Hilfe holen, sein Recht durchsetzen
2010 stand Peter Jöst mit seinem hartnäckig zurückeroberten Patent lediglich wieder da, wo 2004 die Misere begonnen hatte: als Bestohlener, der sein Recht selbst durchsetzen muss. Um den Erfolg genießen zu können, hätte der mittlerweile fast Siebzigjährige erneut gegen seine Nachahmer vor Gericht ziehen und vermutlich noch viele Jahre lang kämpfen müssen. Für Jöst ist zu diesem Zeitpunkt die Zeit das größte Problem. Seinen Lebensabend mit Gerichtsverfahren verbringen? Nein, danke.
Für Jüngere dürften in der Regel die Kosten eines in solchen Fällen von Patentverletzung üblichen Gerichtsmarathons das größere Problem darstellen. Je nachdem, welcher Aspekt überwiegt, gibt es in dieser Situation unterschiedliche Lösungen.
Jöst überwindet sich zu einem Schritt, den viele Patentinhaber scheuen, sei es aus Stolz oder weil sie ihr geistiges Baby nicht so einfach weggeben können: Peter Jöst wendet sich an Papst Licensing, ein Patentverwertungsunternehmen, und verkauft diesem sein Patent. Der Vorteil: Er bekommt sofort und risikolos Geld für seine Erfindung. Sollte der Verwerter im Zusammenhang mit dem Patentstreit Prozesse verlieren oder keinen Lizenznehmer finden, ist das dessen Problem.
Schwarze Schafe, weiße Schafe
Allerdings genießen nicht alle Patentverwerter einen guten Ruf – in der Patentszene kursiert nicht ohne Grund das Schimpfwort von den „Patenttrollen“ – weil sich manche Verwerter in der Vergangenheit auf Kosten finanziell klammer oder unerfahrener Erfinder mit billig erworbenen und teuer vermarkteten Patenten eine goldene Nase verdient haben. Inwieweit „Patenttrolle“ mit ihrem Verhalten wirtschaftlichen Schaden anrichten, untersuchten die beiden Rechtsprofessoren James E. Bessen und Michael J. Meurer von der Boston University – School of Law in ihrer Studie „The Direct Costs from NPE Disputes“. Sie kommen zu dem Schluss, dass diese Sorte von Patentverwertern durch Patentklagen im Jahr 2011 einen indirekten Schaden von 29 Mrd. US$ verursachten.
Selbst in der Betriebswirtschaft sei deshalb des Öfteren etwas abfällig von „NPEs“ (Non-Producing Entities) die Rede, weiß Prof. Dr. Christoph Ann von der TU München zu berichten. Dieser Begriff bereite ihm als Juristen allerdings Bauchschmerzen, da das Patentrecht im Gegensatz zum Markenrecht keinen Benutzungszwang kenne. Der eigentliche Sinn eines Patents, so Ann, sei schließlich die Offenlegung einer neuen Technologie und die damit verbundene Fortentwicklung des Stands der Technik, nicht die Schaffung von Arbeitsplätzen.
Retter aus eigener Erfahrung
Papst Licensing gehört allerdings ohnehin in eine andere Kategorie und ist in vielerlei Hinsicht ein Sonderfall – vor allem aber ein Lehrstück darüber, wie mittelständischer Unternehmergeist eine Niederlage in einen Sieg verwandeln kann.
Georg Papst schaffte mit schwäbischer Beharrlichkeit das Kunststück, vom Gejagten zum Jäger zu werden. Von Patentschutzverletzern fast in den Ruin getrieben, gründete er 1993 das Patentverwertungsunternehmen Papst Licensing GmbH & Co. KG, um fortan Nachahmer zu Lizenznehmern zu bekehren. (Bild: Papst Licensing)
Georg Papst, Gründer der Papst Licensing GmbH & Co. KG, leitete in den Jahren 1963–1992 zusammen mit seinem Bruder Günther die von Vater Hermann Papst 1942 gegründete Papst Motoren GmbH & Co. KG. Dessen wichtigstes Produkt, der von Hermann Papst erfundene, legendäre Papst-Außenläufermotor galt und gilt bis heute als idealer Lüfter-, Servo- und Antriebsmotor für Geräte der Unterhaltungselektronik und Datenspeicherung – laufruhig, nahezu verschleißfrei, extrem leise und streufeldarm.
Als aber in den 80er-Jahren aus Asien billige Nachbauten der Papst-Motoren auf den Markt drängten, brachen für das Unternehmen schwierige Zeiten an. Das Ende kam 1992: Auf Druck der Banken mussten Georg und seine Geschwister das Familienunternehmen inklusive der rund 600 Patente und Anmeldungen an ebm (Elektrobau Mulfingen) verkaufen.
Die meisten hätten an diesem Punkt wohl aufgegeben. Georg Papst war jedoch vom Wert der Patente überzeugt. Er kaufte 1993 unter hohem Risiko und auf zeitnahe Lizenzeinnahmen zum Abzahlen des Kaufpreises angewiesen, sämtliche Patente zurück, gründete Papst Licensing und ging auf Lizenzierungstour durch Asien. Im Laufe der folgenden Jahre lernten Papst und seine Mitarbeiter zusammen mit seinen Anwälten, Patentverstöße nachzuweisen, die Nachahmer aufzustöbern und in zähen Verhandlungen zum Erwerb einer Lizenz zu bewegen. Dabei baute er ein internationales Netzwerk aus Ingenieuren, Patentrechtsexperten, Marktanalysten und Prozessanwälten auf.
Bis heute konnte Papst Licensing über 150 Patentlizenzverträge abschließen. Zu den Lizenznehmern zählen unter anderem IBM, Sony, Toshiba, Fujitsu, JVC, Hewlett-Packard, Compaq, Samsung, Hitachi, BenQ, Canon, Alcatel, Seagate, Western Digital oder Mitsubishi. Die Patentverwerter gelten daher international als gute Adresse für die Verfolgung von Patentverletzungen auch von mittelständischen Unternehmen.
Teil 1 sagt, womit Mittelständler rechnen müssen, die ihre Patente widerrechtlich genutzt finden: mit einer Retourkutsche von Konzernseite. Teil 2 sieht sich um, wann eine Patentklage Erfolg verspricht, und schildert zwei Realbeispiele aus dem Wirtschaftsleben. Teil 3 zeigt Alternativen zum Prozessmarathon auf. Welches Vorgehen am besten ist, müssen am Ende nüchterne betriebswirtschaftliche Erwägungen zeigen.
Die Papst Licensing GmbH ist aber nicht nur deshalb ein ganz besonderer Verwerter, weil ihr Gründer die Situation eines von Nachahmern bedrohten Patentinhabers aus eigener Erfahrung kennt, sondern auch, weil das Unternehmen – anders als die meisten anderen Verwerter – erst dann tätig wird, wenn ein Patentrecht verletzt wurde und der Patentinhaber um Hilfe bittet.
Peter Jöst hat mit seinem Patentverkauf an Papst Licensing nicht zuletzt deshalb die für ihn wohl beste Wahl getroffen: Er kann sich beruhigt zurücklehnen und seinen Lebensabend ohne zermürbende Gerichtstermine genießen.
Investoren setzen auf Sieg
Wer sein Patent nicht verkaufen will oder die Kosten mehr fürchtet als den Zeitaufwand, der kann sich Prozessfinanzierer suchen, also Investoren, die gegen ein Erfolgshonorar anstehende Patentverfahren vorfinanzieren. Das Geschäftsmodell dieser Investoren ähnelt dem, das in den USA von Rechtsanwälten praktiziert wird: Bei Prozesserfolg kassieren sie einen größeren Anteil an den dadurch erzielten Einnahmen aus Schadensersatzansprüchen und Lizenzen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch die Vorfinanzierung seitens der Investoren spart sich der angegriffene Patentinhaber einerseits in aller Regel einen teuren Kredit – der nicht nur Zinskosten nach sich zöge, sondern auch eine Herabstufung des Ratings – sowie den Abzug von Betriebskapital aus dem laufenden Geschäft. Andererseits kann er sich im Falle eines Scheiterns vor Gericht die Kosten mit den Vorfinanzierern teilen. Gewinnt er den Streit, bleibt er – anders als beim Verkauf an einen Patentverwerter – Herr und alleiniger Nutznießer seines Patents.
Der wesentliche Nachteil dieser Lösung: Der Patentinhaber muss alle Recherchen, Verhandlungen und Prozesse selbst managen oder gegen Honorar an externe Profis delegieren. Der Zeitaufwand hierfür ist in jedem Fall erheblich und eine Behinderung des Tagesgeschäfts nahezu unvermeidlich.
Fazit: Ein kühler Kopf erreicht am meisten
Sowohl die geschilderten Fälle als auch die Recherche unter Patentrechtsexperten haben eindeutig ergeben, dass sich kleine und mittlere Unternehmen durchaus gegen große Unternehmen im In- wie im Ausland wehren können, wenn diese das Schutzrecht verletzen. Allerdings sollten sich mittelständische Unternehmen nicht scheuen, die Hilfe Dritter in Anspruch zu nehmen.
Die betriebswirtschaftlich gesehen schlechteste Variante, auf eine Patentrechtsverletzung zu reagieren, ist ein verbissener einsamer Kampf. Er kostet Geld und Nerven, raubt die Zeit für das Tagesgeschäft, schädigt damit den Umsatz und verhindert jede Weiterentwicklung der patentierten Idee – während sich draußen vor den Türen des Gerichtssaals die Welt weiterdreht und täglich neue Technologien hervorbringt. Am Ende steht oft nur noch ein moralischer Pyrrhussieg samt Firmenpleite und einem längst überholten Patent.
Selbst das stille Akzeptieren einer Patentrechtsverletzung kann aus betriebswirtschaftlicher Sicht unter gewissen Umständen sinnvoller als der einsame Kampf sein: Es geht nämlich um den konkreten Schaden und nicht um Emotionen. Der Schaden ist aber umso kleiner, je kleiner der Beitrag des Patents zum Betriebsergebnis ausfällt. Dem stehen im Fall eines Rechtsstreits relativ hohe Kosten gegenüber. Diese Beträge gilt es, sachlich gegeneinander abzuwägen. Auch das Zukunftspotenzial des Patents ist hierbei von wesentlicher Bedeutung. Wie lange wird es noch Profit abwerfen? Sind demnächst Konkurrenztechnologien zu erwarten? Nimmt vielleicht sogar der Markt für Produkte auf Basis des Patents insgesamt ab?
Für diese Überlegungen sollten unbedingt externe Marktkenner hinzugezogen werden. Gerade wenn es um eigene Erfindungen geht, neigen Patentinhaber aus menschlich verständlichen Gründen dazu, die Bedeutung und Zukunft des eigenen Babys viel zu rosig zu sehen. Selbst den eigenen Mitarbeitern mangelt es zu oft an einem neutralen Blick.
In vielen Fällen zeigt die betriebswirtschaftliche Kalkulation eindeutig, dass der Verkauf des Patents an einen Patentverwerter die beste Lösung ist. Wie die bereits mehrmals zitierte WHU-Studie zeigt, greifen bisher allerdings lediglich rund 10 % der betroffenen Patentinhaber auf die Hilfe von spezialisierten Dienstleistern für Patentverwertung zurück.
Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Nur der Verkauf des verletzten Patents an einen seriösen Patentverwerter entlastet den Patentinhaber auf der Stelle von allen zeitlichen und finanziellen Belastungen eines Patentstreits. Das verhindert nicht nur Störungen des laufenden Geschäfts, sondern verschafft dem Patentinhaber darüber hinaus sogar den zeitlichen und finanziellen Freiraum für Neuentwicklungen – also genau jenes Geschäft, das dieser in der Regel am besten beherrscht.
Weiterführende Veröffentlichungen
- Franz Schwiebacher: Complementary Assets, Patent Thickets and Hold-up Threats – Do Transaction Costs Undermine Investments in Innovation? Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (Discussion Paper 12-015), kostenfrei.
- Chinese Champions. Patente made in China. Technische Universität München/Munich Innovation Group 2012, kostenfrei.
- Knut Blind et al.: Die volkswirtschaftliche Bedeutung geistigen Eigentums und dessen Schutzes mit Fokus auf den Mittelstand – Endbericht. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, kostenfrei.
- James E. Bessen, Michael J. Meurer: The Direct Costs from NPE Disputes. Boston University – School of Law, Research on Innovation 2012 (Research Paper 12-34), kostenfrei.
- Patentgesetz (PatG), als PDF des Bundesjustizministeriums und online auf www.gesetze-im-internet.de, kostenfrei.
- Patente. Eine Informationsbroschüre zum Patent. Deutsches Patent- und Markenamt: München 2010, kostenfrei