M2M im Internet der Dinge: Wo M2M-Kommunikation bereits Realität ist

Das Internet der Dinge wird gewaltig auf die Netze gehen. Schon heute funken viele Maschinen und Geräte als Dauerdatenpunkte, vor allem in den Bereichen Consumer Electronics und Automotive. Die Notrufsysteme und Infotainment-Dienste werden in Zukunft eine deutlich stärkere Mobilfunkanbindung brauchen.

Die Automobilindustrie fährt connected voraus

Von Dr. Harald Karcher

Die M2M-Kommunikation kommt zwar aus den Industrie-4.0-Werkshallen, erobert jetzt aber verstärkt externe Anwendungen mit direktem Kundenbezug wie vernetzte Haushaltsgeräte, Smart Homes, Connected Cars. So entstehen neue Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im Internet der Dinge. Wie M2M-Kommunikation momentan zum Mainstream wird, zeigte Vodafone am 24. Juli 2014 in München, als der Mobilfunkanbieter das M2M Adoption Barometer vorstellte; die Marktstudie beruht auf Befragungsergebnissen von 600 Führungskräften aus sieben Branchen und 14 Ländern der Welt. Demnach wuchs der Einsatz von M2M-Kommunikation bei den befragten Unternehmen um 80 % im Vergleich zum Vorjahr auf insgesamt 22 %, erklärte Pressesprecher Markus Teubner. Bis 2016 soll der Anteil auf gut 50 % anwachsen.

Serie: Internet der Dinge
Teil 1 zählt an den Fingern ab, wie viele Datenverbindungen man künftig braucht, um alle Maschinen, Fahrzeuge, Sensoren und Smartphones zu vernetzen. Teil 2 berichtet von M2M-Lösungen, die bereits funktionieren. Ein wichtiger Treiber ist die Automobilindustrie. Teil 3 kehrt zur Ausgangsfrage zurück: Welche Netze sind in der Lage, das Internet der Dinge auszuhalten?

Der Studie zufolge sind M2M-Anwendungen in den Branchen Consumer Electronics, Energieversorgung und Automobilindustrie mit jeweils fast 30 % Marktdurchdringung besonders stark vertreten. Am häufigsten nutzen Unternehmen aus dem Bereich Consumer Electronics M2M-Technologien. Die Verbreitung liege hier bei derzeit 29 %. Grund dafür sei unter anderem, dass immer mehr Geräte für Endverbraucher, wie etwa Smart-TVs und Spielkonsolen, via M2M mit dem Internet verbunden werden. Bis 2016 werden laut Studie nahezu drei Viertel (74 %) der Elektrogerätehersteller M2M-Kommunikation einsetzen. Der Trend geht dabei hin zu vernetzten Haushaltsgeräten wie Thermostaten oder Küchenhilfen.

Smart Metering, Smart Homes, Notruf und Infotainment

Auch die Energieversorger setzen laut M2M Adoption Barometer schon heute stark auf M2M-Kommunikation. 28 % der Unternehmen aus diesem Sektor böten ihren Kunden M2M-basierte Lösungen wie z.B. Smart Meter (intelligente Messzähler) oder Smart Homes (intelligente Hausvernetzung) an. Dieser Trend werde sich in den kommenden Jahren fortsetzen: Insgesamt 62 % der befragten Unternehmen aus der Energiebranche wollen im Lauf der nächsten zwei Jahre M2M-Technologie nutzen. Zu diesem Wachstum trage auch die steigende Verbreitung komplexerer Lösungen bei, z.B. für Energiedatenmanagement.

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Bis 2016 wollen in allen drei Weltregionen jeweils mehr als 50 % der befragten Firmen M2M-Lösungen einsetzen. (Grafik: M2M Adoption Barometer 2014)

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In Deutschland wächst M2M besonders schnell. Der Einsatz hat sich binnen Jahresfrist verdoppelt, von 14 % (2013) auf 28 % (2014). Bis 2016 wollen 60 % der befragten deutschen Firmen M2M-Kommunikationslösungen einsetzen. (Grafik: M2M Adoption Barometer 2014)

In der Automobilbranche ist die M2M-Kommunikation schon seit Jahren im Einsatz: laut Umfrage bei 28 % der Firmen, Tendenz steigend. Klassische Anwendungsgebiete sind etwa Notrufsysteme oder Infotainment-Dienste, die derzeit vor allem in Pkw aus der oberen Mittel- und Oberklasse eingebaut und zukünftig in immer mehr Fahrzeugklassen zu finden sein werden. So gab mit 53 % mehr als die Hälfte aller befragten Automotive-Firmen an, in zwei Jahren eine M2M-Lösung einzusetzen.

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NetComWireless gehört zu den vier wichtigsten M2M-Terminal­lieferanten von Vodafone. Im Inneren dieses Routers stecken Mobil­funk­sender und -empfänger samt Vodafone-SIM-Karte. Maschinen und andere Dinge werden über die gelbe Ethernet-Buchse lokal angekoppelt. (Bild: Harald Karcher)

BMW-Deal mit Weltmarkführer Vodafone

Auf der CeBIT 2012 konnte Vodafone vermelden, dass fortan ein Großteil aller BMW-ConnectedDrive-Neufahrzeuge ein fest verbautes M2M-Modul mit einer M2M-SIM von Vodafone ab Werk unter der Haube hat. Vodafone könne das größte eigene Mobilfunknetz der Welt in 27 Ländern sowie Partner und Affiliates in 48 Ländern einbringen. Die Märkte USA und China jedoch sind von der Zusammenarbeit offenbar ausgenommen, dort kommen andere Mobilfunker zum Zuge.

Bereits 2003 konnte der Autor die ersten BMW-ConnectedDrive-Modelle testen. Anfangs musste man noch selber eine T-D1-SIM-Karte der Deutschen Telekom eigenhändig in die wurzelholzveredelte SIM-Schublade im Armaturenbereich einlegen. Neben raffinierten Navi-, Assistenz- und Notruffunktionen hatten die ConnectedDrive-BMWs schon damals eine eigene E-Mail-Adresse und eine gute Verzahnung zwischen Microsoft Outlook und BMW-Navi-System. Ein Beispiel: Vor seinen Dienstreisen zu innovativen WLAN-Hotelprojekten zum Hilton Frankfurt und zum Adlon Berlin synchronisierte der Tester seine komplette Outlook-Kontaktdatei schon daheim in München vom Laptop in die BMW-Cloud, die damals noch ganz bodenständig BMW-Online-Server hieß.

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Bei diesem Test am 30. April 2013 steckte schon eine fest verbaute M2M-SIM von Vodafone im jüngsten ConnectedDrive-BMW. Bis 2012 schoben BMW-Fahrer meist eine M2M-SIM der Deutschen Telekom noch selber von Hand in einen kleinen SIM-Schlitz in einer Schublade unter dem Borddisplay ein. (Bild: Harald Karcher)

Beim nächsten Fahrtantritt synchronisierte der BMW-Server die Adressen dann ohne weiteres Zutun via D1-Mobilfunk in das Navigationssystem des BMWs. Beim Losfahren in München kannte der 7er-BMW die Navi-Adresse des Hotels samt Telefonnummer des Ansprechpartners, auch ohne mühsames Adresseintippen am Drehrad. Ein Klick aufs Navi-Symbol startete die Navigation. Ein Klick aufs Telefonsymbol startete den Anruf übers Autotelefon. Am Ziel angekommen, lernte der Autor neue Leute kennen, speicherte deren Adressen sogleich vor Ort in seinem WLAN-Laptop ab, synchronisierte die neueste Outlook-Datei direkt aus der WLAN-Lobby des Hotels in den BMW-Server und fand beim nächsten Losfahren die neuesten Kontaktdaten bereits im Navi-System des BMW hinterlegt.

Damals lief der mobile M2M-Datenverkehr noch über das D1-GSM-Netz der Telekom, was für Navi, Notruf oder Synchronisierung von Adressdaten zwischen BMW-Server und -Fahrzeug gerade mal so reichte. Heute findet man auch das viel schnellere LTE in Premiumwagen, zumindest in der Sonderausstattung.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazin­reihe. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften bekommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Für Marc Sauter, Head of M2M Central Europe & Africa bei Vodafone, ist BMW ConnectedDrive eine Referenz, aber keineswegs die einzige. „Wir machen M2M seit über 20 Jahren“, sagte er auf einem IoT-Event am 24. Juli 2014. Auch DriveNow, ein Joint Venture des Herstellers BMW und des Vermieters SIXT, sei ohne M2M-Technik kaum vorstellbar: Die eingesetzten IoT-Lösungen ermöglichen das hoch automatisierte Selfservice-Handling der Leihfahrzeuge, etwa beim Öffnen der Autos, bei der Erfassung von Strecke und Fahrzeit sowie bei der minutengenauen Fahrpreisabrechnung.

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In großen M2M-Projekten müssen M2M-Hardware, -Software und -Netzwerke über viele Länder der Welt hinweg perfekt zusammenspielen. Solche Anforderungen können nur große Netzanbieter in Zusammenarbeit mit Systemintegrationspartnern erfüllen. (Grafik: Vodafone)

Der Energieversorger RWE verwende M2M von Vodafone zur Fernauslesung von Energiezählern und zur intelligenten Vernetzung von Stromnetzen, berichtete Sauter. Bei Paketzustellern und Logistikunternehmen diene die M2M-SIM-Karte in Handscannern zur Übertragung von Transportdaten und Unterschriften. Und Kindle-Geräte von Amazon sind mit M2M-SIM-Karten ausgestattet, die den Download von Filmen, Musik, Büchern und Apps unterstützen. Boston Scientific schließlich arbeite mit Lösungen für die Echtzeitüberwachung von Herzpatienten auf Basis von Vodafone-M2M, was für die Betroffenen eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität bedeuten kann.

Der Frage, welche Anforderungen das Internet der Dinge an die gesamte Netzwerkinfrastruktur stellt, geht Teil 3 dieser Serie nach.

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