Mikrotechnologie: Was Fachleute für Mikrotechnologie können müssen

Winzige Sensoren, Chips und Technikkomponenten stecken im Mars-Rover ebenso wie in Implantaten oder in modernem Spielzeug. Gebaut werden sie unter Reinraumbedingungen von heiß begehrten Fachkräften für Mikrotechnologie. Wer einsteigen will, braucht gute Nerven, extreme Sorgfalt und eine ruhige Hand.

Handwerk im Reinraum

Von Dirk Bongardt

Abstraktionsfähigkeit, ein ausgeprägtes mathematisch-logisches Denkvermögen, Merkfähigkeit und Organisationstalent: In den meisten IT-Berufen entscheiden diese Fähigkeiten über die individuellen Berufsaussichten. Auch Mikrotechnologen sollten diese Fähigkeiten besitzen. Aber um in diesem Tätigkeitsfeld Bestleistungen zu bringen, ist noch einiges mehr erforderlich.

Scharfe Augen, geschickte Finger

Mikrotechnologen stellen winzig kleine elektronische Bauteile her, unter anderem Mikrochips, Halbleiterkomponenten und Mikrosysteme. Zu ihren Aufgaben gehören die Einrichtung der entsprechenden Anlagen, das Justieren der Produktionsparameter und das Beheben von Störungen ebenso wie die Qualitätskontrolle. Und dazu braucht es nicht zuletzt scharfe Augen. Auf eine Brille angewiesen zu sein, ist nicht zwangsläufig ein Hinderungsgrund, sofern diese eine Fehlsichtigkeit im Nahbereich vollständig behebt, und das räumliche Sehvermögen nicht in Mitleidenschaft gezogen ist. Zu den Aufgaben von Mikrotechnologen gehört es häufig, Feinstrukturen mit Geräten wie dem Rasterelektronenmikroskop zu prüfen und feine Oberflächenstrukturen exakt zu erkennen.

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Ein Silizium-Wafer, aus dem Mikrotechnologen Siliziumkarbid-basierte Halbleiter herstellen. (Bild: Infineon)

Auch eine gute Hand-Auge-Koordination ist in diesem Beruf erfolgsentscheidend. Bei der Herstellung von Mikrochips ätzen Mikrotechnologen Löcher und Rillen in feine Siliziumscheiben, sogenannte Wafer, und bringen Metallkontakte an. Sie sputtern Chrom- und Goldschichten auf den Wafer, tragen Fotolack auf und lassen durch chemische Prozesse Mikrospulen entstehen. Anschließend versiegeln sie die Oberfläche und häusen die fertigen Mikrokomponenten in entsprechende Schutzhüllen. Auch wenn das – spätestens in der Serienfertigung – in einer entsprechenden Anlage passiert, erfordert das Handling der winzig kleinen Komponenten ein hohes feinmotorisches Geschick.

Herausforderung Reinraum

Dass eine chronische Atemwegserkrankung einer Karriere in der IT im Wege stehen könnte, klingt zunächst relativ absurd. In der Mikrotechnologie sind gesunde Atemwege und eine ebensolche Lunge allerdings entscheidend. Denn wer hier beschäftigt ist, muss regelmäßig unter Reinraumbedingungen in klimatisierten Räumen arbeiten und dabei Schutzkleidung tragen, die auch einen Mundschutz umfasst. In der Mikrotechnologie – vor allem in Bereichen, in denen zunehmend nanodimensionale Objekte verbaut werden – können selbst winzige Staubkörnchen enormen Schaden anrichten. Zur Arbeit der Mikrotechnologen gehört es auch, Quellen zu identifizieren, die Verunreinigungen der Luft verursachen könnten, und den Partikelgehalt der Luft engmaschig zu überwachen.

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Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Neben den Hard Skills sind für diese Tätigkeit deshalb Persönlichkeitsmerkmale wie Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit von entscheidender Bedeutung. Deren Ausprägung verändert sich zwar im Laufe eines Lebens, bleibt nach psychologischen Studien aber über relativ lange Zeiträume stabil. Strebt man eine Karriere in der Mikrotechnologie an, sollte man sich deshalb in dieser Hinsicht selbst reflektieren. Wer des Öfteren fünfe gerade sein lässt, dürfte in anderen Fachrichtungen größere Erfolgsaussichten haben.

Handwerkliche Präzisionsarbeit

Mikrotechnologen arbeiten mit hochpräzisen Produktionseinrichtungen. Auf Basis der Vorgaben, die entweder aus den Unterlagen hervorgehen oder von den Entwicklern vorgegeben werden, stellen sie an den Maschinen und Anlagen die nötigen Betriebsparameter ein, etwa Drehzahl, Temperatur oder Druck. Anschließend starten sie die Produktion und achten darauf, dass alle Prozesse reibungslos ablaufen.

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Fachkräfte in der optoelektronischen Fertigung (Bild: Jenoptik – Jeibmann Photographik, Torsten Proß)

Auch die Ersteinrichtung, die Wartung und eventuelle Umrüstarbeiten an den Produktionseinrichtungen gehören zu ihren Aufgaben. So zerlegen sie mechanische Konstruktionselemente, verbinden Rohre und Ventile und schließen elektrische Leitungen an. Außerdem messen sie elektrische Größen und überprüfen die Dichte vakuumtechnischer Einrichtungen. Um eine gleichbleibende Qualität ihrer Erzeugnisse sicherzustellen, führen Mikrotechnologen prozessbegleitende Prüfungen durch, etwa optische, elektrische und mechanische Messungen von Schichtdicken.

Wege in den Mikrokosmos

Mikrotechnologe (m/w/d) ist ein anerkannter Ausbildungsberuf, der in Deutschland eine duale Berufsausbildung erfordert, also eine betriebliche Ausbildung in einem dafür zugelassenen Unternehmen, ergänzt durch Unterricht an einer Berufsschule. Die Ausbildungsdauer ist auf drei Jahre angelegt. Bei entsprechenden Leistungen in Betrieb und Berufsschule können Auszubildende die Ausbildungsdauer eventuell um ein halbes Jahr verkürzen.

Ausbildungsplätze bieten in erster Linie Hersteller elektronischer Bauteile oder elektrischer Ausrüstungen für Fahrzeuge und Unternehmen, die Computerchips oder elektromedizinische Geräte produzieren. Rechtlich ist die Ausbildung nicht an eine bestimmte Schulbildung geknüpft. In der Praxis bevorzugen Unternehmen aber Bewerber mit Hochschulreife. So besaßen nach Angaben der Arbeitsagentur im Jahr 2020 rund 63 % der neuen Auszubildenden die Hochschulreife, 33 % einen mittleren Bildungsabschluss, die letzten 4 % teilten sich Auszubildende mit Hauptschulabschluss und „Sonstige“.

Chancen und Perspektiven

Als beispielhafte tarifliche Bruttogrundvergütung nennt die Arbeitsagentur eine Spanne von 3135 bis 3646 Euro. Das tatsächliche Gehalt hängt aber von einer Vielzahl von Faktoren ab: Branche, Region, Berufserfahrung, eventuelle Zusatzqualifikationen und zahlreiche weitere Einflussgrößen bestimmen letztlich das Einkommen.

Wer eine Ausbildung in der Mikrotechnologie abgeschlossen hat, kann darauf bei seiner weiteren beruflichen Qualifikation aufbauen. Abhängig von den schulischen Voraussetzungen ist auch ein Studium anschließend möglich, etwa auf Gebieten wie der Nanowissenschaft, der Sensortechnik, der Mikrotechnik und der Mikrosystemtechnik. Auch eine berufliche Weiterbildung via Meister– oder Technikerschule ist denkbar. Hier stehen Weiterbildungsziele wie Industriemeister Elektrotechnik, Leiterplattentechniker oder Mikrosystemtechniker offen.

Mikrotechnologie ist ein Tätigkeitsfeld mit Zukunft. Auch wenn Entwicklungen auf technologischem Gebiet immer wieder für eine Überraschung gut sind, lässt sich doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit absehen: Größer wird’s nicht mehr. Kein Fahrzeughersteller würde heute noch ein Auto auf den Markt bringen, das nicht mit elektronischen Steuerungen, Assistenzsystemen und entsprechenden Sensoren bis unter die Dachreling bestückt ist. Und längst sind auch überall sonst Mikrochips: Sie steuern die Wärme von Heizkörpern, halten die Herzen von Schrittmacherpatienten im Takt oder sorgen dafür, dass Toastscheiben exakt bis zur gewünschten Bräune geröstet werden.

Was nicht bedeutet, dass ausgebildete Mikrotechnologen auf stetes Lernen verzichten könnten. Wer den Beruf heute lernt, kann schon morgen mit neuen Verfahren, Materialien, Normen und Regeln konfrontiert sein. Aber gerade das macht für viele den Reiz an diesem vielseitigen Beruf aus.

Mein Feingefühl sagt Ja

Mikrotechnologen sind begehrte Spezialisten, deren wichtigster Arbeitsplatz nicht der Schreibtisch, sondern der Reinraum ist. Ihr Arbeitsanzug erfordert keine Krawatte, der Dresscode ist dennoch strenger als im Buckingham-Palast. Mathematisch-logisches Denken, organisatorische Fähigkeiten, Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt gehören zu den wichtigsten Soft Skills. Aber auch ein gutes räumliches Sehvermögen und feinmotorisches Geschick sind Voraussetzungen, die jemand mitbringen sollte, der in diesem Beruf Fuß fassen möchte.

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Dirk Bongardt hat vor Beginn seiner journalistischen Laufbahn zehn Jahre Erfahrung in verschiedenen Funktionen in Vertriebsabteilungen industrieller und mittelständischer Unternehmen gesammelt. Seit 2000 arbeitet er als freier Autor. Sein thematischer Schwerpunkt liegt auf praxisnahen Informationen rund um Gegenwarts- und Zukunftstechnologien, vorwiegend in den Bereichen Mobile und IT.


Dirk Bongardt, Tel.: 05262-6400216, mail@dirk-bongardt.de, netknowhow.de

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