Praktikum: Welche Firmen junge Leute machen lassen

Manchmal ist es Neugier, oft ist es aber auch Pflicht, in der Schule oder im Studium ein Praktikum in Unternehmen zu absolvieren. Aber Kaffee kochen und nur danebenstehen, während ein Admin stumm Kabel steckt? Hier sind die besten Tipps für die Bewerbung und die Auswahl vielversprechender Stellen.

Sprung ins warme Wasser

Von Friedrich List

Wer ein MINT-Fach studiert oder auch nur ein entsprechendes Studium plant, der sollte sich frühzeitig Gedanken über einen passenden Praktikumsplatz machen. Denn bei einem Informatikstudium z.B. kann der Weg vom Hörsaal in den Wunschberuf seine Tücken haben. Ein Praktikum sorgt hier oft für Klarheit. Man kann sich erproben und erste Erfahrungen im anvisierten Beruf sammeln. Für Unternehmen wiederum ist es ein gern genutzter Weg, Interessenten und mögliche neue Mitarbeiter kennenzulernen. Die Hürden sind für beide Seiten wesentlich niedriger als bei einer Festanstellung. Außerdem sind Praktika, auch wenn sie nicht funktionieren, auf jeden Fall wertvoll, denn man hat gesehen, was für einen selbst (k)ein gangbarer Weg ist.

In der Schule und in den meisten Studiengängen sind sie ohnehin vorgeschrieben. Trotzdem haben Praktika ein zwiespältiges Image. Denn wenn’s schlecht läuft, gibt es häufig niemanden, der sich so richtig zuständig fühlt. Den Kollegen fehlt in der Regel die Zeit, sich Praktikanten zu widmen, und Teamleiter sind notorisch ausgelastet. Dann heißt es ab in die Kaffeeküche oder stupide Listen abarbeiten. Wer jedoch ein paar Tipps beherzigt, kann aus der Praktikumszeit einen Erfolgsstory machen.

Schon mal das Bewerben üben

Die IT-Branche bietet eine breite Palette von Möglichkeiten für ein interessantes Praktikum. Sei es in der Software-Entwicklung oder in der Netzwerkadministration, bei Unternehmen, die sich in Forschung und Entwicklung engagieren, oder bei öffentlichen Organisationen – sofern die IT Teil der Institution und nicht ausgelagert ist. Was in jedem Fall zählt, ist der erste Eindruck zählt: also Anschreiben und Lebenslauf.

Nicht nur gut bezahlte Jobs, sondern auch Praktika in der IT sind heiß begehrt. Entsprechend bekommen viele Unternehmen eine Menge Bewerbungen. Praktikumsanwärter sollten deshalb zumindest zwei Aspekte berücksichtigen, um sich von den Mitbewerbern positiv abzuheben. Einerseits muss auch die Bewerbung auf einen Praktikumsplatz seriös und nicht allzu flippig wirken. Andererseits kann man ja noch nicht mit hohen Meriten aufwarten, was zählt ist Neugier und glaubhaftes Interesse – allerdings nicht nur für den Gaming-Sektor!

Wichtig ist, bereits im ersten Satz das Interesse der Entscheider zu wecken. Personaler bekommen oft Hunderte von ziemlich gleichförmigen Bewerbungen und hassen ellenlange Bittgesuche. Also: Standardfloskeln vermeiden, klare Formulierungen verwenden und Verweise auf individuelle Stärken und eventuell bereits gemachte Erfahrungen liefern. Das Interesse an gerade dieser Firma und die Motivation, sich ernsthaft realen Arbeitsanforderungen zu stellen, sollte deutlich zum Ausdruck kommen.

ITKarriere 2023 02.jpg

Schwarz auf Weiß
Dieser Beitrag ist zuerst in unserer Magazin­reihe „IT & Karriere“ erschienen. Einen Über­blick mit freien Down­load-Links zu sämt­lichen Einzel­heften be­kommen Sie online im Presse­zentrum des MittelstandsWiki.

Im Lebenslauf sollten einschlägige IT-Vorkenntnisse nicht fehlen. Dazu können durchaus auch private Hobbys gehören, etwa erste erfolgreiche Versuche im Programmieren oder beim Bau von Hardwarekomponenten. Wer bereits in einem IT-affinen Betrieb gearbeitet hat, sollte das auf keinen Fall verschweigen. Je mehr Vorwissen vorhanden ist, desto eher ist ein Unternehmen bereit, es mit dem Bewerber zu versuchen und ihm schon im Praktikum Verantwortung zu übertragen. Allerdings sollten nur die Stationen erwähnt werden, die für das angestrebte Praktikum von Bedeutung sind. Teamfähigkeit, Organisationstalent und andere Soft Skills sollten nach Möglichkeit belegt werden. Das können Bescheinigungen über besuchte Kurse sein, Arbeitszeugnisse, Empfehlungsschreiben oder Beurteilungen durch Teamkollegen oder Vorgesetzte und Ausbilder.

Das Traum-Praktikum suchen und finden

Naheliegend sind Suchen auf Stellenbörsen wie Stepstone. Es gibt natürlich ebenso Online-Plattformen, die sich ausdrücklich auch an Interessenten für Praktika oder junge Absolventen wenden, so zum Beispiel Websites wie Campusjäger. Universitäten und Fachhochschulen, die in bestimmten Studiengängen Pflichtpraktika vorschreiben, haben in der Regel gute Unternehmenskontakte und veranstalten Kontaktmessen. Hier bieten sich gute Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen und die Aufmerksamkeit von Unternehmen auf sich zu lenken.

Wer sich für bestimmte Themen besonders interessiert oder sich in einem Arbeitsfeld spezialisieren möchte, kann auch gezielt recherchieren. Hier bieten Fachmedien und branchenspezifische Informationsdienste gute Möglichkeiten. Bewerber bekommen einen Einblick darin, was sich in ihrem Wunscharbeitsfeld tut. Diese News-Seiten berichten über aktuelle Projekte und stellen zum Beispiel Firmen vor, die gerade expandieren oder einen großen Auftrag bekommen haben. Entsprechende Stellenausschreibungen finden sich dann ebenfalls dort.

Auf diesem Weg lassen sich auch interessante Praktikumsplätze in Unternehmen finden, deren Bekanntheitsgrad nicht so groß ist oder deren Ruf nicht über einschlägige Fachkreise hinausreicht. So stößt man auf die Hidden Champions, die sich gerade auch auf dem deutschen Markt immer noch tummeln. Das sind kleinere oder mittlere Unternehmen, die sich stark spezialisiert haben und die in ihrer Nische bisweilen sogar Weltmarktführer sind.

Zukunftstalente werden umworben

Eine gute Orientierung bietet der Future Talents Report, den das Beratungsunternehmen Clevis Consult jedes Jahr zusammen mit der Online-Stellenbörse kununu herausgibt. Clevis Consult befragt dafür Praktikanten zu ihren Erfahrungen und wertet die Ergebnisse aus. Außerdem erstellt Clevis ein Ranking der Unternehmen, die in der Beurteilung der Praktikanten am besten abschneiden.

Gerade in der IT-Industrie sind Unternehmen ständig auf der Suche nach neuen Talenten. Der Branche geht es trotz anderweitiger Krisenstimmung gut, Bewerber sind heiß begehrt. Faktoren wie der demografische Wandel und der in dieser Sparte besonders deutlich spürbare Fachkräftemangel verstärken die angespannte Situation. Waren es noch vor gut einem Jahrzehnt noch eher zu viel Bewerberinnen und Bewerber, können es heute nicht genug sein. Zudem stehen gerade größere Unternehmen in einer globalen Konkurrenz um die besten Köpfe. Denn IT-Talente aus Deutschland sind auch im Ausland gefragt, wenn sie gute Qualifikationen mitbringen.

Die meisten Unternehmen haben das verstanden und reagieren darauf mit eigenen, aktiven Suchstrategien. Außerdem nehmen sie in wachsendem Maße auf die Bedürfnisse junger Talente Rücksicht. Eine ausgewogene Work-Life-Balance steht hier ganz hoch im Kurs. Arbeitgeber müssen also bereits im Praktikum zeigen, dass Sie eine gute Koexistenz von Karriere und Freizeit, von Arbeit, Freunden und Familie möglich machen. Dazu gehört das Vermeiden von allzu hohem Stress und hoher Arbeitsdichte, aber auch das rechtzeitige Beheben organisatorischer Mängel.

Viele Firmen setzen daher auf New Work. Das ist eine in den letzten Jahren populär gewordene neue Art von Unternehmenskultur, die dem Menschen mehr Raum lässt und dem unvermeidlichen Stress durch digitale Tools und effizientere Arbeitsmethoden entgegenzuwirken versucht. Und weil die IT-Branche bei der Einführung dieser New-Work-Kultur immer wieder eine Vorreiterrolle gespielt hat, liegen IT-Unternehmen auch in den Rankings für die besten Praktikumsanbieter vorne.

Die zehn besten Arbeitgeber 2023

Für den Future Talents Report 2023 wurden von Clevis Consult 2950 Praktikanten und Praktikantinnen befragt. Die bei den Befragten beliebtesten Arbeitgeber wurden in zwei Kategorien eingeteilt: Arbeitgeberqualität und Markenimage. Dabei setzt sich die Arbeitgeberqualität aus Kriterien wie Weiterempfehlungen, ob Erwartungen sich erfüllt haben oder nicht, sowie der allgemeinen Zufriedenheit zusammen. Die Top Ten in Sachen Arbeitgeberqualität sind:

  • Holtzbrinck Publishing Group
  • Procter & Gamble
  • Kindernothilfe
  • Texas Instruments
  • Adolf Würth GmbH
  • Curacon
  • SAP
  • Dr. Oetker
  • ZEISS
  • Phoenix Contact

Wenn es ums Markenimage geht, gibt es beim Top-Ten-Ranking leichte Verschiebungen. Im Großen und Ganzen stehen aber auch hier die bekannten Unternehmen ganz oben:

  • SAP
  • Phoenix Contact
  • Kindernothilfe
  • ZEISS
  • Adolf Würth GmbH
  • Miele
  • Holtzbrinck Publishing Group
  • Curacon
  • Adidas
  • Roche Schweiz

Breites Spektrum an Stellen

Die Zahl der deutschlandweit angebotenen Praktikumsplätze kann sich sehen lassen. Stepstone listet aktuell über 30.000 offene Stellen in der IT-Branche auf. Davon sind etwas über 5.000 Teilzeitstellen. Wenig Überraschung gibt es bei den Städten mit den meisten Jobangeboten: Berlin, Hamburg und Frankfurt am Main. Dabei bieten größere Unternehmen auch Praktika an mehreren Standorten an. So sucht ein IT-Consulting-Unternehmen mit Niederlassungen im gesamten DACH-Raum Praktikanten für seine Geschäftsstellen in Berlin, München, Bonn, Frankfurt, Nürnberg und Wien. Ein Automobilkonzern hingegen bietet im Haupthaus einen Praktikumsplatz in der Abteilung, die für die IT-Systemlandschaft von Logistik und Produktion in den verschiedenen Produktionsstätten des Konzerns verantwortlich ist.

Auch inhaltlich wird einiges geboten. Ein weiterer namhafter Autobauer etwa schreibt derzeit Praktikantenstellen in den Bereichen Car IT, Multi-Cloud und Connectivity aus. Ein bekannter Online-Versandhändler aus Hamburg beschreibt das Stellenangebot recht detailliert: Die Verantwortlichen suchen einen Praktikanten für die Schnittstelle zwischen der Firmen-IT und den Lieferanten. Die Aufgabe ist, neue Lieferpartner in die firmeneigene IT einzubinden und dabei technische Fragen der Lieferanten zur Klärung an die IT-Abteilung weiterzugeben.

Erteile Starterlaubnis!

Wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen, kann bereits in dieser frühen Phase seiner Berufstätigkeit sein Taschengeld ordentlich aufbessern. Denn im Gegensatz zu anderen Branchen werden IT-Praktika oft vergütet. Abhängig von der Größe des Unternehmens kann diese Vergütung für Studierende sogar durchaus lukrativ sein. Die Campusjäger nennen hier eine Spanne zwischen 600 und 2200 Euro im Monat.

Praktikanten werden oft und gerne auch in konkrete Projekte eingebunden. In Software-Unternehmen oder IT-Consulting-Firmen arbeiten sie beispielsweise an Entwicklungsvorhaben mit. „Dazu gehörte unter anderem die Entwicklung von Best Practices für die Produktentwicklung in der Cloud, wie zum Beispiel Nutzung einer Versionierungssoftware oder Benutzung von Entwicklungsumgebungen“, schreibt ein Informatikstudent auf der Website berufsstart.de über seine Aufgaben. Das hört sich nicht nach Kaffeeküche an!

Friedrich-List-square.jpg

Friedrich List ist Journalist und Buch­autor in Hamburg. Seit Anfang des Jahr­hunderts schreibt er über Themen aus Computer­welt und IT, aber auch aus Forschung, Fliegerei und Raum­fahrt, u.a. für Heise-Print- und Online-Publikationen. Für ihn ist SEO genauso interessant wie Alexander Gersts nächster Flug zur Inter­nationalen Raum­station. Außerdem erzählt er auch gerne Geschichten aus seiner Heimatstadt.

Nützliche Links