Preisführerschaft

Nur was der Kunde weiß, wirkt

Von Dr. rer. nat. Jürgen Kaack, STZ-Consulting Group

Zu den möglichen Positionierungszielen eines Wachstumsvorhabens gehört – neben dem Streben nach Marktführerschaft – oft die Preisführerschaft: Sie verfolgt das Ziel, im definierten (räumlich oder sachlich abgegrenzten) Markt den günstigsten Preis anzubieten. Preisführerschaft kann als Strategie zur Ausweitung des eigenen Marktanteils dienen, zur Verdrängung oder zum Fernhalten von Wettbewerbern. Zur Umsetzung von Wachstumszielen ist sie allerdings oft eine problematische Strategie. Sie kann nämlich meist nur über einen kürzeren Zeitraum hinweg gehalten werden. In vielen Fällen schafft es ein Unternehmen jedoch, durch Preisführerschaft bei einzelnen Produkten oder Leistungskomponenten eine Ausstrahlung auf die gesamte Angebotspalette zu bewirken.

Zielgruppengenau kalkulieren

Auch beim Ziel der Preisführerschaft ist eine analytische und systematisch durchgeführte Preisgestaltung mit Blick auf die Zielgruppe sinnvoll. Durch genaue Analyse von Kundenbedürfnissen und Kaufeinflussfaktoren kann es gelingen, Preisführerschaft zu erzielen, ohne tatsächlich insgesamt über das gesamte Leistungsspektrum der „billigste“ Anbieter zu werden.

Um Preisführerschaft ohne negative Margen zu erreichen, werden fallweise Quersubventionen durch andere Produkte gewählt. (Im Bereich der Unterhaltungselektronik wird dieses Instrument regelmäßig genutzt.) Diese Form der Margenspreizung sollte allerdings nur mit Bedacht angewandt werden. Eine für den Verbraucher offensichtliche Verzerrung kann anstatt des angestrebten positiven Images auch zu einer Imageverschlechterung führen.

Die Position publik machen

Ob für das Erreichen der Preisführerschaft Flatrates oder modulare Einzelpreise eingesetzt werden, ist zunächst von untergeordneter Bedeutung. Da Preisführerschaft aber als Marketing-Instrument nur dann wirkungsvoll ist, wenn sie auch von den angesprochenen Zielgruppen wahrgenommen wird, ist eine transparente Preisgestaltung zu empfehlen. Außerdem sollte das eigene Produkt den verschiedenen Preisvergleichsorganisationen zugänglich gemacht werden. Gerade die Preissuchmaschinen im Internet (z.B. www.guenstiger.de, www.ciao.de, www.geizkragen.de, www.evendi.de) werden von vielen Verbrauchern vor der Kaufentscheidung aufgesucht. Insbesondere bei diesem Wachstumskonzept ist eine aktive PR wichtig, damit man auch entsprechend wahrgenommen wird.

Da das Online-Marketing immer wichtiger wird, kann die Reduktion der Margen aufgrund niedrigerer Preise fallweise durch eine Reduktion im klassischen Werbebudget kompensiert werden. Dies funktioniert allerdings nicht in allen Märkten und kann im schlimmsten Fall bei sinkenden Umsätzen Folgen haben, die sich doppelt negativ auf den Deckungsbeitrag auswirken.

Fazit: Preis und Absatz hängen zusammen

Preisführerschaft wird insbesondere dann als angestrebte Positionierung gewählt, wenn durch Kostenführerschaft die Möglichkeit besteht, den eigenen Marktanteil auszuweiten. Oft – aber keinesfalls immer – geht die Kostenführerschaft mit hohen Marktanteilen und großen Produktionsvolumina einher.

Interessant ist in jedem Fall ein Abgleich mit der Preis-Absatzkurve, die die Sensibilität der Käufer gegenüber Preisschwankungen beschreibt. In fast allen Märkten führt eine Senkung der Preise zu erweiterten Absatzmärkten. Zielgruppen, für die das Produkt bei höherem Preis aus faktischen oder emotionalen Gründen zu teuer war, so dass es nicht gekauft wurde, interessieren sich vielleicht beim Unterschreiten einer bestimmten Preisschwelle für einen Kauf. Dies gilt jedoch nicht in allen Märkten. In der Telekommunikation ist z.B. zu beobachten, dass sich bei jedem Nutzer typische Budgets für die monatlichen Ausgaben herausbilden. Sinkt der Preis, ist eine Zunahme der Nutzung zu beobachten, und nach einiger Zeit führt die erhöhte Nutzung wieder zu vergleichbaren Ausgaben. In diesem Fall hilft die Preissenkung nicht bei der Marktausweitung; sie ist aber in der Regel aufgrund der Wettbewerbssituation oder zur Kundenbindung erforderlich.

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