Investoren gezielt ansprechen
Obgleich sich derzeit fast ausschließlich große Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht leisten, können auch kleine und mittelständische Unternehmen von einem solchen Bericht profitieren, wie die Auflistung der Nutzeffekte in Teil 2 gezeigt hat. Tatsächlich steht einer allgemeinen Einführung lediglich der Aufwand für die Ausarbeitung im Wege. Dieser fällt umso stärker ins Gewicht, je kleiner ein Unternehmen ist.
Überregional oder sogar international agierende mittelständische Unternehmen dürften in Zukunft allerdings nur noch selten auf einen solchen Bericht verzichten können, denn mit dem erweiterten Geschäftsradius reißt der direkte Kontakt zu den Kunden in aller Regel ab. Gleiches gilt, wenn die Geschäfte ins Internet verlagert werden. In beiden Fällen kann der Nachhaltigkeitsbericht einen guten Teil des Kommunikationsdefizits wettmachen und den Kunden signalisieren, dass sie nicht nur als Umsatzfaktor betrachtet werden.
Die wichtigsten Adressaten
Aus den Zielgruppen des Nachhaltigkeitsberichts ergeben sich dessen Inhalt, Form und Sprache. Deshalb lohnt es sich, über die Adressaten des Berichts nachzudenken.
Die wichtigsten Leser sind Investoren, Kreditgeber und Anteilseigner. Sie wollen im Nachhaltigkeitsbericht davon überzeugt werden, dass das Unternehmen langfristig erfolgreich sein wird, indem es gesellschaftliche Veränderungen berücksichtigt und so Konflikte mit politischen und gesellschaftlichen Trends vermeidet sowie vorausschauend teure Spätschäden sozialer und ökologischer Natur rechtzeitig verhindert.
Zweitwichtigste Leserschaft sind Kunden, Geschäftspartner und Lieferanten. Während Privatkunden in aller Regel an den ethischen Aussagen des Berichts interessiert sind, achten Business-Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner zusätzlich darauf, ob das nachhaltige Verhalten des Unternehmens zu ihrem eigenen Image passt oder diesem eher schadet.
An dritter Stelle stehen die eigenen Mitarbeiter und potenzielle Bewerber. Ihnen erleichtert der Bericht – wie oben bereits erwähnt – die Identifikation mit dem Arbeitgeber.
Firmen mit öffentlichen Auftraggebern bedienen mit dem Nachhaltigkeitsbericht darüber hinaus Entscheider in Behörden und politische Akteure. In einigen Bereichen ist ein Beweis nachhaltiger Planung sogar eine Voraussetzung für die Vergabe der Aufträge.
Im Falle einer öffentlichen Kritik am Unternehmen seitens sozialer und ökologischer Akteure (z.B. durch Gewerkschaften oder Natuschutzverbände) zählen auch diese zu den aufmerksamen Lesern des Nachhaltigkeitsberichts.
Aufbau und Inhalt
Was also muss ein Nachhaltigkeitsbericht für mittelständische Unternehmen enthalten? Die einschlägige Literatur empfiehlt im Großen und Ganzen zwei unterschiedliche Gliederungsformen: zum einen eine an das Triple-Bottom-Line-Modell angelehnte Gliederung in die drei Kategorien Ökonomie, Ökologie und Soziales, zum anderen eine so genannte integrierte Gliederung nach Kategorien. Das können einzelne Projekte, aber auch Geschäftsfelder oder Bereiche sein.
Gliederungsbeispiele
- Triple-Bottom-Line-Gliederung
- Das Unternehmen
- Ökonomiebericht
- Umwelterklärung
- Sozialbericht
- Integrierte Gliederung
- Vorstellung des Unternehmens
- Verantwortung für die Geschäftsentwicklung
- Verantwortung für die Kunden
- Verantwortung für die Mitarbeiter
- Verantwortung für die Gesellschaft
- Verantwortung für die lokale Umwelt
(Angelehnt an Beispiele in der PDF-Broschüre „EMAS – von der Umwelterklärung zum Nachhaltigkeitsbericht“ des Umweltbundesamts).
Beide Gliederungsformen haben Vor- und Nachteile. So eignet sich die Einteilung nach Projekten und Zielen vor allem dazu, komplexe Wechselwirkungen und Synergieeffekte zu beschreiben sowie innovative Projekte herauszustellen – also eine „Nachhaltigkeitsmarke“ zu entwickeln.
Die dreigeteilte Gliederung wiederum vereinfacht den Vergleich mit anderen Unternehmen und wird deshalb von Investoren und Banken bevorzugt. Mit der Vergleichbarkeit schwindet aber das individuelle Nachhaltigkeitsprofil des Unternehmens.
Darüber hinaus kann der Bericht noch um weitere Elemente angereichert werden, z.B. um Zitate aus Kundenzuschriften oder Statements von Geschäftspartnern. Auch entsprechende Pressezitate können zur Bestätigung eingearbeitet werden. Wichtig dabei ist nur, dass die Zitate inhaltliche Aussagen treffen und keine unverbindliche Lobeshymnen enthalten, sonst leidet die Glaubwürdigkeit.
Eventuell sind auch örtliche Politiker und Funktionsträger auf Anfrage bereit, das nachhaltige Wirken des Unternehmens mit einem Beitrag für den Bericht zu honorieren. Allerdings dürfen diese Beiträge nicht „gekauft“ werden – weder direkt mit Geld noch indirekt durch Vergünstigungen, sonst ist der PR-Gau vorprogrammiert.
Anderes gilt, wenn ein Gutachter im Rahmen eines Nachhaltigkeitsberichts mit einer offiziellen Expertise beauftragt wird. Dass für ein solches Gutachten Honorar gezahlt wird, ist selbstverständlich. Ob sich diese Kosten lohnen, untersuchten 2005 die beiden IÖW-Wissenschaftler Jens Clausen und Thomas Loew in ihrer Studie „Mehr Glaubwürdigkeit durch Testate?“.
Fazit: Überschaubar bleibt glaubwürdig
Keinesfalls darf ein Nachhaltigkeitsbericht zur Tausendseitendiplomarbeit ausarten. Maximal zehn Seiten inklusive einer Handvoll schlichter Diagramme und Tabellen sollten für ein mittelständisches Unternehmen reichen. Für Details kann per Link zur Firmenwebsite oder zu anderen Unternehmenspublikationen verwiesen werden. Zu vermeiden sind vor allem Werbefloskeln – die Fakten müssen knapp, präzise und in einer verständlichen Sprache präsentiert werden, sollen sie optimale Glaubwürdigkeit ausstrahlen.
Der Aufwand für einen ernsthaften Nachhaltigkeitsbericht ist durchaus mit dem für einen klassischen Geschäftsbericht vergleichbar. Er variiert wie Letzterer mit der Größe des Unternehmens und der jeweiligen Branche.
Teil 1 sagt, wozu der Report gut ist, und berichtet, wie die Idee dazu entstand. Teil 2 erläutert den Ansatz der Triple Bottom Line und fragt nach dem praktischen Nutzen. Teil 3 skizziert Aufbau und Gliederung; dazu gibt es eine Link-Liste hilfreicher Downloads.
Nützliche Quellen und Links
Hilfen beim Planen und Ausarbeiten eines Nachhaltigkeitsberichts bieten eine Reihe spezialisierter Unternehmensberater, aber auch Institute und NGOs, darunter das renommierte Öko-Institut sowie der TÜV Rheinland. Auch eine Nachfrage bei den Industrie- und Handelskammern empfiehlt sich.
Für mittelständische Unternehmen gibt es außerdem eine ganze Reihe kostenloser Broschüren, in denen sowohl der Zweck, Nutzen, Aufbau und Inhalt als auch die Gestaltung von Nachhaltigkeitsberichten beschrieben wird:
Ratgeber und Leitfäden
- Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, hg. v. der Global Reporting Initiative 2000–2006 (Version 3.0); kostenfrei
- EMAS – von der Umwelterklärung zum Nachhaltigkeitsbericht, hg. v. Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt 2007; kostenfrei
- Nachhaltigkeitsberichterstattung: Empfehlungen für eine gute Unternehmenspraxis, hg. v. Bundesumweltministerium 2009; kostenfrei
- Zukunftsfähiges Wirtschaften – Ein Leitfaden zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, hg. v. Umweltministerium Baden-Württemberg 2002; kostenfrei
Studien
- Status und Tendenzen der Nachhaltigkeitsberichterstattung deutscher KMU, hg. v. future – verantwortung unternehmen und dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung 2011; kostenfrei
- Rosita Kraus: Ist Berichterstattung über Nachhaltigkeit sinnvoll? – Eine Nutzen- und Kostenanalyse, Diplomarbeit 2011; kostenpflichtig zu beziehen im Buchhandel (eISBN: 978-3-638-73817-0, ISBN: 978-3-640-85948-1)
- Jens Clausen und Thomas Loew: Mehr Glaubwürdigkeit durch Testate? Internationale Analyse des Nutzens von Testaten in der Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichterstattung, Endbericht des IÖW an das BMU 2005; kostenfrei
- Jörg Baetge und Axel Hesse: Best Practices bei SD-KPIs. Beispiele guter Berichterstattung zu „Sustainable Development Key Performance Indicators“ (SD-KPIs) in Lageberichten 2006, Deloitte Extra-Financial Issues 2008; kostenfrei
- Jhana Senxian und Cindy Jutras: The ROI of Sustainability: Making the Business Case, hg. v. der Aberdeen Group 2009; prinzipiell kostenpflichtig, im Rahmen von Promotions jedoch mitunter kostenfrei.
- Elisa Vorsteher: Nachhaltigkeitsberichterstattung in mittelständischen Unternehmen – Fallstudien zu unternehmerischen Lösungsansätzen, hg. von der Fachhochschule des Mittelstands, Januar 2015, kostenpflichtig zu beziehen im Buchhandel (ISBN 978-3-937149-50-9).
Sonstiges
- IÖW/future-Ranking Nachhaltigkeitsberichte, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung; kostenfrei
- Lexikon der Nachhaltigkeit, Aachener Stiftung Kathy Beys; kostenfrei
- Nationaler Nachhaltigkeitskompass: Standardnutzen-Modell, Projektbericht der Fachhochschule des Mittelstands; kostenfrei