Der 1-Gigabit-Flaschenhals wird aufgebohrt
Der Datenhunger vieler WLAN-Nutzer wird jedes Jahr größer, einerlei ob das Funknetzwerk zu Hause, im Hotel oder im Unternehmen aufgespannt werden soll. Jeder einzelne Nutzer verwendet immer mehr mobile und stationäre WLAN-Geräte. All diese modernen Devices funken weitaus schneller als ihre Vorgängermodelle und sie werden auch zunehmend intensiver genutzt, um immer größere Datenpakete zu transportieren. Mit anderen Worten: Der von Menschen generierte Datentraffic in den WLAN-Netzen steigt schier unaufhörlich.
Zu dieser Entwicklung im individuellen Nutzerverhalten kommen überdies auch noch Trends wie M2M (Machine-to-Machine-Kommunikation), das Internet der Dinge, Industrie 4.0, vernetzte Fahrzeuge und Haushalte hinzu und nicht zuletzt nimmt auch der Datentraffic durch Videostreams aus Kameradrohnen stetig zu. Das heißt also: Auch der von Maschinen verursachte Datenverkehr steigt kontinuierlich an.
Traffic via WLAN oder 4G/5G-Mobilfunk
Ein Teil dieses rasanten Datenwachstums wird über – mehr oder weniger leistungsfähige – Mobilfunknetze abgeleitet. Wenn wie geplant im Jahr 2020 dann 5G-Netze Funkzellen mit Gigabit-Speed für die Endbenutzer zur Verfügung stellen, kommen sie wahrscheinlich gerade noch rechtzeitig, um größere Datenstaus in den Netzen zu vermeiden. Ein weiterer Teil des Datenwachstums läuft hingegen über WLAN-Netze, vor allem – aber nicht nur – innerhalb von Gebäuden und Anlagen. Hier kommen mittlerweile häufig WLAN-Access-Points (APs) mit Gigabit-Speed zum Einsatz. Dem Stand der Technik entsprechen heute APs mit 4×4:4-WLAN-11ac-Wave-2: Das macht dann 4 × 433,33 MBit/s, also 1733 MBit/s brutto.
Teil 1 setzt beim Bandbreitenbedarf an, der durch die Decke schießt. WLAN und Mobilfunk liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Zielgeraden zu 10 GBit/s. Teil 2 schildert den Stand der Standards und interessiert sich eingehend für die Konsortien der Entwicklung. Teil 3 begibt sich auf die technische Seite. Es geht um die Grundlagen der 5G-Netze, um Ping-Zeiten und Frequenzen. Teil 4 schließlich erläutert den Stand der Dinge kurz vor der Frequenzversteigerung 2019. Drei Sonderberichte widmen sich der Möglichkeit von 5G-Campus-Netzen, berichten vom letzten Stand der 5G-Frequenzauktion und untersuchen, welche Berufe für den Netzaufbau gebraucht werden. Zum Schluss lohnt noch ein Blick nach Österreich: Dort gibt es 5G schon.
Stehen 1733 MBit/s brutto auf der Hardware-Verpackung drauf, dann werden allerdings netto sowieso nur maximal knapp 1000 MBit/s an Nutzerdaten übertragen. Da dieser WLAN-Traffic meist über eine LAN-Buchse am AP in das restliche Firmen- oder Heimnetz abgeleitet wird, ist der bislang übliche 100/1000-MBit/s-LAN-Port an solchen AC-Access-Points in der Regel gerade noch ausreichend. Werden aber mehrere WLAN-Radios in das gleiche AP-Gehäuse verbaut, dann schauen oftmals mehr als vier Antennen heraus – und damit steigt auch der aggregierte Nettodurchsatz auf deutlich über 1000 MBit/s an. Der gängige 1-Gigabit-LAN-Port am AP wird somit zum Flaschenhals.
Was tun, wenn zwei WLAN-Radios in einem WLAN-Access-Point-Gehäuse in Summe schon mehr als 1 GBit/s netto (!) funken, und der 1-Gigabit-Port zum Engpass wird? Lancom Systems nutzt dann eben zwei 1-GBit/s-Ports und koppelt diese per Link Aggregation. (Bild: Harald Karcher)
Schnell und bezahlbar
Was also tun, um zu vermeiden, dass der 1-Gigabit-LAN-Port am AP den neu gewonnenen WLAN-Speed wieder herunterbremst? Ein naheliegendes und relativ einfach umzusetzendes Rezept sieht so aus: Man kombiniere einfach zwei herkömmliche Ports, solange noch keine bessere Lösung in Sicht ist! Die WLAN-Spezialisten von Lancom Systems beispielsweise haben zwei 1-Gigabit-Ports an ihrem Highend-AP verbaut und bündeln diese via Link Aggregation zu 2 GBit/s. Auf diese Weise kann man auch die herkömmlichen 1-GBit/s-to-10-GBit/s-Switches noch eine Weile weiter nutzen.
Das scheint aber letztendlich nur eine Übergangslösung aus der Not heraus zu sein. Unsere Umfrage bei allen WLAN-Ausstellern auf der Fachmesse Ingram Micro TOP 2017 Anfang Mai ergab, dass einige Anbieter noch im Laufe des Jahres 2017 neue Access Points mit einem fest verbauten 2,5-Gigabit-Port auf den Markt bringen wollen. Mindestens ein WLAN-Hersteller will im selben Aufwasch auch gleich seinen ersten Switch mit 2,5-Gigabit-Ports für unter 1000 Euro vorstellen. Die Messerepräsentanten von Lancom Systems dagegen wollten oder durften über die 2,5-Gigabit-Strategie ihres Unternehmens noch keine Aussage machen.
Power-over-Ethernet-Switches mit 2,5- und 5-Gigabit schnellen LAN-Ports bieten genau den richtigen Speed für die Anbindung von Multiradio-11ac-Wave-2-WLAN-Access-Points. (Bild: Netgear)
Ein Switch mit acht 2,5-Gigabit-Ports
Einzig die Firma Netgear aus dem Silicon Valley hat mit dem ProSAFE M4200 schon 2016 den wohl weltweit ersten Switch mit 8 × 2,5 GBit/s und 2 × 10 GBit/s sowie PoE+ an allen acht Ports für 11ac-Wave-2-APs angekündigt. Genaueres erfährt man in Netgears Presseinformation vom Frühjahr 2016:
- „Der ProSAFE M4200-10-MG-PoE+ Managed Switch (GSM4210P) ist von Grund auf so konzipiert, dass die Installation von Wave 2 Wireless-AC Access Points optimiert werden kann. Er umfasst acht Full Power PoE+ und Multi-Speed 1G, 2,5G Ports für bis zu 100 Meter Cat5e- und Cat6-Verkabelung, kombiniert mit zwei 10G Uplinks für den Fully-non-Blocking-Betrieb von acht Wave 2 Wireless-AC Access Points. Zwei der acht Ports unterstützen zudem auch 5G-Geschwindigkeit. Die Netgear Multi-Gigabit-Ethernet-Technologie ist mit den Managed-Lösungen der meisten Wireless- und Switching-Anbieter kompatibel. Dabei ist es die einzige Lösung, die über 8 × 2,5 GbE und 240W-PoE-Leistungsbudget für die Versorgung der Access Points verfügt und 2 × 10 GbE Line-Rate Aggregation zum Schaltschrank liefert.“
Das hört sich recht vielversprechend und durchaus sinnvoll an. Denn wer ein Multi-Gigabit schnelles WLAN-11ac-Wave-2 an die Decke schrauben will, sollte auf jeden Fall auch über Multi-Gigabit schnelle Switches hinter diesen rasanten WLAN-Access-Points nachdenken: Ansonsten könnte es schnell passieren, dass der Datenverkehr aus dem WLAN gleich wieder am normalen 1-Gigabit-Ethernet-Kabel-Backbone ausgebremst wird.
Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserer Magazinreihe „Kommunikation und Netze“ 1/2017. Einen Überblick mit freien Links zu sämtlichen Einzelheften bekommen Sie online im Pressezentrum des MittelstandsWiki.
Kostengünstig die Lücke schließen
Laut Netgears Netzwerkexperten Frank Slawitzki stellen 2,5 GBit/s im Switch auch keine Netgear-proprietäre Lösung mehr dar, vielmehr ist diese Geschwindigkeit seit Kurzem zum Standard geworden. Für WLAN-11ac-Wave-2 kommt dieses Timing absolut passend: Da war die Lücke zwischen 1 GBit/s und 10 GBit/s doch viel zu groß. 2,5 GBit/s passen fürs Erste perfekt, reichen auch noch eine ganze Weile und kosten überdies viel weniger als 10 GBit/s.
Leider sind aber die 2,5-GBit/s-Switches derzeit noch recht selten erhältlich. Und sie schlagen momentan noch mit deutlich über 1000 Euro zu Buche (ca. 1500 Euro UVP). Das ist für eine wirtschaftliche und schnelle Verbreitung im WLAN-Umfeld noch viel zu teuer. Doch die vielsagenden Andeutungen von mehreren Switch-Herstellern lassen vermuten, dass die Preise bald unter die 1000-Euro-Hürde fallen dürften. Und das wird sich auch für die Hersteller allemal rechnen, denn die WLAN-Welt wartet seit geraumer Zeit ungeduldig auf die flinken Verteilerkästchen.