Gerechte Ansprüche haben gute Chancen
Von Sabine Philipp
Sie haben Forderungen in mehrstelliger Höhe, können sie aber nicht durchsetzen, weil Ihnen das Geld für einen teuren Prozess fehlt? Oder Sie scheuen das Risiko langwieriger juristischer Auseinandersetzungen mit ungewissem Ende? Wenn ein Rechtsstreit ins Haus steht, drohen hohe Ausgaben und lange Wartezeiten. Prozessfinanzierer können hier die Retter in der Not sein.
Prozessfinanzierer strecken das Geld für Ihren Prozess vor und erwarten dafür im Erfolgsfall eine entsprechende Beteiligung. Die kann je nach Finanzierer zwischen 20 und 50 % liegen. Dabei gilt meist: Je höher der Streitwert, desto niedriger der Prozentsatz.
Wenn Sie den Rechtsstreit verlieren, zahlen Sie nichts. Der Finanzierer übernimmt sämtliche Kosten, die anfallen, auch die für den Anwalt der Gegenseite. Das bedeutet auch, dass Sie flüssig bleiben, denn Sie müssen kein Geld für den Prozess zur Seite legen. Zudem finden Sie leichter einen guten Rechtsanwalt, weil er sicher sein kann, dass er sein Geld sieht.
Erfolgsaussichten bringen Beistand
Da die Finanzierungsfirmen keine Samariter sind und auch Geld ihr verdienen wollen, wird Ihr Anliegen vorher auf Herz und Nieren geprüft. Zuerst und vorrangig werden die Erfolgsaussichten geprüft. Sind diese nur gering oder ist die Lage schlicht hoffnungslos, bekommen Sie keine Hilfe. Das gilt ebenso für den Fall, dass beim Prozessgegner nichts zu holen ist.
Außerdem sollte für ein finanzielles Engagement auch eine entsprechende Gewinnerwartung locken. Daher werden Sie unter einem bestimmten Streitwert kaum seriöse Unterstützer finden. Wie hoch der Streitwert sein muss, hängt allerdings vom jeweiligen Finanzierer ab. Liegt er unter 10.000 Euro sollten Sie sich aber nicht zu viel Hoffnung machen.
Wenn Sie gewinnen und der Gegner in Berufung geht, bekommen Sie weiterhin Hilfe. Freilich beginnt dann auch die Chancenabwägung wieder von vorne. Sieht es schlecht für Sie aus, springt der Finanzierer ab. Im umgekehrten Fall, falls Sie in erster Instanz verloren haben, eine Berufung aber erfolgversprechend ist, wird man Ihnen jedoch sicher weiterhelfen.
Wo sich die Risiken verstecken
Für den Fall, dass der Prozess sich als aussichtslos erweist, lassen sich die Finanzierungsfirmen gerne ein Hintertürchen offen. Das können beispielsweise bestimmte Klauseln sein, die bei drohender Insolvenz des Gegners oder bei einer Änderung der Rechtslage die Einstellung der Hilfe erlauben. Die Finanzierer werden sich außerdem vermutlich das Recht vorbehalten, auf einen Vergleich einzugehen. Denn schließlich ist auch ihnen der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach.
So mancher Prozessfinanzierer hat selbst gar nicht genügend Mittel, um die Sache durchzustehen. Achten Sie also auch darauf, dass die Firma liquide ist. Warnende Zeichen sind etwa kein festes Büro oder auffällig leere Geschäftsräume. Auch wenn es nur eine kurzfristig gemietete Sekretärin gibt, sollte man auf der Hut sein. Zusätzliche Sicherheit kann da ein Treuhandkonto bieten, auf dem das Geld für den Prozess gut verwahrt bleibt. Ebenso lässt sich eine Bürgschaft empfehlen. Fragen Sie am besten Ihren Anwalt, welche Prozessfinanzierer und welche Vorgehensweise er empfehlen kann.
Im Grundlagenbeitrag erklärt Sabine Wagner, wann eine Vergütungsvereinbarung sinnvoll und zulässig ist. Außerdem sagt sie, wie man den abzurechnenden Zeitaufwand in Grenzen halten kann. Ein Sonderbeitrag geht genauer auf die anfallenden Anwaltskosten ein und erklärt, wann sich ein Pauschalhonorar oder ein Erfolgshonorar lohnen kann.
Wer das Verfahren führt
Der Prozessfinanzierer bleibt stets im Hintergrund. Er schreibt Ihnen auch nicht vor, welchen Anwalt Sie wählen sollen. Sie können also mit den Ihnen bekannten und bewährten Rechtsvertretern Ihren Anspruch durchsetzen.
Im Bedarfsfall werden Ihnen die Finanzierungsfirmen aber gerne helfen, einen passenden und kompetenten Fachanwalt zu finden. Die juristische Beratung können und dürfen die Finanzierer aber nicht selbst übernehmen.
Was zuerst zu tun ist
Wenn Sie sich entschieden haben, die Dienste eines Prozessfinanzierers in Anspruch zu nehmen, benötigen Sie als Erstes eine vom Anwalt formulierte Klageschrift. Anschließend wird das Unterfangen von erfahrenen Juristen der Finanzierungsfirma auf seine Erfolgsaussichten geprüft.
Wie schnell Sie dann grünes Licht bekommen, ist von Fall zu Fall verschieden. Selbstverständlich beschleunigt eine geordnete Abgabe aller relevanten Unterlagen die Bearbeitung. Sollten Sie allerdings eine Absage erhalten, bleiben Sie auch auf den Kosten der Klageschrift sitzen.
Sehen Sie eine Ablehnung aber nicht immer nur negativ. Es kann auch ein nützlicher Hinweis für Sie sein, dass Ihre Erfolgsaussichten wirklich mager sind und sich dementsprechend ein Prozess nicht rechnet.
Falls Sie keinen Prozessfinanzierer finden und Sie das Risiko einer Gerichtsverhandlung auf eigene Faust scheuen, könnte sich ein Mediationsverfahren lohnen. Das ist ein außergerichtliches Güteverfahren mit guten Erfolgsaussichten bei gleichzeitig niedrigen Kosten. Eine Übersicht der Wirtschaftsmediatoren finden Sie auf der Seite des Bundesverbandes Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt e.V. (BMWA).
Fazit: Lieber teilen und gewinnen
Ein Rechtsstreit ist selten eine angenehme Sache. Und manchmal sind die Erfolgsaussichten trotz eines gerechten Anliegens zumindest ungewiss. Da auch auf die Versicherungen nicht immer Verlass ist, kann einen die kompetente Hilfe seriöser Prozessfinanzierer manchmal vor erheblichen Einbußen bewahren.
Besprechen Sie sich aber auf jeden Fall erst mit Ihrem Rechtsbeistand. Auch Ihre zuständige IHK kann Ihnen bei der Suche nach finanzieller Unterstützung in Rechtsangelegenheiten sicherlich behilflich sein. Lassen Sie sich also nicht von möglichen Kosten abschrecken, wenn es darum geht, dass Sie an Ihr schwer verdientes Geld kommen.