenden Verwertungsgesellschaften zuständig.
Eigene Marke anmelden
Mit einer eigenen Marke hebt man sich vom Wettbewerb ab. Sie kann Bekanntheitsgrad und Wert eines Unternehmens erheblich steigern. Es kann also vorteilhaft sein, einen Namen oder ein Logo für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen schützen zu lassen. Das übernimmt das Deutsche Patent- und Markenamt. Nachdem man dort seine Marke angemeldet hat, wird sie zunächst eingehend geprüft. Es könnten ja noch Schutzhindernisse bestehen. Nach dreimonatiger Widerspruchsfrist hat die Marke dann formell Bestand und darf im Geschäftsverkehr verwendet werden. Eine deutsche Markenanmeldung kostet derzeit ab 300 Euro. Dafür gibt es zunächst zehn Jahre lang Schutz. Die Schutzdauer kann dann beliebig oft verlängert werden.
Markenrechte können auch auf europäischer und internationaler Ebene erworben werden. Man sollte also langfristig planen und erwägen, inwieweit ein Markenschutz über die eigenen Landesgrenzen hinaus von Vorteil wäre. Wichtig ist, sich zu überzeugen, ob in einem Land vielleicht noch ältere Rechte bestehen, die einen neuen Markenschutz ausschließen.
Fazit: Teure Namen und neue Träger
Abzusehen, dass sich FIFA-WM-Lizenzprodukte und sogar Ork-Ohren à la Herr der Ringe schon vermarkten lassen werden, ist keine Kunst. Die besteht in der Praxis vielmehr darin, einen Trend frühzeitig auszumachen und bei den Lizenzen zuzuschlagen. In bestimmten Fällen bietet sich zwischen Lizenzgeber und -nehmer auch ein partnerschaftliches Modell an.